0117 - Schwere Fäuste, leichte Siege
eventuell vorhandene Geheimfächer zu stoßen.
***
Eine solche Durchsuchung, wenn sie gründlich und umsichtig durchgeführt wird, ist eine zeitraubende Angelegenheit. Phil war noch nicht einmal mit der Hälfte des Zimmers fertig geworden, als er Krammer aus dem Wohnzimmer brüllen hörte: »He! G-man! Kommen Sie mal!«
Phil hängte das Bild wieder auf, hinter dem er gerade die Wand abgeklopft hatte, drehte sich um und ging ins Wohnzimmer.
Krammer saß am Schreibtisch des Hausherrn, paffte seine Zigarren und wühlte in einem Berg von Papieren, Zeitungsausschnitten, Manuskriptseiten und Broschüren. Er schien sich sehr wohl in seiner Haut zu fühlen, denn er schwenkte triumphierend ein paar Blätter in der Luft.
»Gerade entdeckt!«, rief er aus. »Lesen Sie mal! Dürfte verdammt interessant sein für das FBI.«
Phil nahm die mit einer Schreibmaschine beschriebenen Blätter und setzte sich in einen Sessel. Interessiert las er die Überschrift. Sie war doppelt unterstrichen und lautete:
Rauschgiftsucht greift um sich! Beobachtungen des Redakteurs Rally Morgan. Notizen zu einem Fortsetzungsartikel…
Phil sah auf. Krammer warf ihm einen fragenden Blick zu. Phil nickte und vertiefte sich in die Notizen.
Nach zehn Minuten hatte er sie dreimal gelesen und sich jede wichtige Einzelheit eingeprägt. Er stand auf und sagte: »Also so ist die Sache! Nicht Morgan gehörte zu einer Rauschgiftbande, sondern er spielte den Süchtigen, um einer Bande auf der Spur zu bleiben, auf die er zufällig gestoßen war. Natürlich ging es ihm dabei nur um eins: Sobald er genug Tatsachenmaterial zusammenhatte, wollte er einen sensationellen Artikel veröffentlichen. Die Polizei wäre blamiert gewesen, wenn Morgan in seinem Artikel mehr gewusst hätte als die Polizei.«
Krammer grinste höhnisch.
»Sie reden immer von der Polizei, mein Lieber. Ich nehme mich da aus. Ich gehöre zur Stadtpolizei, und die hat mit Rauschgift nichts zu tun. Sagen Sie doch lieber: Das FBI wäre blamiert gewesen. Rauschgift ist doch Bundessache!«
Phil lächelte.
»Ja, meinetwegen. Nur hatte Morgan eines vergessen! Er hätte nach der Veröffentlichung des ersten Artikels dieser Rauschgift-Fortsetzungsreihe keine vierundzwanzig Stunden länger gelebt. Es ist immer das Gleiche mit diesen Reportern. Aus Ehrgeiz, eine sensationelle Story zu kriegen, bringen sie sich, wenn’s sein muss, sogar in Lebensgefahr.«
Er ließ sich zurück in seinen Sessel fallen und murmelte: »Jetzt haben wir schon das dritte Motiv für Morgans Ermordung.«
Krammer stutzte.
»Drei Motive? Was denn für welche?«
»Erstens«, begann Phil, »besteht die Möglichkeit, dass es wegen Archy war. Wir wissen, dass Archy mit seiner Ermordung rechnete. Er fühlte sich ganz eindeutig bedroht. Vielleicht wusste er sogar, von wem. Nehmen wir weiter an, er hätte dieses Wissen an Mabel Morgan weitergegeben. Da die beiden anscheinend heiraten wollten, ist es gut möglich, dass Archy ihr irgendwann einmal sagte: Der oder jener möchte mir ans Leder. Jedenfalls müssen seine Mörder das annehmen. Mabel wiederum könnte es ihrem Vater weitergesagt haben. In der Sekunde, da sie erfahren, dass Archy tatsächlich ermordet worden ist, besteht die Gefahr, dass sie ihr Wissen an die Polizei weitergeben. Also müssen sie beseitigt werden, bevor sie es können.«
»Richtig, leuchtet mir ein.« Krammer nickte. »Nummer zwei?«
»Mabel ist rauschgiftsüchtig. Die Leute, die ihr das Zeug liefern, haben erfahren, dass Archy umgebracht worden ist. Sie können sich an fünf Fingern abzählen, dass die Polizei sich mit Archys Braut in Verbindung setzen wird. Bei der Gelegenheit könnte die Polizei aber dahinterkommen, dass Mabel rauschgiftsüchtig ist. Mabel könnte nicht dichthalten, also wird und muss sie sterben, bevor sie Aussagen machen kann.«
»Auch gut«, nickte Krammer. »Nur hätte man dann nicht unbedingt auch ihren Vater umzubringen brauchen.«
»Nicht unbedingt«, gab Phil zu. »Aber manche Killer legen prinzipiell jeden Augenzeugen um.«
»Na schön. Das kann ich nicht bestreiten. Und was wäre das dritte Motiv?«
»Morgan war auf der Spur einer Rauschgiftbande. Ironie des Schicksals ist dabei, dass seine Tochter selbst süchtig ist, ohne dass er etwas davon weiß. Die Bande könnte aber entdeckt haben, dass ihnen Morgan auf den Fersen saß. Also musste er weg, bevor er gefährlich wurde. Motiv Nummer drei.«
»Stimmt«, nickte Krammer. »Alle drei Möglichkeiten bestehen. Dazu kommt
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