0117 - Schwere Fäuste, leichte Siege
Rauschgift-Entziehungsanstalt gebracht werden sollte?«
»Sicher. Ich war ja dabei, als diese Abmachung getroffen wurde.«
»Aha. Na, jedenfalls rief gegen zehn Uhr der Arzt bei der Anstalt an und wollte sich erkundigen, ob alles reibungslos verlaufen sei. In der Anstalt war man sehr unfreundlich. Der Transportwagen wäre gegen neun Uhr bei den Morgans gewesen, aber trotz mehrmaligen Klingeins hätte niemand geöffnet. Dabei wäre die Sache in der Nacht doch verbindlich abgemacht worden. Das fiel dem Arzt natürlich auf. Er ging selbst hinauf zu den Morgans und klingelte. Aber auch ihm wurde nicht geöffnet. Die ganze Geschichte kam dem Doc spanisch vor, und er rief die Polizei an. Irgendein intelligenter Bursche in unserer Zentrale sorgte dafür, dass ich das Gespräch bekam. Well, ich setzte mich in meinen Dienstwagen, nahm einen Dietrich mit und verschaffte mir Zugang zu der Wohnung. Und da fand ich sie.«
»Im Wohnzimmer?«
»Ja.«
»Aber dann müssten doch die Nachbarn die Schüsse gehört haben?«
»No. Es ist mit Sicherheit mit Schalldämpfern geschossen worden. In geschlossenen Wohnungen gibt das ein Geräusch, das sich wirklich nicht nach einem Schuss anhört.«
»Wie viel Mann mögen es gewesen sein?«
»Der Pförtner sprach davon, dass es vier Männer gewesen wären, die zu der Zeit ins Haus kamen. Leider hat er nicht auf sie geachtet. Er nahm an, sie wollten in dieses Café.«
»Merkwürdig«, brummte Phil. »Zuerst kommen sie mit zwei Mann. Die werden in die Flucht geschlagen, einer wird sogar getötet. Und dann kreuzen sie mit vier Mann auf. Irgendwo im Hintergrund dieser ganzen Geschichte muss jemand sitzen, der ein großes Interesse daran hatte, dass die beiden Morgans getötet wurden. Aber warum? Hängt es mit Archys Ermordung zusammen oder mit dem Kokain?«
Krammer zuckte die Achseln.
»Fragen Sie mich nicht! Ich habe keine Ahnung. Dies ist eine der schwierigsten Mordfälle meiner Praxis. Ganz abgesehen davon, dass ein Doppelmord die Öffentlichkeit und die Presse viel mehr aufregen wird als ein gewöhnlicher Mord, fürchte ich auch, dass es ein langwieriger Fall werden wird.«
»Warum?«
»Wir haben so gut wie keine Spuren. Nirgends Fingerabdrücke von den Leuten. Niemand war so freundlich, einen Manschettenknopf oder gar seine Visitenkarte zu verlieren. Der Portier weiß nicht mehr, als dass es vier Mann waren. Na, was soll man damit anfangen? Ich kann doch nicht sieben Millionen männliche Einwohner von New York überprüfen.«
»Nein«, sagte Phil, »das können wir nicht. Aber wir könnten auf jeden Fall erst einmal die ganze Wohnung gründlich durchsuchen. Vielleicht finden wir doch noch was.«
»Okay, Sie Optimist. Machen wir weiter! Sind Sie fertig mit Ihrem Kaffee?«
»Ja. Gehen wir!«
Sie zahlten und fuhren mit dem Lift wieder hinauf zur Wohnung der Ermordeten. Die Leichen waren inzwischen abtransportiert worden. Im Flur vor der Wohnung standen an die sechzig Leute, Männer, Frauen und ein paar Halbwüchsige. Es mochten Nachbarn und Hausbewohner sein, aber auch ein paar Journalisten und Reporter waren darunter.
Als die Beamten sich ihren Weg durch die Menge bahnten, wurde Phil am Ärmel gezupft.
Er sah sich um.
Es war Ellory Kings, der Gerichtsreporter der Tribune.
»Hallo, Decker!« Er grinste über sein dickes, rundes Gesicht. »Seien Sie nett und geben Sie mir ’nen Tipp? Was wird hier eigentlich gespielt?«
Phil zuckte die Achseln: »Sie können hundert Dollar von mir haben, wenn ich es selbst weiß«, murmelte er leise. »Die Ermittlungen befinden sich noch im Anfangsstadium. Ich kann Ihnen schon aus dem Grund nichts sagen, weil ich selbst noch nichts weiß.«
Er beeilte sich, in die Wohnung zu kommen, bevor ihn noch ein anderer Reporter ankeilen konnte. Erlöst drückte er die Tür hinter sich zu, als er es geschafft hatte.
Krammer teilte im Wohnzimmer seine Beamten, die noch zurückgeblieben waren, für eine gründliche Durchsuchung der ganzen Wohnung ein. Er selbst behielt sich den Schreibtisch vor, und zu Phil sagte er: »Vielleicht schnüffeln Sie mal im Zimmer des Mädchens, Decker? Die war doch rauschgiftsüchtig, und das ist doch FBI-Sache.«
»Danke.« Phil grinste und machte sich sofort an die Arbeit.
Er tat es mit altgewohnter Routine. Links von der Tür fing er an. Jede Schublade wurde aufgezogen, durchsucht, wieder geschlossen. Mit einem kleinen Schneidermaßband, das er in einem Nähkästchen fand, prüfte er die Maße der Möbel nach, 44 um
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