0131 - Der elektrische Stuhl wartet
brachen sie alle in brüllendes Gelächter aus, alle, mit Ausnahme von Cabozzi, der stumm seine Schuhspitzen anstarrte.
Hunter gebot mit einer Handbewegung Schweigen.
»Wie heißt das Girl?« fragte er. Evans war bei dem groben Lachen das Blut ins Gesicht geschossen. Er preßte die Lippen aufeinander.
»Antworte!« schnauzte der Chef und setzte grinsend hinzu. »Wem sollen wir sonst das Hochzeitsgeschenk schicken?«
»Oder die Leiche des Bräutigams?« knurrte Kelly leise.
»Ann Rostow«, antwortete Evans, der jetzt geisterhaft bleich war.
»Ann!« wiederholte Hunter. »Kein besonderer Name! Einerlei wie sie heißt, jedenfalls wird ihr Hausname niemals Evans lauten.« Er sprach jetzt in einem kalten und gleichgültigen Tonfall. »Die Jungens sind dagegen, daß du aussteigst, Tom. Du wirst sofort in Toons Gruppe arbeiten.«
»Nein«, sagte Evans leise, aber entschlossen.
Kelly reckte die breiten Schultern.
»Rede ihm nicht gut zu, Aldous«, sagte er. »Selbst wenn er versprechen würde, seine albernen Gedanken aufzugeben, so würde er uns später ‘reinreißen. Wer je mit der Absicht gespielt hat, unseren Verein zu verlassen, der taugt nicht mehr für uns. — Laß uns den Fall erledigen!«
Hunter sah Evans nachdenklich an. Seine manikürten Finger streichelten lässig den Ansatz der parfümierten Haare.
»Ich fürchte, Kelly hat recht. Du weißt zuviel, Evans. Du warst dabei, als wir die Leute der Carone-Bande zusammenschlugen. Du fuhrst meinen Wagen, als ich Borry, den Sektionschef der Hafengewerkschaft, aufsuchte, und du wirst dir sicherlich deine Gedanken darüber gemacht haben, als du zwei Tage später in der Zeitung last, daß Borry mit vier Kugeln im Leib aus dem Hafen gefischt wurde. — Wie oft hast du zusammen mit Cabozzi die Buchmacher abkassiert? Und du hast sicherlich mehr als einmal gesehen, daß Cabozzi seinerseits die Kasse mit mir abrechnete. — Du mußte bedenken, Evans, daß ich mich nie vor euch versteckt habe. Manche Gang-Führer arbeiten aus dem Dunkeln heraus. Die eigenen Leute kennen sie nicht. Und es kann ihnen mehr oder weniger gleichgültig sein, ob der eine oder andere ihrer Männer zur Polizei rennt, da keiner sie selbst vor den Richter bringen kann. — Bei mir ist das anders. Wenn einer von euch umfällt und pfeift, so bin ich so gut wie jeder an der Reihe, von den Cops hochgenommen zu werden. Ihr alle kennt mein Gesicht, kennt meine Funktion. Ihr habt die Befehle von mir entgegengenommen, und eure Zeugenaussagen würden mich genügend belasten, um mich für den Rest meines Lebens hinter Gitter zu bringen. — Okay, Evans, und trotzdem habe ich keine Angst davor. Die großen Gangführer der Vergangenheit haben es nicht anders gehalten. Alle ihre Leute wußten Bescheid, und dennoch brauchten sie nicht zu fürchten, daß einer von ihnen sie auf fliegen ließ.«
In seinen Augen schillerte ein gefährliches Licht.
»Warum brauchten sie sich nicht zu fürchten, Tom? Weil jeder wußte, daß er unerbittlich umgelegt werden würde, wenn er auch nur den Versuch machte, der Gang den Rücken zu kehren. Für Verrat gibt es kein Pardon!«
Er drehte mit einer herrischen Bewegung den Kopf den Unterführern zu. »Pareiras! Chenglun! Erledigt das!« Aber der Puertoricaner und das Mischblut rührten sich nicht, genauso wenig wie Kelly, MacStonder oder Toon, von Cabozzi ganz zu schweigen. Sie alle hielten den Blick an Hunter vorbei auf irgend etwas gerichtet, das ihre ganze Aufmerksamkeit zu fesseln schien. Langsam drehte Aldous Hunter den Kopf zurück. Jetzt sah er die Pistole, die Thomas Evans in der Hand hielt.
»Wenn einer von den Jungens eine Bewegung macht«, sagte Evans, »jage ich dir, Aldous, als erstem eine Kugel in den Kopf.«
Eine Minute lang war es so still in dem Bootsschuppen, daß man das Schlagen der Wellen an den Strand hörte. Dann lachte Hunter gekünstelt auf und sagte:
»Steck das Ding fort, Tommy! Natürlich habe ich nur Spaß gemacht.«
»Nein«, antwortete Evans. »Ich werde jetzt gehen, und ich werde auf jeden schießen, der mich daran zu hindern versucht. Ich will nichts mehr mit euch zu tun haben. Ich werde euch nicht verpfeifen. Ihr könnt euch darauf verlassen, aber ich will keinen von euch Wiedersehen. Laßt mich in Ruhe! Ich werde dieses Ding von jetzt an immer bei mir tragen, und ich rate euch gut, niemals zu nahe an mich heranzukommen.«
»Ich wette, er kann mit einem solchen Eisen überhaupt nicht umgehen«, knurrte Toon, der
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