0117 - Schwere Fäuste, leichte Siege
Bürgersteig entlang, einmal auf der einen, das andere Mal auf der anderen Straßenseite. Als ich das zweite Mal an der Ecke vorbeifuhr, riss jemand die Seitentür auf und kletterte geschickt in den fahrenden Wagen.
»Hallo!«, sagte er.
Ich warf ihm einen kurzen Blick zu und stoppte.
»Hallo«, erwiderte ich müde, stieg aus und schlug den Kofferraumdeckel zu. Als ich wieder einstieg, betrachtete ich mir den jungen Mann genauer.
Er hatte die demolierte Nase eines Boxers. Sein Alter mochte bei dreiundzwanzig liegen, eher war er ein paar Jahre jünger als älter. Er trug einen hellen Sommeranzug mit einem Sporthemd, dessen Kragen offen stand.
»Ich bin Jerry Cotton«, sagte ich und fuhr weiter.
»Ich heiße Rock Billinger«, sagte er freundlich. »Geboren bin ich in Connecticut, wenn Sie’s interessiert.«
Da ich auch aus Connecticut stamme, fragte ich natürlich, aus welcher Gegend er da käme. Es stellte sich heraus, dass wir praktisch aus zwei sehr benachbarten Dörfern kamen. Ich aus Harpers Village, er aus Grenn Hills. Eine Weile tauschten wir Erinnerungen aus, dann kam er von selbst zum Thema.
»Sie haben sich vielleicht gewundert«, sagte er, »dass ich Sie am Telefon mit Mister Miller angeredet habe, obgleich Sie mir doch Ihren Namen gesagt hatten.«
»O nein«, erwiderte ich. »So etwas kommt bei uns immer wieder vor. Wir erhalten öfter Anrufe, bei denen der Anrufende eventuell in der Gegend herumstehenden Personen nicht zu verstehen geben will, dass er mit dem FBI telefoniert. Bei Ihnen wird’s wohl auch so gewesen sein.«
»Genau«, nickte er. »Mensch, Sie scheinen einen verdammt aufregenden Beruf zu haben.«
Ich lachte.
»Manchmal ist es verdammt spannend, beim FBI zu sein«, gab ich zu. »Aber das meiste an unserer Arbeit ist langweilige Routine. Haben Sie schon mal eine ganze Nacht lang in einer Einfahrt gestanden und darauf gewartet, dass ein bestimmter Mann kommt, der Sie dann vier Nächte lang bei beißender Kälte warten lässt? So ungefähr sieht der Alltag bei der Kriminalpolizei aus. Abgesehen von einer Menge anderer Dinge, die genauso nervtötend sind, beispielsweise das Verhören von einem halben Dutzend hysterischer Weiber.«
Jetzt lachte er.
»Das kann ich mir vorstellen«, meinte er fröhlich. »Na ja, jeder Beruf hat seine Vor- und Nachteile.«
»Und wie sieht es bei Ihnen aus?«, Erkundigte ich mich. »Ich nehme nicht an, dass Sie sich mit mir treffen wollten, nur um mir das zu erzählen.«
»No, sicher nicht.«
»Also? Um was geht es?«
»Um Archy Douglas. Kennen Sie ihn?«
»Nicht persönlich, wenn Sie das meinen. Er machte innerhalb des letzten Jahres viel von sich reden durch seine gefürchtete Linke, nicht wahr?«
»Ja, das ist er.«
»Leider kam ich bisher nie dazu, ihn mir einmal anzusehen. Ich habe nur durch die Zeitungen von ihm gehört.«
»Dass er ermordet wurde, wissen Sie natürlich?«
»Sicher. Die Stadtpolizei verständigte uns davon. An sich liegt der Fall in den Händen der Stadtpolizei. Einfacher Mord, Sie wissen ja, das ist nicht unbedingt Bundesangelegenheit.«
»Hm, ja«, murmelte er. »Dann hätte ich mich wohl besser von vornherein an die City Police gewandt, was?«
»Kommt drauf an. Packen Sie erst mal aus. Ich werde Ihnen dann schon sagen, ob Sie mit Ihrer Story an der richtigen Adresse gelandet sind.«
»Hm…«, knurrte er.
Eine Weile schwieg er. Vielleicht dachte er darüber nach, wie er anfangen sollte. Es ist nicht jedermann gegeben, eine Geschichte folgerichtig zu erzählen. Ich wartete geduldig. Auch das ist man beim FBI gewöhnt.
»In der ganzen Sache laufen die Fäden aber über den Staat New York hinaus«, sagte er nach einer Weile. »Ich möchte fast sagen, dass die ganzen Bundesstaaten irgendwie mit verwickelt sind.«
»Dann ist es ganz bestimmt eine Sache, die das FBI bearbeiten wird«, erklärte ich ihm. »Schließlich sind wir der einzige Verein, der in allen Bundesstaaten arbeiten darf.«
»Das hatte ich mir auch so vorgestellt«, erwiderte er. »Deshalb habe ich gleich das FBI angerufen.«
»Okay. Nun packen Sie schon aus.«
Er machte noch einmal eine Pause, dann sagte er ruckartig: »Ich weiß, wer Archy Douglas umgebracht hat und warum…«
***
Phil hatte den Jaguar ein paar Häuserblocks weit stehen lassen. Jetzt lehnte er im Ausgang der U-Bahn-Station und kreuzte eifrig in einer Rennzeitung Tipps an. Er machte es mit der Selbstversunkenheit des richtigen Pferdenarren.
Dass er in Wirklichkeit seine Kreuze
Weitere Kostenlose Bücher