0129 - Die Vampir-Lady
gewesen, in dem das Auto auseinanderflog. Jetzt waren Menschen da, waren aus den Häusern gekommen. Hauptsächlich Frauen, deren Männer zur Arbeit waren. Irgend jemand hatte einen Feuerlöscher organisiert. Anders war das Zischen nicht zu deuten.
Als er wieder durch sein Gesicht wischen wollte, packten plötzlich kräftige Fäuste zu, rissen seine Arme herum und ließen Handschellen einklinken. Die Strahlwaffe hatte man ihm schon vorher abgenommen. »Sie sind festgenommen, Zamorra«, sagte einer der Sûretébeamten. »Wegen vorsätzlicher Sachbeschädigung an Regierungseigentum sowie den umliegenden Häusern.«
»Hoffentlich sind Sie gut versichert«, knurrte Verdier. »Was da alles an Fensterscheiben zu Bruch gegangen ist…«
Das interessierte Zamorra nicht sonderlich. Wichtiger war, daß die schwarzen Flecken nicht mehr tanzten und langsam seine Sehkraft zurückkehrte. Warum konnten denn die anderen sehen? Hatten sie nicht in den Feuerball gesehen?
So mußte es sein.
»An der Kiste ist nichts mehr zu retten, überhaupt nichts. Rufen Sie in Roanne an. Jemand soll einen oder zwei Wagen schicken, die uns abholen. Besser zwei, und einen Schlepper sofort hinterher, der diesen brennenden Trümmerhaufen zum Schrottplatz bringt. Die Feuerwehr brauchen wir nicht.«
Eine halbe Stunde später konnte Zamorra wieder sehen wie zuvor. Auf der Straße wimmelte es von Polizisten. Anscheinend hatte man in der kleinen Station von Roanne das komplette Personal losgeschickt. Blitze zuckten auf, als Fotografen den Ort des Geschehens aus allen Perspektiven aufnahmen und auch die Häuserfronten nicht vergaßen. Kaum eine Fensterscheibe war heil geblieben.
Verdier stand neben Zamorra, der sich in den Handschellen alles andere als wohl fühlte. In seiner Hand hielt er die Strahlwaffe. Mißtrauisch warf er immer wieder einen Blick auf den ausgebrannten Wagen. Als das Schleppfahrzeug, ein großer Tieflader, heranrollte und sich so an den Trümmerhaufen manövrierte, daß er ihn per Winde bequem auf die Ladefläche ziehen konnte, schnipste er kurz mit den Fingern.
»Nicht zum Schrottplatz«, befahl er. »Der Wagen wird zur Polizeistation gebracht und in irgendeiner Garage sicher verschlossen. Ich rufe die Experten an, die damals das Phantom-Wrack in der Loire untersucht haben. Sie sollen Vergleiche anstellen.«
Zamorra grinste etwas unglücklich. »Beginnen Sie jetzt zu glauben?«
»Ja!« schleuderte ihm Verdier entgegen. »Und ich glaube noch viel mehr. Nämlich, daß Sie eingesperrt gehören. Leute, die solche Waffen konstruieren und damit frei herumlaufen, gehören hinter Schloß und Riegel! Mann, Sie kennen doch die Gefährlichkeit Ihrer Waffe, und da richten Sie das Ding einfach auf den Tank unseres Wagens und drücken kaltlächelnd ab! Hoffentlich wird das Gerichtsverfahren schnell durchgezogen, und hoffentlich bekommen Sie Ihren Denkzettel! Ihre tränenden Zwiebelaugen gönne ich Ihnen jedenfalls von Herzen!«
Der Professor schüttelte den Kopf. »Daß mir ein Telefongespräch zusteht, ist Ihnen ja wohl ebenso klar wie mir!«
Verdier holte tief Luft.
»Los, telefonieren Sie!« knurrte er.
»Hier nicht.« wehrte der Professor ab. »In der Polizeistation von Roanne. Da geht’s nämlich auf Staatskosten.«
Schweigend schritt Verdier davon, die Hände geballt. Die zuckenden Drehlichter der Polizeifahrzeuge warfen einen geisterhaften Schein über die Szene. Der Himmel hatte sich bewölkt.
Ein böses Omen? fragte sich Zamorra und sah hinter dem Agenten der Spionageabwehr her. An ihm vorbei sah er einen Mann auf der gegenüberliegenden Straßenseite stehen, der der Szenerie aufmerksam zusah und sich dabei über das Kinn strich.
Craa Dül, der Albino.
Wieder schrie alles in Zamorra danach, die Polizisten auf diesen Mann aufmerksam zu machen. Doch sein klarer Verstand sagte ihm auch diesmal, daß es nichts nützen würde. Alles, was er damit erreichen konnte, war, daß man ihn auslachte.
Ein Dämon!
Wer würde es ihm glauben?
»Vorwärts, Mann, latschen Sie los!« knurrte hinter ihm ein Polizist ungehalten. »Glauben Sie, ich lasse mir Ihretwegen die Beine festwachsen? Ich will auch eine Mittagspause haben.«
»Was Ihr gutes Recht ist, Monsieur«, murmelte Zamorra und setzte sich in Bewegung, auf den zweiten Polizeiwagen zu. Mit häßlichem, metallischem Kreischen wurde das ausgebrannte Wrack auf den Tieflader gezogen. Dann ruckte der Streifenwagen an und verließ den Ort des Geschehens.
Nur einer blieb zurück - Craa
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