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0129 - Die Vampir-Lady

0129 - Die Vampir-Lady

Titel: 0129 - Die Vampir-Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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ziemlich ungewöhnlich war. Zwar wußten nur allzu viele Leute, welche Werte sich in dieser außen so baufälligen Behausung verbargen, doch warum erschien der Dieb dann ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem selbst ein Blinder mit dem Krückstock fühlen mußte, daß der Eigentümer zu Hause war? Hellerleuchtete Fenster, der Lärm der Musik, der mit Sicherheit bis nach draußen drang, mußten es ihm doch verraten haben…
    Mit raschem Griff erfaßte er den langen schwarzen Spazierstock mit silbernem Griff, den er aus einer Laune heraus vor Jahren einmal auf einem Flohmarkt erstanden hatte. Mit diesem Stock bewaffnet, ging er zur Tür hinüber, die den Schlaf- vom Wohnraum trennte, zögerte einen Augenblick und riß dann die Tür mit einem Ruck auf.
    Überrascht blieb er stehen.
    Das Zimmer war dunkel, kein Schein einer Taschenlampe geisterte durch die Finsternis. Durch das geöffnete Fenster drang lediglich das Licht der mondhellen Nacht herein und enthüllte die zerborstene Scheibe. Sie war mit einem kräftigen Hieb zertrümmert worden.
    Und als sich seine Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, war es schon fast zu spät. Die untersetzte Gestalt war bereits direkt vor ihm, blies ihm den warmen Atem ins Gesicht. Instinktiv schlug Pierre mit dem Spazierstock. Der Silbergriff traf den unbekannten Einbrecher, der mit einem Aufschrei zurückwich.
    Pierres Hand flog zum Lichtschalter. Die grelle Beleuchtung flammte auf, blendete sowohl ihn als auch den anderen. Doch der Fremde gewöhnte sich leichter daran. Denn noch während Pierre seine Augenlider langsam wieder öff nete, war der andere heran und entriß ihm mit fast stählernem Griff den Stock.
    »He!« schrie Pierre auf. Er erkannte ein blasses, feistes Gesicht, weiße Haare und rote Augen. Ein Wahnsinniger, durchzuckte es ihn, als ihn ein mörderischer Hieb ins Wohnzimmer zurücktrieb, vorbei an dem erschreckt aufkreischenden Mädchen.
    Der dicke Fremde setzte nach. Ehe Pierre sich noch zur Wehr zu setzen vermochte, war sein Gegner heran, umklammerte seine Arme mit stählernem Griff und biß zu.
    Pierre schrie auf, als er die nadelfeinen Zähne des Mannes in seinem Hals spürte. Er ist tatsächlich irre, schoß es ihm durch den Kopf. Er hält sich für einen Vampir!
    Im nächsten Augenblick dachte er an gar nichts mehr. Eine wohltuende Müdigkeit durchströmte ihn, ein Gefühl des Losgelöstseins von allem Irdischen. Wie durch Watte drang noch einige Zeit das panische, entsetzte Schreien des Mädchens an sein Ohr. Du begreifst es noch nicht, Ju, wollte er sagen. Du wirst gleich auch so glücklich sein, wenn er dich auch beißt. Dann war alles vorbei. Schlaff sank er in den Armen des fetten Albino zusammen, der ihn einfach fallen ließ wie einen nassen Kartoffelsack und sich dann mit einer blitzschnellen Bewegung, die man ihm gar nicht zugetraut hätte, dem Mädchen zuwandte.
    Julia war in den Korridor zurückgewichen, preßte die Hände vor das Gesicht und schrie unausgesetzt. Sie sah das Gesicht des Albino vor sich auftauchen. Auf den spitzen Eckzähnen perlten noch winzige rote Tropfen. Das Mädchen wirbelte herum, rüttelte an der Haustür, ohne in ihrer Panik zu begreifen, daß sie abgeschlossen war, daß der Schlüssel steckte und sie ihn nur zu drehen brauchte. Dann war Craa Dül bei ihr.
    Wenig später durchmaß der Albino mit raschen Schritten die Wohnung, sah sich kurz um und gab einen Peilruf von sich. Er konnte beruhigt hier warten; das Schreien war von den Nachbarn nicht gehört worden. Andernfalls wären längst Menschen aufgetaucht, hätten die Polizei alarmiert. Besonders nach dem Vorfall der vergangenen Nacht.
    Craa Dül bückte sich und hob den Spazierstock auf, den er Pierre aus der Hand geschlagen hatte. Mit spöttischem Lächeln betastete er den Silbergriff. Was Professor Zamorra im stillen vermutete, war zutreffend. Craa Dül gehörte der gleichen Art dämonischer Kreaturen an wie Ogo Krul. Das Silber besaß keine Macht über ihn. Nicht einmal der Anblick des Amulettes, der allein anderen Dämonen Schmerzen bereitete, vermochte ihm etwas anzuhaben.
    Craa Dül ließ sich in einem Sessel nieder und wartete. Insgesamt vier Wesen mußte er zu Vampiren machen, um den Bestand seiner »Hilfstruppe« wieder zu ergänzen.
    Craa Dül wartete eine Stunde. Dann vernahmen seine überempfindlichen Sinne bereits das weit entfernte Schlagen von Fledermausschwingen, das rasch näher kam. Durch das zerbrochene Fenster glitt die Vampirin herein und landete.

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