0117 - Schwere Fäuste, leichte Siege

dann noch die vierte Möglichkeit, dass es mit den drei angeführten Gründen nichts zu tun hat, sondern dass irgendein anderes Motiv vorlag. Jetzt haben wir eine hübsche Sammlung und können uns das Netteste heraussuchen. Schöner Dreck! Ein Motiv ist mir lieber als drei oder vier zur Auswahl!«
    Sie sprachen noch eine Weile darüber, dann setzte Phil die Durchsuchung des Mädchenzimmers fort. Selbst den kleinen Papierkorb aus Kunststoff, der neben dem kleinen Klappschreibtisch stand, wurde von ihm auf den Kopf gestellt.
    Eine zerknüllte Zigarettenpackung erregte seine Aufmerksamkeit. Unter der Zellophanhülle steckte ein kleiner Zettel.
    Phil zupfte die Packung auseinander.
    Am 14. um halb sieben Ecke Achte Avenue - 50ste Straße.
    Phil stieß einen kleinen Pfiff aus. Erstens war heute der Vierzehnte, und zweitens war der Zettel aus dem gleichen Papier, mit dem auch das Kokain eingewickelt war, das wir in Mabels Hand gefunden hatten.
    Zufrieden steckte er den Zettel ein und sah auf seine Uhr. Er hatte noch etwa eine Stunde Zeit. Trotzdem war es besser, wenn er sich gleich auf den Weg machte. Es ist immer gut, wenn man die Örtlichkeit kennt.
    ***
    »Mit wem spreche ich?«, fragte eine kräftige, junge Männerstimme im Hörer.
    »Special Agent Jerry Cotton, FBI New York.«
    »Das ist ja großartig!«, sagte die Stimme. »Dass ich gleich einen so berühmten G-man an die Strippe kriegen würde, hätte ich nicht erwartet.«
    »Und mit wem spreche ich?«, fragte ich.
    »Kann ich jetzt nicht gut sagen. Ich muss mit Ihnen sprechen, Mister… hm, Mister Miller. Es geht um einen Berufskollegen von mir. Archy, vielleicht haben Sie den Namen schon mal gehört.«
    »Ja, natürlich«, erwiderte ich. »Wo können wir uns treffen?«
    »Schlagen Sie etwas vor. Mir ist es völlig gleichgültig.«
    »Vielleicht an der Südost-Ecke vom Central Park?«
    »Soll mir recht sein.«
    »In einer halben Stunde?«
    »Okay. Wie erkennen wir uns?«
    Ich überlegte einen Augenblick, dann sagte ich: »Ich komme mit einem schwarzen Mercury, dessen Kofferraum versehentlich offengelassen wurde. Okay?«
    »Einverstanden«, sagte die Stimme.
    Ich legte den Hörer auf.
    Falle oder nicht?
    Man hat schon auf die unglaublichsten Arten FBI-Leute in Fallen gelockt. Auf der anderen Seite hätte der Anrufer ja gar nicht wissen könne, dass er mit mir verbunden wurde. Oder doch? Wusste man etwa draußen schon, dass Phil und ich uns in die Sache Archy Douglas hineingekniet hatten?
    Wie dem auch sei - ich würde auf jeden Fall hinfahren.
    Ich telefonierte die Fahrbereitschaft an und fragte, ob ein schwarzer Mercury noch frei wäre.
    »Wir haben drei Stück davon«, sagte der Fahrdienstleiter, aber er fügte hinzu, dass zwei Wagen unterwegs wären und der dritte gerade seine Inspektion über sich ergehen lassen sollte.
    »Kann die Inspektion nicht noch zwanzig Meilen aufgeschoben werden?«, fragte ich. »Ich habe den schwarzen Mercury als Erkennungszeichen mit jemand vereinbart. Es könnte Irrtümer geben, wenn ich jetzt mit einem anderen Wagen komme.«
    »Okay, Jerry. Auf zwanzig Meilen kommt es nicht an. Sie können sich den Wagen holen.«
    »Danke.«
    Ich legte den Hörer auf und tastete nach meinem Schulterhalfter. Als man mich am Vormittag ins Bett gebracht hatte wegen des Armschusses, hatte man mir natürlich auch das Halfter abgeschnallt. Aber es lag mit der Pistole bei meinen Kleidern, und als ich mich anzog, hatte ich rein routinemäßig auch das Halfter mit umgeschnallt.
    Die Kanone roch noch immer etwas nach Pulver. Kein Wunder bei den vielen Patronen, die ich am Morgen herausgejagt hatte.
    Ich holte mir aus der Waffenkammer einen neuen Karton Pistolenmunition und lud die Waffe nach. Eine Handvoll Patronen ließ ich in die Hosentasche gleiten.
    Dann machte ich mich auf den Weg. Zu der Zeit wusste ich noch immer nichts davon, dass die Morgans inzwischen ermordet worden waren. Ich glaubte noch, dass Mabel Morgan, wie vorgesehen, in eine Entziehungsanstalt eingeliefert worden sei und wir von ihr in ein paar Tagen vielleicht ein paar Tipps bekamen, die es uns ermöglichen würden, die ganze Rauschgiftbande auszuheben.
    Über New York stand die Sonne an einem völlig wolkenlosen Himmel. Die Hitze brütete in den Straßen, dass einem jede Bewegung lästig wurde. Hinzu kam, dass mein Arm wieder stärker zu schmerzen anfing. Ich war also wirklich nicht in bester Verfassung, als ich an der Südostecke des Central Parks ankam.
    Ich fuhr zweimal langsam den