0114 - Mädchen, Gangster, blaue Küste
Augentäuschung, aber beim nächsten Blitzschlag sah ich ihn wieder. Es war ein Boot, das auf den Wellen tanzte.
»Da ist ein Boot draußen!«, schrie ich.
»Wo?« Bodin und Phil traten an die Glastür.
»Dort! Ziemlich senkrecht unter uns.« Aber beim nächsten Blitz sah ich es selbst nicht mehr.
Ich löste den Türverschluss. Der Wind warf die Flügel auf. Der Regen brauste in den Raum.
»Sind Sie verrückt?«, rief Bodin. Ich hörte nicht auf ihn, sondern kämpfte mich bis an die Brüstung der Terrasse. Der Regen schlug wie mit Peitschenhieben auf mich ein.
Neue Blitze! Und jetzt sah ich das Boot wieder. Es hielt direkt auf die Küste zu.
Phil war mir gefolgt.
»Siehst du es?«, brüllte ich. Er nickte und rief den Inspektor. »Da ist ein Boot! Ist es Surviels Kahn?«
Der Inspektor kam.
»Ich weiß nicht!«, schrie er, als er das Boot entdeckt hatte.
»Jedenfalls alarmiere ich den Rettungsdienst.«
Er rannte ins Haus zurück. Mir fiel das Fernrohr ein. Ich lief hin und presste das Auge gegen das Okular.
Es dauerte eine Minute, bis ich das Motorboot fand. Groß und deutlich erschien es dann in meinem Blickfeld, verschwand hinter einer Wellenwand, tauchte wieder auf. Es hielt genau auf die Küste zu, und für einen Augenblick schien es, als wolle es die Einfahrt zu Surviels kleinem Hafen ansteuern. Dann erkannte ich, dass es ein paar Hundert Yards weiter nordwärts stand, und dass der Bug genau auf eine Stelle zeigte, wo die Brandung sich donnernd an einem vorspringenden Riff brach.
»Es rast gegen die Felsen!«, schrie ich.
Vier oder fünf Bootslängen trennten den Kahn noch von der weißen Brandung. Vor meinem Auge wurde es immer wieder dunkel. Nur in den Sekundenbruchteilen der Blitze sah ich es wieder. Jetzt brach es wie ein Keil in die Brandung ein, wurde hochgehoben und schlug schräg. Die Planken splitterten. Das Rückwasser nahm es mit. Es sah für einen Augenblick so aus, als solle es noch einmal von den Felsen freikommen, aber dann brauste die nächste Welle heran, hob den Kahn hoch und schmetterte ihn erneut gegen das Riff. Ich sah, dass Gegenstände durch die Luft flogen.
Beim nächsten Blitzschlag sah ich den Kiel. Immer noch hämmerten die Wellen die Reste des Bootes gegen die Felsen.
***
Ich ließ das Fernrohr fahren und sauste in die Halle zurück.
Bodin stand am Telefon und schrie in die Muschel.
Ich rannte durch die Halle zum Hauseingang, stürmte die Treppe hinunter und sprang in den Peugeot des Inspektors. Als ich den Motor startete, wurde die Tür an der anderen Seite aufgerissen, und Phil schwang sich auf den Beifahrersitz.
Ich wendete den Wagen, gab ihm Zunder, brauste durch das Tor aus dem Park der Villa und stürzte mich die Straße zur Küste hinunter. Sie war verdammt schmal und bestand nur aus Kurven. Der Regen klatschte in solchen Massen gegen die Scheibe, dass die Wischer machtlos waren. Unter diesen Umständen und hinter dem Steuer eines alten Peugeots war an einen neuen Rundenrekord nicht zu denken. Es genügte, dass wir überhaupt heil unten ankamen.
Ich habe ein gutes Ortsgedächtnis, und ich hatte mir die Stelle genau gemerkt, an der das Boot an dem Felsen der Küste zerschellt war. Ich bog auf die Küstenstraße ein. Nach vier oder fünf Kurven sah ich das weiße Bootshaus von Surviel, nahm noch zwei Kurven und stoppte.
Im Augenblick, als ich rechts heranfuhr und bremste, sah ich vor uns das Heck eines schweren dunklen Wagens, der langsam die Straße entlangkroch. Dreißig Sekunden lang sahen wir ihn, dann verschwand er, schneller werdend, um die nächste Kurve.
»AF 43 604«, murmelte Phil, aber ich achtete nicht darauf. Ich überquerte die Straße. Nach einem schmalen Grasstreifen türmten sich die Küstenfelsen auf.
Der Regen schien etwas nachzulassen. Noch immer krachte der Donner, aber er war kaum noch stark genug, um das Brüllen der Brandung zu übertönen.
Wir kletterten in die Felsen, bis wir das Meer unter uns sahen, eine einzige brodelnde Gischt, die ihre Spritzer bis in den Himmel schleuderte.
Nur schreiend konnte ich mich mit Phil verständigen.
»Wir sollten tiefer klettern. Vielleicht können wir etwas sehen.«
»Wenn dich ein Brecher erwischt, wäscht er dich wie ein Holzstück aus dem Felsen«, warnte er, kletterte aber selbst voran.
Die Felsen waren zerklüftet und boten genug Halt, aber sie waren auch nass und glitschig. Wir arbeiteten uns nach unten, der krachenden Brandung entgegen. Wir stoppten erst, als Brecherspritzer bereits
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