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0128 - Die Hexe aus dem Fluß

0128 - Die Hexe aus dem Fluß

Titel: 0128 - Die Hexe aus dem Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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leise Geräusch eines großen Motors. Erstaunlich, überlegte sie. Obwohl sie keinen Körper, zumindest keinen festen Körper, mehr besaß, waren ihr doch die Wahrnehmungsfähigkeiten nicht verlorengegangen. Sie konnte hören, sehen, fühlen, schmecken, riechen wie zuvor.
    Kurz änderte sie mit einem Gedankenimpuls ihre Sehschärfe; ein Vorgang, den sie früher für die Erfindung einer über spitzten Fantasie gehalten hätte. Ein Nebel, der seine Sehschärfe regelte, der in seiner Gesamtheit als optische Linse wirkte und das Bild nicht nur übermittelte, sondern selbst verarbeitete…
    Der schwere Wagen stoppte unweit der Eingangstreppe. Der dicke Landarzt stieg auf der Fahrerseite aus, wieselte um die Motorhaube herum und riß die Beifahrertür auf. Nicole spürte auf eine ihr etwas unheimliche Weise die gefährliche Wärme des Fahrzeugmotors, erfühlte die unangenehmen Nachschwingungen des Materials. Ein völlig neues Empfinden beherrschte sie. Es war unbeschreiblich und allumfassend.
    Zamorra schwang sich aus dem Wagen. Er taumelte etwas. Nicole erkannte sofort, daß er geschwächt war, ausgezehrt, seine geistigen Kräfte angegriffen. Glianti stützte ihn.
    Nicole griff nach seiner Erinnerung. Es war ihr plötzlich eine Leichtigkeit, alle Kräfte und Fähigkeiten der Nebelhexe auszuschöpfen und anzuwenden. Auf diese Weise erfuhr sie blitzschnell, was sich in Verona abgespielt hatte, daß Tonia Manciano verloren war…
    Sie glitt hinüber zu Glianti. Las in ihm, daß er Zamorra gefahren hatte, weil dieser selbst zu geschwächt war. Das Experiment hatte ihn mehr Kraft gekostet als erwartet. Glianti, der Zamorra im Krankenhaus selbst knapp verfehlt hatte, hatte ihn dann doch noch getroffen und zum Landhaus gebracht.
    Da endlich zuckte Nicole zurück. Sie erschrak vor sich selbst. So leicht, so unglaublich leicht war es ihr gelungen, in die Gedanken- und Erinnerungswelt der beiden Menschen einzudringen!
    Leichtes Entsetzen packte sie. Sie mußte sich stärker kontrollieren, durfte sich nicht von den Hexenkräften dazu verleiten lassen, sie zu mißbrauchen. Sie wollte es nicht! Die Versuchung war so groß, das Können so einfach…
    Ich darf es nicht! hämmerte sie sich immer wieder ein. Die Gedankenwelt anderer geht mich nichts an, ist tabu!
    Sie sah, wie Zamorra aufblickte, wie seine Augen sich suchend auf den vor der Hauswand nicht mehr wahrnehmbaren Nebel richteten. Er hatte erkannt, daß dort etwas war, das stand außer Frage. Mit seinen feinen Sinnen hatte er das magische Potential gespürt. Da er aber weiter nicht reagierte, schloß sie daraus, daß er sie als ungefährlich einstufte. Sie nahm an, daß er diese Energien ohne weiteres je nach Art der Ausstrahlung als gefährlich oder ungefährlich zu erkennen vermochte. Andererseits erkannte er sie aber auch nicht, war nicht in der Lage, dieses magische Nebel-Potential als Nicole Duval zu identifizieren. Vielleicht fälschten die Reststrahlungen Yanaas das Muster ab.
    Zusammen mit Glianti und Zamorra glitt der Nicole-Nebel in das Haus.
    Ich muß ihn warnen! durchzuckte es sie.
    Doch in diesem Moment zeigten sich die Grenzen ihres Könnens. Sie war wohl fähig zu empfangen.
    Doch senden konnte sie mit ihren Hexenkräften nicht…
    ***
    Zamorra spürte deutlich, daß da etwas war, konnte aber nicht erkennen, um wen oder was es sich handelte. Er nahm nur den Eindruck in sich auf, daß dieses Etwas keine Gefahr bedeutete. Weder für ihn noch für irgend jemand anderen. Zu weiteren Deutungen war er zur Zeit nicht fähig, seine Kräfte reichten noch nicht wieder aus. Zu sehr hatte er sich im Krankenhaus verausgabt, und so schnell regenerierten sich Para-Kräfte nicht, jene geheimnisvollen Kräfte aus dem Zwischenbereich.
    »Grazie, Dottore«, nickte er Glianti zu, als der ihn schließlich vor einem Plüschsessel in der großen Halle aus seinem stützenden Griff entließ. Zamorra ließ sich darin nieder, streckte den Arm aus und ließ das flache Päckchen auf den niedrigen, runden Marmortisch gleiten. Ein Geschenk befand sich darin, das er im Auftrag Nicoles für April Hedgeson gekauft hatte. Anläßlich der Party wollten sie es ihr gemeinsam überreichen.
    Eine merkwürdige Stille lastete über dem Haus. Die ersten Gäste waren noch nicht eingetroffen.
    Weiche Schritte erklangen. Nicole Duval tauchte auf - oder zumindest ihr Körper. Es fiel Zamorra nicht auf, daß ihr Kopf kurz suchend herumwanderte, ihr Blick sekundenlang flatterte, als sie etwas erkannte, was in

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