013 - Das MAFIA-Experiment
der Käfige auf den Boden fiel, aufsprang und die vielen Mäuse verwirrt und angsterfüllt durch den Raum huschten. Es war eine herrliche Jagd gewesen. Sie hatte alle erwischt, mit ihnen gespielt und sie verspeist. Um die böse Magenverstimmung, die sie tagelang arg geplagt hatte und die ihr diesen fetten Aufpasser-Menschen eingebracht hatte, damit in Verbindung zu bringen, dazu reichte ihre primitive Katzenintelligenz nicht aus. Ihre Erinnerung sagte ihr nur: Beute, Beute, Beute!
Mit erregt zitternden Schnurrhaaren schlich Felicitas durch die Labors, wie ein Schatten, unauffällig. Drückte sich in Ecken und Winkel, wenn sich ihr Schritte näherten. Niemand bemerkte sie. Felicitas war auf der Jagd.
*
Stöhnend hielt sich Giancarlo Parisi den Kopf, währen ihm der Wissenschaftler einen kalten, nassen Lappen ins Genick presste.
»Was ist passiert?«, presste er mühsam hervor.
»Kann ich nicht sagen«, sagte sein Helfer mit perfekter Unschuldsmiene. »Als Sie nicht wieder zurück kamen, wollte ich sehen, was los war.
Ich kam hier herein und sah Sie bewusstlos am Boden liegen und das Nergaard-Double war verschwunden. Woher soll ich wissen, wie es dazu gekommen ist? Das müssten Sie doch viel besser wissen.«
Parisi wehrte den Wissenschaftler unwillig ab, als dieser ihm zur Kühlung ein frisches Tuch auflegen wollte.
»Lassen Sie den Quatsch, mir geht es schon wieder gut. Und verschwinden Sie hier, ich habe zu tun.«
Als der Weißkittel erleichtert die Tür hinter sich geschlossen hatte, stand Parisi auf und ging, noch etwas unsicher auf den Beinen, zur Com-Box. Mittels seiner ID-Card und Fingerprint schaltete er das deaktivierte Gerät ein und tippte Volpones Geheimnummer. Dieser meldete sich mit einem knappen »Ja?«
»Nergaard zwo ist weg«, sagte Parisi.
»Weg? Was soll das heißen?«
»Als ich in seine Zelle kam, hat er schon auf mich gewartet. Keine Ahnung, woher er wusste, dass ich ihm ans Leder wollte. Das Schwein hat mir eine Falle gestellt. Ich hätte ihn aber trotzdem geschafft. Doch gerade als ich ihm das Licht auspusten wollte, muss ich mit dem Kopf gegen den Türrahmen geknallt sein. Als ich wieder zu mir kam, war er weg.«
»Das darf doch wohl nicht wahr sein, Parisi, das ist jetzt schon der zweite Mistbock für heute. Wie auch immer, sehen Sie zu, dass Sie den Kerl wieder finden und ihn erledigen. Sie wissen genau, dass er nicht raus kommen darf.«
»Er kann nicht raus kommen, Don. Die Labors sind abgeriegelt. Er muss noch irgendwo hier unten sein. Und da finden wir ihn über kurz oder lang schon.«
»Wollen wir hoffen über kurz . Die Sache muss schnell erledigt sein. Und kümmern Sie sich persönlich darum.«
»Das machen meine Leute, ich setze gleich jemanden darauf an. Ich selbst werde mich jetzt erst einmal um den Original-Nergaard kümmern und den ausschalten.«
»Wieso? Was soll das denn?«
»Ganz einfach, da weiß ich, wo der im Moment ist, den kann ich schneller und einfacher ausschalten, als den, der jetzt irgendwo in den Labors rum geistert. Einen von beiden müssen wir ausschalten, wen, ist doch egal.«
»Und was ist, wenn ihre Leute in der Zwischenzeit auch den anderen …?«
»Ist doch auch egal, im Endeffekt brauchen wir keinen von beiden«, meinte MAFIAs Sicherheitschef lapidar und betastete dabei unwillkürlich die Beule an seinem Kopf. »Hauptsache, wir sind auf der sicheren Seite.«
*
Nergaard – das Original – war zu einem Entschluss gekommen. Ihm war klar geworden, dass es nur einen Nergaard geben durfte, dass es sich MAFIA gar nicht leisten konnte, zwei Nergaards herum laufen zu lassen. Zwar war er davon überzeugt, dass er es war, das Original, das man am Leben lassen würde. Aber konnte er sicher sein? Nein! Wer kannte schon die Gedankengänge von Parisi und Volpone? Es gab nur einen Weg, sein Überleben zu sichern: Er musste selbst dafür sorgen, dass er der einzige Nergaard blieb, er musste selbst seinen Doppelgänger ausschalten!
In seine Unterkunft, um sich entsprechend auszurüsten, konnte er jetzt nicht zurück. Die war zu weit weg.
Schnell und zielstrebig kontrollierte er das Wenige, was er in diesem Labornebenraum, wo er zum Warten verdonnert war, an Ausrüstung besaß. Es war nicht viel. Seine Waffe hatte er bei dem Transmitter-Experiment nicht getragen. Es blieb ihm das Werkzeug in den Absätzen seiner Schuhe und die hauchdünne Drahtschlinge in seiner Armbanduhr. Aber genau das hatte der Andere ja auch. Achselzuckend steckte er
Weitere Kostenlose Bücher