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0112 - Acht Minuten nach Mitternacht

0112 - Acht Minuten nach Mitternacht

Titel: 0112 - Acht Minuten nach Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Acht Minuten nach Mitternacht
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sein Freund noch keinen Schnurrbart getragen. Außerdem waren sie auf dem Foto mindestens zwanzig Jahre jünger.
    Ich vertiefte mich in den Text. Die beiden hatten ungefähr ein Dutzend »aliasse«, aber Pinorski und Lotti waren ihre wirklichen Namen, die sie früher allerdings niemals gebraucht hatten. Ihr Sündenregister war lang und eindrucksvoll. Es reichte von Taschendiebstählen, mit denen sie vor ungefähr fünfunddreißg Jahren begonnen hatten, über Hochstapeleien, Schwindeleien bis zu groß angelegten Betrugsmanövem. Die letzteren waren allerdings nicht zu beweisen gewesen und lagen auch schon viele Jahre zurück. Die letzte Anklage war vor fünfzehn Jahren erhoben worden und ohne praktisches Resultat geblieben. Seitdem hatte die Polizei sich nicht mehr mit ihnen beschäftigt.
    »Woher stammt denn deine Wissenschaft?«, fragte ich erstaunt. »So alt bis du doch auch wieder nicht.«
    »Zufall«, lachte Phil. »Vor ungefähr vierzehn Tagen unterhielt ich mich mit Neville, der einmal wieder von alten Zeiten schwärmte, und dabei kam er auf die beiden zu sprechen und fragte sich, wo sie wohl hingekommen seien. Die Namen bleiben in meinem Köpfchen haften, und das ist es.«
    Natürlich gingen wir sofort zu unserem Kollegen Neville hinüber.
    Wie immer saß er hemdsärmelig mit umgehängtem Schulterhalfter aus dem der Kolben der Waffe hervorsah, hinterm Schreibtisch.
    »Deine Freunde, von denen wir neulich sprachen, sind wieder im Land.«
    Phil hielt ihm die beiden Karten unter die Nase.
    »Na, ich hab’s ja gleich gesagt. Die Katze lässt das Mausen nicht, und ein Gangster, mag er noch so alt sein und im Speck sitzen wie die bewusste Made, kann niemals die Finger von krummen Dingen lassen. Was haben die beiden ausgefressen?«
    »Das wissen wir selbst noch nicht«, bekannte ich. »Aber da wir nun wissen, mit wem wir es zu tun haben, werden wir es wohl herausbekommen.«
    Dann berichtete ich ihm in etwas gekürzter Fassung, was sich so getan hatte und wie ich auf die beiden gestoßen war.
    Neville fuhr sich mit der mächtigen Pranke durch das eisgraue Haar und meinte.
    »Da möchte ich selbst noch einmal mitmachen. Die beiden und ich, wir haben ungefähr zur gleichen Zeit angefangen. Ich als uniformierter Cop, der geduldig Straßendienst machte, und sie als kleine Taschendiebe. Wir haben uns dann zusammen hochgearbeitet. Jeder auf seine Art. Nur ein Unterschied besteht. Die zwei Lumpen sind reiche Leute geworden, und ich, ich bin ein alter ausgedienter G-man, der zu nichts mehr nutze ist und über kurz oder lang pensioniert werden wird.«
    »Nimm’s nicht tragisch«, sagte ich. »Das ist nun einmal der Lauf der Welt. Du kennst doch das gute, alte Sprichwort: Wer anderen eine Grube gräbt, währt am längsten.«
    »Der Teufel hole den ganzen Kram«, schimpfte unser Freund und machte eine Bewegung, als wolle er die Akten, die er gerade bearbeitete, in den Papierkorb feuern. »Wenn ihr die beiden Burschen hochnehmt, so will ich dabei sein. Ich habe vom letzten Mal noch ein Hühnchen mit ihnen zu rupfen.«
    Ich nickte.
    »Das versprechen wir dir, aber es ist etwas anderes, was uns im Kopf herumgeht. Glaubst du denn, dass die beiden alten Gauner so groß geworden sind, dass sie auf eigene Faust eine Organisation aufziehen konnten und es sich leisten können, andere herumzukommandieren?«
    »Das ist schwer zu sagen. Meiner Ansicht nach kann kein Mobster, und sei er noch so groß, etwas tun, ohne dazu Erlaubnis zu haben.«
    Ich fragte nicht weiter. Ich wusste auch so, was er meinte. Wie fast immer war es der dunkle Schatten des Syndikats, der über den Dingen lag.
    Wenn es nach Neville und Phil gegangen wäre, so hätten wir Willets und Gaby einkassiert und ausgepresst. Ich war nicht dafür und setzte mich mit dieser Ansicht durch. Alle anderen Beteiligten, und wir wussten noch nicht, wer und wieweit gewisse Leute beteiligt waren, würden gewarnt werden, und ich bezweifelte sehr, dass Willets redete. Gaby dagegen wusste wahrscheinlich so wenig, dass es sich nicht lohnte, sie auszufragen.
    »Wir wollen versuchen, die Sache vom anderen Ende her aufzurollen«, schlug ich vor. »Da ist der alte Humphrey, der uns etwas verschweigt, und da ist noch Big Bob. Er kann, ohne aufzufallen, herumhorchen, und er hat Beziehungen. Gehen wir los und besuchen die beiden.«
    ***
    Wir setzten uns in den Jaguar und fuhren nach Madison.
    Der Parkplatz lag ein Stückchen weiter die Straße hinauf, aber gerade als wir an dem großen Bürohaus

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