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0112 - Acht Minuten nach Mitternacht

0112 - Acht Minuten nach Mitternacht

Titel: 0112 - Acht Minuten nach Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Acht Minuten nach Mitternacht
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sollte. Ich kann Ihnen gar nichts versprechen. Der Mann schwebt immer noch in höchster Lebensgefahr.«
    »Bitte tun Sie, was Sie können.«
    »Das ist selbstverständlich.«
    Wir waren alle still und gedrückt. Keiner sprach ein Wort, bevor wir im Wagen saßen.
    »Armes Luder«, brummte Phil. »Wenn ich denke, was für ein Kerl Bob gewesen ist und was diese Schweine aus ihm gemacht haben.«
    »Ich bekomme sie, und wenn es das Letzte sein sollte, was ich vor meinem Tod tun dürfte«, knirschte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen.
    »Hat er Ihnen denn noch etwas sagen können«, fragte Sergeant Polkin.
    »Sehr wenig. Ich muss sehen, was ich daraus mache.«
    Absichtlich gab ich nicht preis, was Bob mir anvertraut hatte. Der gute Sergeant Polkin war so eifrig, dass er unter Umständen auf eigene Faust Nachforschungen angestellt und alles verdorben hätte. Lieber nicht, dachte ich.
    Auf seine Bitte setzten wir den Sergeanten unterwegs ab und gingen in das Office, zurück. Ich konnte mir leicht denken, was Bob sich bemüht hatte, mir deutlich zu machen. Kantors Kumpan Gittler war aus irgendeinem Grund mit ihm in Streit geraten, und der dicke Gangster, der so eine Art Vormann zu sein schien, hatte ihn abserviert. Gittler arbeitete jetzt in einer Bar in der Bleeckerstreet und war wahrscheinlich geneigt, seine alten Kumpane zu verkaufen.
    Während wir noch darüber sprachen und überlegten, ob es wohl geraten sei, den Besuch am Vormittag zu machen, oder ob wir besser bis zum Abend warten sollten, rief die Anmeldung durch, eine Dame, die sich weigerte ihren Namen zu nennen, wolle mich sprechen. Ich dachte sofort an Gaby und ließ sie heraufschicken.
    Leider war es nicht Gaby, sondern eine mir völlig Unbekannte, mit einem trotz der Hitze bis unters Kinn zugeknöpften Trenchcoat, einer braunen eng anliegenden, gestrickten Kappe, Sonnenbrille und Aktentasche.
    »Sie wünschen?«, fragte ich erstaunt.
    Die Dame zog die Mütze vom Kopf, nahm die Brille ab und schüttelte ihr aschblondes Haar. Es war Evelyn, die vergnügt lachend vor mir stand.
    »Puh«, sagte sie und zog den Mantel aus. »Ich konnte es zu Hause nicht mehr aushalten. Und beschloss darum, Sie zu besuchen.«
    »Aber ich habe Ihnen doch strengstens untersagt, fortzugehen«, protestierte ich.
    »Ich bin ja auch gar nicht weggegangen. Es war, wie Sie sich soeben überzeugen konnten, eine ganz andere. Der Hauswart glotzte mich an, wie die Kuh das neue Scheunentor. Er hat mich auch nicht erkannt. War das nicht eine gute Idee?«
    Ich fand das zwar nicht, aber es hätte jetzt nichts genutzt, ihr Vorwürfe zu machen. Ich wollte sie wieder zurückschicken, aber sie weigerte sich standhaft. Und so blieb mir gar nichts anderes übrig, als sie zu unserem Besuch in der Bleeckerstreet, den sofort zu machen, wir uns gerade entschlossen hatten, mitzunehmen.
    Die Bleeckerstreet liegt in der Gegend, die im Volksmund Klein-Italien genannt wird. Tausende von Italienern haben sich hier auf geheimnisvolle Manier zusammen gefunden. Man könnte meinen, man gehe durch eine Straße des Hafenviertels von Neapel. Schwarzlockige Gören rannten und schrien auf der Straße herum, von allen Balkons flatterten vielfarbene Wäschestücke im warmen Juli wind, und die Kneipen hießen nicht »Bar«, sondern »Osteria«. Es gab eine ganze Menge von Lokalen, die wir der Reihe nach abklapperten.
    Erst bei dem fünften hatten wir Glück. Ich erkannte Gittler sofort, obwohl er sich mächtig verändert hatte. Er trug eine einmal weiß gewesene Jacke und spielte Karten mit dem Wirt und einem anderen schmierigen Burschen.
    Als wir hereinkamen, hob er den Kopf, und ich bemerkte sofort, dass auch er mich erkannt hatte. Es sah fast aus, als habe er uns erwartet. Er machte eine verstohlene Bewegung dahin, wo sich die Tür zu einem Hinterzimmer öffnete. Davor hing ein Perlvorhang, und die Einrichtung im Zimmer dahinter war »stilvoll« italienisch mit leeren Chiantiflaschen und papierenen Weinranken, an denen verstaubte Trauben hingen. Sogar Staub und Schmutz auf dem Fußboden passte sich harmonisch der Umgebung an.
    Phil stiftete ein Taschentuch, mit dem wir die Sitzgelegenheiten abstaubten, und dann gruppierten wir uns malerisch. Gleich danach erschien der Exgenosse Kantors.
    »Was darf ich den Herrschaften bringen?«, fragte er laut und fügte dann gedämpft hinzu, »wenn ich Drinks gebracht habe, so rufen Sie laut nach mir - ich heiße hier Charly - und fragen, ob ich einen mittrinken wolle. Dann können

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