0129 - Die Vampir-Lady
Zeit, dann hockte eine riesige, schwarze Fledermaus vor der Höhle auf dem Boden. Die kräftigen Kiefer schnappten ein paarmal ins Leere, die spitzen Zähne schärften sich, schabten aneinander. Dann machte das Wesen ein paar erprobende Flügelschläge. Erkannte, daß die Flughäute sie tragen würden. Und jäh, von einem Moment zum anderen, schwang sie sich in die Lüfte empor.
Der Befehl brannte in ihrem untoten Gehirn. Sie mußte zu Craa Dül, ihm Bericht erstatten und sich ihm Unterwerfen.
Die Vampirin folgte dem Ruf. Immer schneller werdend glitt sie durch die Luft, ihrem Ziel entgegen. Einem Ziel, an dem in diesen Augenblicken das Grauen seinen Fortgang nahm…
***
Pierre Lafgarenne, der blonde Dorfplayboy, war mit sich und der Welt zufrieden. Er hatte es geschafft, Ju dazu zu überreden, auch in dieser Nacht bei ihm zu sein. Sie wollten das nachholen, wobei sie in der vergangenen Nacht durch die Ereignisse gestört worden waren.
Er hatte sie einfach wieder abgeholt und zu sich gefahren. Mit dem Porsche war das eine Kleinigkeit gewesen, den Weg in kürzester Zeit zurüekzulegen. Jetzt hatte er die süße Ju wieder in seiner von außen wie ein unscheinbarer dörflicher Altbau aussehenden Luxusbude und war in der Konversation so weit fortgeschritten, daß er daran denken konnte, das zarte Disco-Pflänzchen zu entblättern.
Julia, die achtzehnjährige Schönheit aus der Stadt, deren Eltern immer noch annahmen, ihr Töchterlein verbringe die Nacht bei einer Freundin, nahm ihm die Sache aus der Hand. Aus der Stereoanlage brüllten heiße Disco-Hits und bildeten den Hintergrund zu dem noch heißeren Strip, den das Girl für ihren Pierre aufs Parkett legte. Dabei stellte sie manche Professionelle in den Schatten und die Augen des Playboys wurden immer größer, während er den Bewegungen des Mädchens folgte.
Sie ahnte bestimmt noch nicht, daß ihre Bindung nicht von Dauer sein konnte. Dazu war er viel zu wechselhaft. Länger als vierzehn Tage mit derselben Partnerin hatte er es noch nie ausgehalten. Doch davon wußte Julia in diesem Moment noch nichts. Irgendwann in den nächsten Tagen würde sie beginnen, es zu begreifen. Noch war sie in ihn verliebt, bewunderte ihn und genoß es, in seiner Nähe zu sein, ihm ihre Liebe zu schenken und das von ihm zu empfangen, was sie für Liebe hielt, was für ihn aber nicht mehr als ein Abenteuer war, eine Episode in seinem Leben. Sonst nichts.
Pierre sah ihr zu. So schön hatte es gestern auch begonnen. Doch zu früh war die Störung gekommen. Aber heute würde es klappen, schließlich konnten diese James-Bond-Fans sich ja schließlich nicht jeden Tag ausgerechnet in diesem Provinznest ihre Schießereien liefern. Pierre erhob sich, strich kurz durch sein langes Haar und ging zur Bar, um Drinks für Ju und sich zu mixen.
Der grelle Disco-Sound ebbte ab. Julia hatte es geschafft, die Dauer ihrer Darbietung genau auf die Musik abzustimmen. Jetzt war sie fertig und kam zu ihm, süß und verführerisch.
Mit einem raschen Griff schaltete Pierre das Band auf eine andere Spur um. Ruhige, einschmeichelnde Klänge drangen aus den Lautsprecherboxen. Der Mann zog das schlanke Mädchen an sich, küßte sie, spürte ihre Wärme und ihre Bereitwilligkeit, ihm alles zu geben.
Als er das Klirren hörte, glaubte er zuerst an eine Halluzination. Dann aber polterte im Schlafzimmer etwas.
Nicht schon wieder! tobte es in seinen Gedanken. Himmel nochmal, konnte man denn nicht mehr in Ruhe ein Girl vernaschen?
Ein Einbrecher! war sein zweiter Gedanke.
Pierre Lafgarenne gehörte nicht zu der Sorte Mensch, die unter die Feiglinge einzuordnen ist. Er war zwar nicht gerade leichtsinnig, wog jedes Risiko sorgfältig ab, bevor er handelte, was ihn von anderen Möchtegemhelden unterschied, die grundsätzlich mit den Hörnern voran in das rote Tuch stürmten, um ihrer Umwelt zu beweisen, was sie für Kerle waren. Pierre war schnell entschlossen und konnte zupacken, daß die Fetzen flogen.
Sanft schob er das Mädchen zurück, das ihn bestürzt ansah. »Was ist denn da los? Hast du eine Katze?«
Er schüttelte nur den Kopf. Das war keine Katze, die so polterte. Da war ein Fremder ins Haus eingedrungen.
Einen Augenblick sah er sich suchend um, dann hatte er entdeckt, was er als Waffe benutzen konnte. Denn es mochte durchaus sein, daß der unbekannte Einbrecher ebenfalls bewaffnet war und nicht zögern würde, diese Waffe zu benutzen. Nur kurz keimte in Pierre der Gedanke auf, daß der Einbruch
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