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0119 - Königin der Seelenlosen

0119 - Königin der Seelenlosen

Titel: 0119 - Königin der Seelenlosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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für die Fortpflanzung ihrer Rasse sorgten.
    »Pause«, sagte Professor Zamorra in das plötzlich entstandene unnatürliche Schweigen hinein. »Ich spüre meine Arme schon nicht mehr.«
    Sie kletterten aus dem Landrover und streckten sich. Bill öffnete einige Dosen mit warmem Grapefruitsaft und reichte sie herum. Sie tranken in großen Schlucken. Der halbe Tag im geschlossenen Auto war schlimmer als ein ganzer in der Sauna gewesen.
    »Wir müssen auch etwas essen«, meinte Zamorra und fuhr sich müde über die Stirn.
    »Ich bringe keinen Bissen hinunter«, erwiderte Nicole.
    »Das macht nichts. Versuchen mußt du’s trotzdem. Sonst klappst du spätestens morgen mittag zusammen.«
    »Ist es denn noch weit?«
    Zamorra grinste freudlos. Sie waren nicht sehr zügig vorangekommen. Vor ihnen lagen noch mehr als hundert Kilometer Wüstenslalom. Bill verteilte aufgeweichte Schokolade, die einem wie Brei aus der Packung entgegenkam.
    »Sag du’s ihr«, meinte Zamorra, und Bill bleckte ebenfalls die Zähne. Weiß schimmerten sie durch die einheitlich graue Schicht über seinem Gesicht.
    »Wir sind zwar in Afrika, mein Herz«, bemerkte Bill Fleming trocken. »Aber nicht auf einer Luxus-Safari durch die Serengeti inklusive Übernachtung und Frühstück in exklusiven Baumhotels und Mondän-Lodges. Hier sind wir wirklich in der Wüste, und wenn ich den Tacho richtig abgelesen habe, so haben wir heute noch nicht mal hundert Kilometer von insgesamt hundertachtzig bis zweihundert geschafft. Beiß die Beißerchen zusammen, Nicoletta.«
    Nicole Duval seufzte gottergeben und ließ etwas von der Schokolade in ihren Mund laufen.
    »Ich werde versuchen, nicht an Swimming-pools und Pekingenten zu denken«, versprach sie tapfer. Dann überlegte sie einen Augenblick: »Aber woran dann, ihr Herren der Schöpfung?«
    Zamorra und Bill schwiegen. Ihr Schweigen war Antwort genug. Da hielt auch Nicole ihren Mund. Die Erinnerungen an den Flug und das Schemenbildnis über den Mauern von Tafraoute waren noch zu frisch in ihrem Gedächtnis. Sie waren nicht als Touristen nach Marokko und in den Anti-Atlas gekommen.
    »Machen wir noch ein paar Kilometer?« fragte Bill, nachdem sie ihr karges Mahl beendet hatten.
    Professor Zamorra schaute auf die Uhr.
    »Dunkel wird es erst in etwa drei Stunden. Ich denke, wir fahren noch ein Weilchen.«
    Unausgesprochen blieb, was die Nacht ihnen wohl noch bringen würde.
    Sie erreichten noch eine weitere Burgruine, bevor sie anhielten und ihre Schlafsäcke ausrollten. Bill und Nicole brühten Kaffee auf. Zamorra breitete im Schein einer Gaslampe die Karte aus.
    »Schau mal rüber, Bill. Du bist schließlich gelernter Historiker. Ich hätte ein paar Fragen.«
    Bereitwillig beugte sich der Freund neben ihm nieder. Auch er studierte das Kartenblatt und wies mit dem Finger schließlich auf einen Punkt.
    »Hier ungefähr müßten wir sein«, konstatierte er.
    »Die Burgruine ist nicht eingezeichnet.«
    »Ruinen sind auch nicht eingetragen. Alles, was es an Karten gibt, stammt noch von den Franzosen. Und die haben den Ruinen keinen Wert beigemessen, wenn sie nicht strategisch besonders günstig lagen. Aber gegen die Berber haben sie sich ohnehin immer nur blutige Schädel geholt. Die wollten sich nicht kolonialisieren lassen. Sie wollen das heute noch nicht. Sie bilden kleine Staaten im Staate. Bauernrepubliken, wenn du’s so nennen willst. Früher sollen sie auf Könige und Königinnen gehört haben, aber das ist unsagbar lange her.«
    »Wie lange? Kannst du nicht ein wenig deutlicher werden?«
    Bill zuckte mit den Schultern.
    »Es gibt nur Schätzungen. Van Straatens Fund könnte vielleicht Klarheit bringen. Tatsache ist, daß die Berber Nachfahren eines ungeheuer alten Volksstammes sein müssen, denn ihre Flucht- und Speicherburgen, wie da oben eine steht, waren ihre Antwort auf die Herausforderung durch die Klimaverhältnisse Nordafrikas in den vergangenen Jahrtausenden. Während der letzten großen Eiszeit auf der Nordhalbkugel der Erde war das Klima in Nordafrika kühl und feucht. Etwa den gemäßigten Zonen im heutigen Mitteleuropa vergleichbar. Dann aber eroberte sich die Sahara verlorenes Terrain wieder zurück. Die Berberstämme, die in den südlichen Ebenen des Anti-Atlas lebten, waren gezwungen, mehr und mehr wie Nomaden zu leben. Nur noch im kühleren Gebirge und an dessen Nordflanken war Ackerbau möglich.«
    Zamorra nickte.
    »Das müßte vor etwa 20 000 Jahren geschehen sein, wenn ich nicht

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