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0112 - Acht Minuten nach Mitternacht

0112 - Acht Minuten nach Mitternacht

Titel: 0112 - Acht Minuten nach Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Acht Minuten nach Mitternacht
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Haar. Der zweite trug ein graues Bärtchen auf der Oberlippe und hatte eine spiegelblanke Glatze. Beide waren mit horngerahmten Brillen versehen und trugen graue Anzüge mit dezent gemusterten Schlipsen.
    »Der Dicke heißt Pinorski oder so ähnlich und der mit dem Schurrbart Lotti«, flüsterte Gaby unter ihrem dichten Schleier hervor, der ihre Züge verbarg.
    Die lebhafte Unterhaltung wurde fast ausschließlich von diesen beiden Männern bestritten. Ich konnte natürlich nichts verstehen, aber sah, wie sich ihre Lippen bewegten. Für Willets blieb kaum ein Zwischenraum übrig, in dem er etwas hätte sagen können. Nach einer halben Stunde erhob sich Sam, die beiden nickten gönnerhaft, und dann ging er langsam und wie tief in Gedanken dem Ausgang zu. Gaby kroch in sich zusammen, und ich verschanzte mich hinter der glücklicherweise gekauften Zeitung, aber Willets hätte uns auch so gar nicht bemerkt. Er hielt die Hände in den Jackentaschen und den Kopf gesenkt. Seine Zähne nagten an der Unterlippe.
    Dann standen die beiden älteren Herren auf, schlenderte zu dem Zigarettenautomaten in der Halle und kauften ein. Mit je einer dicken Zigarre zwischen den Lippen standen sie einen Augenblick, als ob sie überlegten, und setzten sich dann dicht neben uns an die Bar. Sie bestellten je einen doppelten Whisky auf Eis und rauchten behaglich.
    »Was macht deine Tochter? Ist es bald so weit?«, fragte der Glatzkopf teilnahmslos.
    »Nächste Woche wahrscheinlich. Ich hoffe, es wird ein Kronprinz«, entgegnete der mit dem Schnurrbärtchen stolz.
    Dann nickten sie beide, und der, den Gaby mir als Lotti bezeichnet hatte, nahm das Wort.
    »Ich mache mir Sorgen um Maria. Ihre Magengeschichte hat sich leider verschlimmert. Ich werde sie in ein Sanatorium schicken müssen.«
    »Ja, ja, man hat schon so seine Sorgen« , antwortete verständnisvoll Pinorski mit einem leichten Akzent. Wahrscheinlich waren seine Eltern eingewanderte Polen.
    Lotti sprach mit einem leisen Anklang ans Italienische, aber man konnte das nur heraushören, wenn man sich Mühe gab. Das Gespräch plätscherte weiter, ein Gespräch zwischen Familienvätern, die sich über ihre Frauen, Kinder und Kindeskinder unterhielten.
    »Morgen fliege ich nach L. A.«, sagte Lotti nach einer Weile des Schweigens. »Bleibst du noch hier?«
    »Ich überlege gerade, ob es nötig sein wird. Ich glaube ja. Es wäre mir sogar lieb, wenn du noch ein paar Tage bleiben könntest?«
    »Das wird sich machen lassen.« Lotti sah auf die Uhr. »Zeit zum Essen. Fährst du mit hinauf?«
    Sie standen beide auf und holten sich die Zimmerschlüssel. Ich zahlte und dann verzogen auch wir uns. »Sie haben keine Ahnung, Gaby, was die zwei mit Sam zu tun haben?«, fragte ich im Wagen.
    »Nichts Genaues. Ich weiß nur, dass er von ihnen irgendwelche Befehle bekommt und dass er nicht wagt, zu widersprechen. Die zwei Schufte sind der Grund, dass wir nicht heiraten können.«
    Ich bohrte und fragte. Ich wollte etwas Konkretes wissen. Sie musste ja einen Grund für ihre so bestimmte Beschuldigung haben, aber sie schüttelte nur den Kopf und behauptete, das sei eben Gefühlssache. »Wenn ich Sam später treffe, so wird er ungenießbar sein«, sagte sie traurig. »Wenn ich ihn dann nach dem Grund frage, so redet er von geschäftlichem Ärger, und was für ein Ärger das ist, erfahre ich nie.« Sie zog ein Taschentuch heraus und putze sich ein paar-Tränen ab.
    Ich wäre geneigt gewesen, das alles für Phantasien einer hysterischen Frau zu halten, wenn es nicht so gut in das Schema gepasst hätte, das ich konstruiert hatte. Ich brachte Gaby nach Hause. Sie wohnte keine fünf Minuten von Willets entfernt. Dann ging ich zuerst etwas essen, aber es schmeckte mir nicht recht. Der ganze, so verworrene Fall, der seiner Lösung nicht näher kommen wollte, ging mir an die Nerven.
    ***
    Phil wartete bereits mit Schmerzen auf mich. Er war gewaltig neugierig. Während ich ihm eingehend berichtete, nickte er verschiedentlich mit dem Kopf, als ich aber die Namen Pinorski und Lotti nannte, fuhr er plötzlich auf.
    »Pinorski… Lotti?…Der Teufel soll mich holen, wenn ich die nicht kenne.« Dann sprang er auf und war im Handumdrehen verschwunden.
    Es vergingen kaum fünf Minuten, bis er zurückkam.
    »Endlich«, sagte er befriedigt und legte mir zwei der bewussten Karten auf den Tisch.
    Die Fingerabdrücke konnte ich nicht nachprüfen, aber die Bilder kannte ich. Damals hatte der Glatzkopf noch volles Haar gehabt, und

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