013 - Draculas Liebesbiss
nicht wieder
gerührt. So schnell wird er wohl auch nicht erwachen. Tander hat ihn nicht
gerade zärtlich behandelt.«
Mit dem Fuß stieß er die
klapprige, angelehnte Tür auf, die man nicht abschließen konnte, weil weder
Schloß noch Klinke vorhanden waren. Ein Rowdy schien hier mal in einem
Augenblick des Alkoholrausches seine unnützen Kräfte ausprobiert zu haben.
»Irgendwie kommt mir die Sache
nicht geheuer vor. Dieser Tander und dann dieser Brent! Sie arbeiten zusammen.
Vielleicht zwei besonders angesetzte Schnüffler. Das Märchen, das er mir
auftischte, stimmt nicht. Außer seiner Sonderlizenz von Scotland Yard besitzt
er zwei Ausweise, die darauf hinweisen, daß er Privatdetektiv und ein Konsul
ist. Entweder sind alle drei falsch – oder alle echt, und dieser Mann verfolgte
eine ganz besondere Spur …«
Dracula biß die Lippen zusammen.
An seinen beiden Eckzähnen befanden sich noch Blutstreifen, die vom Einbiß in
Charlenes Halsschlagader herrührten.
»Der Boden wird hier zu heiß! Wir
müssen auf dem schnellsten Weg verschwinden! Ich hoffe, daß die anderen Dinge
bis ins Detail vorbereitet sind?«
»Ja, Herr. Mr. Richard Wetherby
will spätestens um Mitternacht hier sein. Ein eigenartiger Termin, wie er
meinte, aber …«
»Schließlich wollte er keinen Scheck
annehmen. Ich habe heute mein Konto aufgelöst und alle Beträge abgehoben. Ich
habe mich in Gefahr begeben wegen dieses Wetherbys. Aber es ist die einzige
Möglichkeit … Und nun will ich mir diesen Brent mal näher anschauen. Ich muß
den Burschen sprechen. Ich muß wissen, wie weit seine Recherchen schon gediehen
sind und ob es noch weitere Mitwisser gibt. Er muß sie mir nennen! Ich kann
nichts riskieren! Jeder Mitwisser muß beseitigt werden, rigoros und endgültig!
Denn diesmal – will ich leben!«
●
Ein Guß kalten Wassers über das
Gesicht ließ ihn zu sich kommen. Nicht gleich, aber langsam fand Larry in die
Wirklichkeit zurück.
Sein Schädel schmerzte. X-RAY-3
versuchte sich aufzurichten.
»Das wird wohl schlecht möglich
sein«, sagte ein kalte Stimme. Sie schien aus weiter Ferne zu kommen. »Wir
haben Sie hübsch verpackt. Reisefertig sozusagen.« Ein hämisches Lachen. Larry
Brent kannte die Stimme. Er hatte sie schon mal gehört? Wann? Wo?
Horsley? Dieser Name tauchte aus
der tiefsten Tiefe seines Bewußtseins auf und drang mühsam an die Oberfläche
seines Denkens.
Der Amerikaner versuchte die
Augen zu öffnen.
»Ah, er kann nicht mal seine
Scheinwerfer polieren«, meinte die gleiche Stimme. »Ein bißchen blutverkrustet.
Das kommt vor, wenn man sich in Spielchen einläßt, deren Regeln man nicht
kennt. – Die große Platzwunde am Kopf ist schon fast verkrustet. Sie haben
einen harten Schädel, alle Achtung. Ein anderer hätte seinen Schlag nicht
überstanden.«
Eiskaltes Wasser knallte Brent
ins Gesicht.
»Jetzt können Sie die Augen
bestimmt besser öffnen. Ich habe das Blut weggewaschen.«
Larry preßte die Lippen zusammen.
Er war hilflos wie ein neugeborenes Kind. Nicht mal die Hände konnte er rühren.
Es strengte ihn an, die Augen zu
öffnen. Ein Messer schien sich zur gleichen Zeit durch seine Hirnschale zu
bohren. Der Schmerz war durchdringend.
Larry blinzelte. Zwei Männer
standen neben der Pritsche, auf der er lag.
Der eine war Horsley – und der
andere?
Er trug einen schwarzen Umhang,
dessen eine Innenseite rubinrot nach außen gekehrt war. Das altmodische
Kleidungsstück wurde von einer faustgroßen Spange direkt am Hals gehalten.
X-RAY-3 nahm die Dinge wie durch
einen zähen, wallenden Nebel wahr. Alles um ihn herum war in Bewegung. Selbst
die beiden Gestalten schwankten wie Schilf im Wind.
»Nun kommen Sie schon zu sich«,
sagte der mit dem Umhang, eine dunkle, markante Stimme. Ein Mann, der es
gewohnt war, daß man seine Anordnungen befolgte.
Larry schluckte. Der Umhang,
grellte es durch sein Bewußtsein! Er begriff die Zusammenhänge. Er war in die
Hände Draculas gefallen!
Wie ein blutiger Anfänger war er
in die raffinierte Falle gestolpert.
»Ich möchte mich gern mit Ihnen
unterhalten. Es gibt da ein paar Einzelheiten, die ich erfahren möchte. – Warum
sind Sie hinter mir her?«
Larry Brent schluckte. Er wollte
etwas sagen, aber kein Ton kam aus seiner Kehle.
»Soll ich nachhelfen?« Das war
wieder die Stimme Horsleys.
Er packte den PSA-Agenten beim
Kragen und zog ihn in die Höhe. Steif und reglos lehnte Larry gegen die kahle
Wand.
»Lockere ihm die Fesseln! Er
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