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0119 - Königin der Seelenlosen

0119 - Königin der Seelenlosen

Titel: 0119 - Königin der Seelenlosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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Araber überlegte bereits, ob er nicht einfach seine Pistole nehmen, den Europäer niederknallen und auf den Schutz seines Dämonenfreunds vertrauen sollte.
    Ein Rest von Vernunft hielt ihn davon ab. Mord blieb auch in Tarhjit Mord, und öffentliche Hinrichtungen gehörten nach wie vor zu den liebsten Volksbelustigungen. Auch wußte er, daß manche der Tagelöhner im Camp den besonnenen jungen Mann mochten. Er trieb sie nicht so an, wie van Straaten das getan hatte, und bezahlte denselben Lohn, auf den sie so dringend angewiesen waren.
    Und nun - seit die Polizisten aus Bou-Izakarn angekommen waren - blieb ihm nicht einmal mehr die Gelegenheit zu einem Meuchelmord, bei dem er seine Spuren hätte verwischen können. Messer saßen locker in Marokko.
    Er mußte sich etwas einfallen lassen, wenn er Saakuuls Befehl trotzdem ausführen wollte.
    Und das wollte er.
    Das mußte er.
    Etwas in seinem Fühlen und Denken war gespannt wie die Feder einer Uhr und drängte nach Erlösung. Der Vorsatz, Justin Malder umzubringen, saß wie ein unauflösbarer Knoten in seinem Gehirn. Erst nach dem Mord war er wieder frei, durfte selbst über sich bestimmen.
    Hassan al Jareff grübelte nach, während die fette Ossina sich in Schleier hüllte, die ihre üppigen Formen nicht verbargen. Die Frau spürte, daß den Mann, dem das Schicksal ihr zugeteilt hatte, etwas bedrückte. Ihrer Rolle als arabischer Frau gemäß hatte sie nun alles zu tun, um ihren Herrn und Gebieter abzulenken und ihm Freude zu bereiten.
    Er hatte ihr schon seit einer knappen Woche nicht mehr beigewohnt. Sie vermißte das, und er mußte es auch vermissen. Im Bordell von Bou-Izakarn hatte man ihr beigebracht, wie man solche Spannungen löste.
    Aber an diesem Abend schaute Hassan al Jareff ihr kaum zu, als sie sich zu den quäkenden Klägen aus dem batteriebetriebenen Transistorradio wie eine Schlange zu winden begann. Vergessen waren die Schmerzen, die der Mann ihr die Nacht zuvor zugefügt hatte und deren sichtbare Überbleibsel aus zwei tiefen Kratzern bestanden, die sich von den Augen über die fleischigen Wangen abwärts zogen.
    Ossina war dazu erzogen worden, Männern zu gefallen. Sie tat ihre Pflicht, erhoffte selbst ein kleines Vergnügen.
    Ihre riesigen Brüste zeichneten sich unter den rosa Gazeschleiern ab, die ihre überquellenden Formen nur notdürftig verhüllten.
    Die Musik aus dem Radio wurde rasender, ekstatischer. Ossinas Lenden wackelten, ihr ausladender Po schwang im Takt mit. Sie gab sich jede nur erdenkliche Mühe, die Aufmerksamkeit Hassan al Jareffs auf sich zu ziehen.
    Doch der Mann saß auf einem Schemel, hatte die Hände vors Gesicht geschlagen und grübelte vor sich hin.
    »Ich muß Justin Malder töten, ich muß Justin Malder töten!« bohrte es immer lauter werdend in seinem Gehirn. »Saakuul hat es verlangt. Ich werde Justin Malder umbringen…«
    Abrupt stand er auf.
    Jetzt erst wurde er der Szene gewahr, die Ossina ihm bot. Die verschleierten Augen der Frau, ihr dürstender Blick, ihre massigen Formen, die sein Herz bisher immer hatten höher schlagen lassen. Nun sah er sie kaum. Er stand da wie betäubt und nur von dem einen einzigen Gedanken beseelt: Ich muß es tun! Ich muß es heute tun! Ich muß es heute nacht tun!
    Er ging die zwei Schritte zum Transistorradio hinüber und schaltete den Kasten ab.
    Ossina stoppte mitten in ihren Bewegungen. Sie schaute al Jareff mit großen, ungläubigen Augen an. Der ihr zugeteilte Mann war in letzter Zeit so sonderlich geworden.
    »Du willst mich nicht mehr haben, Hassan?«
    Al Jareff hörte gar nicht hin. Er war viel zu sehr mit den Gedanken und Emotionen beschäftigt, die unablässig durch sein Gehirn rasten. Dieses widerliche Pochen. Dieses fordernde Pochen - er konnte sich nicht mehr davon befreien. Es begleitete ihn auf jedem Schritt, den er tat, und es signalisierte ihm: »Töte Justin Malder! Bringe diesen Stein an dich!«
    »Hassan!« rief Ossina und walzte auf ihn zu. »Hassan, du bist traurig. Ich wurde dafür geschaffen, dich zu erfreuen.«
    Der Araber stieß sie zur Seite, und die Frau fiel hin.
    »Hassan! Hassan!«
    Ihre Stimme klang flehend. Hassan kümmerte sich nicht um sie. Er war mit seinen Gedanken ganz woanders.
    Er dachte an die Macht, an die Reichtümer und an all das, was ihm verlorenging, wenn er nicht das ausführte, was der Dämon ihm zu tun aufgetragen hatte.
    Was scherte ihn da schon eine Frau?
    Was scherten ihn zwei Polizisten aus Bou-Izakarn?
    Was sollte ihn der Tod

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