0115 - Der Imperator und das Ungeheuer
Gefecht gesetzt. Beinahe liebevoll tätschelte Hepna -Kaloot den Wasserkanister und seinen Sostoos-Dolch. Bevor er im Angriffshagel terranischer Geschosse starb, wollte er dem Hohepriester und sich selbst beweisen, daß er, der kleine, unscheinbare Priester, der Mann ohne Einfluß und Geltung, der Stärkere war.
Auf dem Bildschirm war deutlich zu sehen, wie Kutlos an dem Lagoo -Seil hantierte, während der Strahler griffbereit neben ihm lag.
„Lange hält er es dort nicht mehr aus", dachte Hepna-Kaloot. „Bald wird er sein Versteck verlassen und mich suchen. Dann ist sein Ende gekommen."
Ein dunkler Schatten huschte über den Bildschirm. Es geschah so plötzlich, daß Hepna -Kaloots Überlegung sekundenlang aussetzte. Auf der Mattscheibe flimmerte es, das Bild wurde zusehends unklarer und verwischte sich. Hepna-Kaloot stieß einen Fluch aus und rüttelte an dem Gerät.
Dann erstarben seine Bewegungen. „Beim Hohen Baalol", dachte er bestürzt. „Er hat das Lagoo-Seil auf den Späher losgelassen."
Sofort begann er zu handeln. Anscheinend hatte sich ein Ausläufer des Seils um das Frontauge des Spähers geschlungen und versuchte diesen nach oben, in die Schußbahn von Kutlos Strahler zu ziehen.
Hepna-Kaloot riß den Hauptschalter der Fernsteuerung herum. Alle Energiereserven im Antrieb des Spähers wurde aktiviert. Das Bild wackelte und produzierte verschiedene Wellenmuster, zwischen denen ab und zu das grimmig entschlossene Gesicht des Hohepriesters aufleuchtete. Hepna-Kaloot schaltete ein „Flankenauge" ein. Das Seil hatte, wie er jetzt sehen konnte, den Späher mit zwei Ausläufern umschlungen. Einer von ihnen führte direkt über das „Frontauge" und störte den Empfang. Von der Position des „Flankenauges" war Kutlos nicht zu sehen.
Hepna-Kaloot schaltete die Fernsteuerung auf volle Kraft und lenkte den Späher flach über den Boden zurück. Das Seil wurde ein Stück mitgeschleift, bevor es sich mit zwei Ausläufern an Steinbrocken verankern konnte. Das Geschehen spielte sich etwa fünf Meter von Kutlos Versteck dicht über dem Boden ab. Hepna-Kaloot schaltete das andere „Flankenauge" ein und sah zu seinem Entsetzen einen weiteren Ausläufer heranschlängeln. Er änderte die Einstellung der Steuerung und drückte den Robotspion nach unten. Das Lagoo-Seil krümmte sich wie Gummi. Die Steine, an denen es sich festhielt, wurden ruckweise davongezogen.
Hepna-Kaloot wußte, daß er den Antrieb des Spähers nicht ununterbrochen auf Höchstleistung laufen lassen durfte. Auf die Dauer würde das zu einer Erschöpfung der Batterien führen. Das Fernauge prallte auf den Boden.
Hepna-Kaloot drückte den Schalter des Antriebs nach unten und lenkte den Späher in voller Geschwindigkeit auf Kutlos Versteck zu. Das Fernauge kam frei und raste weiter.
Ein triumphierender Schrei entrang sich dem Munde Hepna-Kaloots. In diesem Augenblick peitschte einer der hinteren Ausläufer des Lagoo-Seiles in die Luft und bekam den Späher an einem seiner „Flankenaugen" zu fassen. Wie eine Feder rollte der Rest des Seiles hinterher, während Hepna-Kaloot mit finsteren Blicken auf die Übertragung des wieder freien „Frontauges" sah. Kutlos war von dieser Stellung aus nicht mehr zu sehen, aber Hepna-Kaloot konnte sich vorstellen, daß der Hohepriester nur auf eine Gelegenheit wartete, um auf den Späher zu schießen.
Wie Tentakel schlangen sich die verschiedenen Arme des Seiles um den Späher. Hepna-Kaloot schaltete den Antrieb aus, da im Moment jeder Ausbruchsversuch sinnlos gewesen wäre. Er hatte die Chance, den Robotspion zu befreien, schlecht genutzt. Anstatt ihn in die Höhe zu lenken, hatte er ihn im Aktionsbereich des Seiles gelassen.
Es war jedoch sinnlos, jetzt über diesen Fehler nachzudenken. Abwechselnd schaltete Hepna-Kaloot die drei „Augen" des Spähers ein, aber keines von ihnen bot noch eine einwandfreie Bildübertragung. Das Lagoo-Seil hatte den Robotspion vollkommen umgarnt.
Allmählich begann das synthetische Seil den Späher in die Höhe zu drücken. Dieser Vorgang, ahnte Hepna-Kaloot, würde so lange anhalten, bis Kutlos freie Schußbahn hatte. Dann galt es in unheimlicher Schnelle zu reagieren. Kutlos konnte erst dann feuern, wenn sich das Seil von dem Fernauge gelöst hatte, es sei denn, er riskierte die Zerstörung seiner Waffe. In diesen Bruchteilen von Sekunden, in denen der Späher frei in der Luft hängen würde, kam es darauf an, wer schneller war: Hepna-Kaloot an der Fernsteuerung - oder
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