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0119 - Königin der Seelenlosen

0119 - Königin der Seelenlosen

Titel: 0119 - Königin der Seelenlosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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und letzte Woche hörte ich, daß sie die Straßen verminen.«
    Zamorra fragte nicht weiter, obwohl es ihm bei der Nennung des Namens Tarhjit einen Stich gegeben hatte. Aber er wollte es nicht riskieren, von Luigi Questone keinen Wagen geliehen zu bekommen. Er war der einzige Vermieter am Ort. Deshalb bestätigte er nochmals, daß sie lediglich unabhängig und nicht auf die Linienbusse oder gar auf Kamele angewiesen sein wollten. Questone schluckte das, als Zamorra zum vereinbarten Mietpreis noch einige Dollarscheine legte, und der Italiener wünschte gute Fahrt.
    Sie atmeten alle drei auf, als sie im vollgetankten Landrover saßen und den Platz verließen.
    Doch mit ihrer jetzigen Ausrüstung konnten sie nicht losfahren, und den Italiener durften sie auch nicht um Wassertanks und Reservekanister fürs Benzin bitten, weil der Mann sonst Lunte gerochen hätte.
    Zamorra steuerte den Wagen bis zum Hotel. Manchmal war die Straße so schmal, daß auf keiner Seite mehr auch nur eine Hand zwischen Wagen und Hauswand gepaßt hätte.
    Der zuvorkommende Empfangschef besorgte ihnen mit verblüffender Schnelligkeit, was sie für einen Ausflug in die Wüste brauchten. Vormittags gegen zehn Uhr konnten sie endlich aufbrechen.
    ***
    Im Gegensatz zur viersitzigen Moran steuerte sich der Landrover leider nicht von selbst. Sie folgten der Straße nach Südwesten, auf Tiznit zu. Solange die Piste asphaltiert war, kamen sie trotz der Eseltreiber und abenteuerlich überladener Lastwagen, die ihnen entgegenrasten, ziemlich gut voran. Sie schafften zwanzig Kilometer in der Stunde. Nach zwei Stunden bogen sie ab auf die Route 7086, die noch von den Franzosen aus dem Fels gemeißelt worden und seither zu einer kaum mehr sichtbaren Schotterstrecke verkommen war. Die Straße hatte ihre einstige militärische Bedeutung verloren, und im Anti-Atlas gab es kaum etwas Verteidigungswürdiges.
    Nur die Berberstämme, die sich in diese unwirtliche Einöde zurückgezogen hatten, dachten anders darüber. Jahrtausende hatten sie mit diesem Gebirge verwurzelt.
    Die Route 7086 war menschenleer. Lediglich Kameldung verriet, daß sie noch nicht ganz in Vergessenheit geraten war.
    Der Wagen rumpelte über die randlose Schotterstrecke. Die Räder wurden zu Steinschleudern, und bei jedem Treffer schepperte das Bodenblech, ächzten die Federn. Die Reifen wurden von Faustkeilen traktiert. Knirschend verwand sich die Karosserie. Hinten auf der Ladefläche polterten Kanister, Flaschen und Konserven durcheinander.
    Obwohl die Fenster dicht geschlossen waren, schluckten sie feinsten Staub, der sich wie ein Film über alles legte und alles gleich grau werden ließ. Auch Nicoles Frisur. Mit einer mahagonifarbenen Mähne hatte sie Château de Montagne verlassen. Von Mahagoni keine Spur mehr.
    Die Stundengeschwindigkeit sank unter die Zehnkilometermarke. Das Wagenblech kreischte protestierend. Bill klammerte sich am Griff über dem Handschuhfach fest, während Nicole sich gegen Vordersitz und Rückenlehne stemmte. Sonderlich wohl war ihnen allen dreien nicht.
    Sie fuhren mehr oder weniger nach Gutdünken in die Richtung, in der diese Fata Morgana des Grauens der vergangenen Nacht verschwunden war. Strenger Kurs nach Südwest, und andere Straßen gab es nicht.
    Das Gebirge war hier zu Kuppen abgeschliffen. An den Oberflächen dieser Kuppen glichen die Gesteinsschichten gigantischen Fingerabdrücken mit geschwungenen kreis- und S-förmigen Rillen. Die Piste folgte diesen Erosionslinien.
    Manchmal tauchten schmale Vegetationsgürtel auf. Aus der Entfernung waren sie oft nur am kräftigen Rot der Mohnblumen zu erkennen, die zwischen armseligen Gesteinstrümmem und Getreidehalmen wucherten.
    Stunde um Stunde verrann, und kein Mensch, keine einzige Ansiedlung war in den Einöden dieses Gebirges zu sehen. Ab und an kreuzte der Landrover einen Eselspfad, eine Ader zwischen unsichtbaren Dörfern. Seltener passierten sie kleine Haine blühender Mandelbäume.
    Aber dann - nach einer Wegbiegung, die einer Felsschwelle folgte, ragte ein mächtiger, steiler Klotz auf der Spitze eines Inselberges auf. Mit seinen harten, auf den Landrover weisenden Schlagschatten im grellen Gegenlicht der Nachmittagssonne wirkte er abweisend, gewalttätig.
    Unwillkürlich trat Zamorra auf die Bremse. Sie standen am Fuß einer der mächtigen Flucht- und Speicherburgen der Berber vom Stamme der Idouska Oufella, denen man nachsagte, sie würden ihre Gewehre selbst dann nicht aus der Hand legen, wenn sie

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