0121 - Asmodinas Höllenschlange
Sie wußte, daß es nun auf jede Sekunde ankam, und handelte entsprechend.
Da Jane Collins den Arm nicht rasch genug ausstreckte, packte Shao sie an der Hand und riß den Arm an sich. Sie führte ihn dicht vor ihre Augen und sah auch die beiden Punkte.
In der rechten Hand hielt Shao das Messer. Was sie jetzt tat, war brutal und schmerzhaft, aber die einzig wirksame Methode.
Ein rascher Schnitt ins Fleisch.
Jane Collins schrie auf. Blut schoß aus der Wunde. Blitzschnell beugte sich Shao über den Arm und saugte das herausströmende Blut.
Immer wieder spie sie es auf den Boden, saugte und spie. Jane war ohnmächtig geworden. Sie hing zurückgelehnt auf dem Stuhl, und Shao gab nicht auf. Sie wuchs in diesen Sekunden wirklich über sich selbst hinaus.
Dann hielt sie inne.
Ihr Gesicht war blutig, das machte nichts. Man konnte es abwaschen, wenn nur Jane gerettet wurde.
Shao holte ein Tuch und band die Wunde ab. Trotz ihrer ersten Hilfe mußte die Detektivin so rasch wie möglich in ein Krankenhaus geschafft werden.
Aber das Telefon funktionierte nicht.
Und von Suko oder John war auch nichts zu sehen. Shao zitterte, jetzt kam die Nachwirkung.
Was konnte sie noch tun?
Nichts – nur warten und hoffen…
***
»John Sinclair!« tönte es mir aus dem gewaltigen Schlangenmaul entgegen. »Ich wußte, daß du kommst, um zu sterben.«
»Das habe ich nicht vor«, erwiderte ich kühl.
Die Höllenschlange lachte. »Was willst du denn machen? Du hast zwar dein Kreuz, es wird dir nichts nutzen, und auch deine Pistole schafft es nicht. Versuche es. Schieß deine Silberkugeln gegen mich ab, und du wirst sehen, daß sie nicht einmal meine Haut ritzen.«
Asmodina sagte dies mit solch einer Sicherheit, daß ich gar nicht erst den Versuch machte, die Kugel abzufeuern. So sparte ich Munition.
»Was hast du vor?« wollte ich wissen. Ich mußte laut rufen, um gegen den lauten Wind anzukommen.
»Ich werde dich töten und den Chinesen auch. Ich verschlinge euch wie zwei Mäuse. Und danach wird dieses Haus in einen Trümmerhaufen verwandelt.« Die Schlange bewegte sich. Es sah unheimlich aus, als hätte man einen Berg in Bewegung gesetzt. Es knirschte und schabte, als sie sich weiter aus der Öffnung schob und sich der Leib uns immer mehr näherte.
Wir mußten zurück.
Das Maul klappte zu. Dicht vor uns fuhren die Zähne aufeinander. Dann öffnete die Höllenschlange ihr Maul wieder, und abermals dröhnte uns das Lachen entgegen.
»Ich bin entstanden, weil die Magie der Schlangen die Menschen überrundet hat. Als sich zwei Schlangen in die Münder eines Ehepaares bohrten, war der Weg geebnet. Denn in den alten Geschichten steht, daß Apep nur dann erscheinen kann, wenn sich auch Menschen bereit finden, zu Schlangen zu werden. Das ist geschehen.«
»Und wo sind die Schlangen jetzt?« fragte ich.
»Sie stecken in meinem Körper. Apep und die beiden Menschen sind ein- und dieselbe Person.«
»Und Asmodina?«
»Auch.«
Da wußte ich Bescheid. Aber ich wollte noch mehr wissen. »Was hast du mit deinem Helfer, Jerry Falmer, gemacht?«
Die Schlange lachte. »Er hat alles ins Rollen gebracht, denn durch ihn, den Schlangenbeschwörer, bin ich auf die Idee gekommen, Apep entstehen zu lassen. Er hat mich unterstützt. Er und seine vielen mitgebrachten Schlangen.«
»Sind alle magisch aufgeladen?« fragte ich.
»Nein, die meisten nicht. Nur einige, aber das sind niedere Geschöpfe. Man kann sie leicht töten.«
Das hatte ich gemerkt.
Mit Apep würde ich es nicht so leicht haben. Wenn überhaupt.
Ich glaubte nicht daran, daß ich es schaffte. Es war ein Gefühl, das urplötzlich über mich kam. Nein, gegen Apep hatten wir keine Chance. Wir konnten es versuchen, mehr auch nicht.
Ich warf Suko einen raschen Blick zu. Sein Gesicht wirkte wie aus Stein gehauen. Nichts deutete daraufhin, welche Gefühle in seinem Innern tobten, denn Suko mußte ähnlich denken wie ich.
»Hast du noch Fragen?« vernahm ich Asmodinas Stimme.
»Ja. Warum sind die zahlreichen Schlangen aufgetaucht? Welchen Zweck erfüllen sie?«
»Sie sollen Panik und Angst verbreiten. Die Menschen hier sollen endlich lernen, sich vor der Hölle zu fürchten. Denn die Schlange war schon immer da. Sie hat bereits im Paradies das Böse manifestiert, und heute ist es nicht anders geworden. Durch die Schlange wirst auch du sterben, John Sinclair!«
Nach diesen Worten bewegte sich der riesige Leib. So eingeklemmt er im Treppenhaus auch war, so geschmeidig glitt er
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