0136 - Falsche Spuren - echte Mörder
Verletzungen, die ja halbe Verstümmelungen sind, sind mit Sicherheit nicht erst nach dem Tod zugefügt worden?«, fragte ich.
»Mit Sicherheit vorher haben unsere Ärzte ermittelt. Sie schütteln den Kopf? Das habe ich auch getan. Es ist kaum vorstellbar, dass es Menschen geben soll, die zu solchen Taten imstande sind. Aber die Tatsache dieses Mordes beweist es.«
»Das sind keine Menschen, das sind nicht einmal wilde Tiere!«, sagte Phil erregt. »Dafür fehlt jeder treffende Ausdruck!«
»Schließe mich Ihrer Meinung an, Agent Decker. Aber nun weiter: Die Mordkommission versuchte natürlich zunächst einmal festzustellen, wer die Tote überhaupt sei. Dabei kam ihr dieser Ring am kleinen Finger der Toten zu Hilfe. Die Kleider, Schuhe und alles andere waren der Toten ja abgenommen worden, sodass man praktisch keinerlei Anhaltspunkte besaß. Nur dieser Ring war da. Bei genauerer Betrachtung stellte sich heraus, dass dieser Ring selbst für den kleinen Finger, an dem er getragen wurde, so klein war, dass er nicht mehr abzustreifen war. Vermutlich ist das auch der einzige Grund, weshalb er der Toten nicht auch abgenommen wurde wie alles andere.«
»Und anhand dieses Ringes konnten Sie die Tote identifizieren?«, fragte ich gespannt.
»Ich nicht«, wehrte Roster bescheiden ab. »Die Mordkommission. Vielleicht erinnern Sie sich, dass wir in der vorigen Woche in sämtlichen New Yorker Zeitungen die Großaufnahme eines Ringes brachten.«
Ich hatte natürlich auch dieses Bild in unseren Blättern gesehen, aber eher an einen Diebstahl oder etwas Ähnliches gedacht.
»Das war der Ring?«, fragte ich.
»Das war er«, nickte Roster. »Wir hatten auch Erfolg damit, denn bei uns erschien eine gewisse Mrs. Vanders und behauptete, diesen Ring habe ihre Untermieterin immer getragen. Wir stellten ein paar Querfragen, um herauszukriegen, ob die Frau nicht zu den Leuten gehörte, die sich nur interessant machen wollen, aber Mrs. Vanders war absolut sicher. Ihre Untermieterin, so erfuhren wir, hatte ihr einmal die Hand mit dem Ring gezeigt und gefragt, was man denn nur machen könne, wenn ein Ring nicht mehr vom Finger herunterzukriegen sei. Die beiden Frauen hatten dann über eine Stunde lang alles Mögliche versucht. Baden in Seifenlauge und was weiß ich noch. Dadurch aber bekam Mrs. Vanders den Ring natürlich genau zu Gesicht, sodass sie ihn in der Zeitung genau wiedererkannte.«
»Und was sagte sie nun vom Verschwinden ihrer Untermieterin?«
»Tja«, seufzte Roster, »das ist eine ganz verdammte Geschichte. Deshalb komme ich ja zu Ihnen! Die Sache hat sich so entwickelt, dass wir nicht mehr zuständig sind. Ich habe sämtliche Unterlagen mitgebracht. Jetzt muss sich das FBI darum kümmern.«
»Und wieso?«, fragte Phil, während er Zigaretten anbot.
Wir bedienten uns und Roster berichtete weiter: »Mrs. Vanders erzählte uns folgende Geschichte: Ihre Untermieterin hieß Ellen Store, war zweiundzwanzig Jahre alt und ziemlich hübsch. Sie hatte ihre Eltern zwei Jahre vorher durch einen Autounfall verloren und war danach aus dem Süden nach New York gekommen. Sie war als Stenotypistin für den Besitzer mehrerer Nachtlokale tätig. Die Vermieterin sagt aus, dass Ellen Store keine Männerbekanntschaft gehabt hätte, jedenfalls keine ernst zu nehmende.«
»Kann sie das als bloße Vermieterin so genau wissen?«, warf ich zweifelnd ein.
»In diesem Fall wohl ja«, meinte Roster. »Zwischen den beiden Frauen entwickelte sich nämlich bald ein sehr vertrauliches Mutter-Tochter-Verhältnis. Beide Frauen standen allein, es lag nahe, dass sie einander näherkommen mussten. Ellen Store hat ihrer Vermieterin nahezu alles aus ihrem Privatleben erzählt. Es ist das völlig ruhige Privatleben eines sauberen, netten Mädels, das sein Auskommen hat und natürlich von der großen Liebe träumt. Es gibt absolut nichts Aufregendes in diesem Leben. Bis Ellen Store eines Tages nicht von der Arbeit nach Hause kommt. Mrs. Vanders wundert sich. Am nächsten Morgen ist Ellen Store noch immer nicht da. Mrs. Vanders wartet bis zum Abend, in steigender Unruhe verständlicherweise. Das Mädchen kommt nicht. Als sie auch am nächsten Morgen noch nicht da ist, ruft die Vermieterin bei der Arbeitsstelle an, also diesen Nachtlokalbesitzer. Der fällt aus allen Wolken. Er habe angenommen, sie sei erkrankt, da sie nicht zur Arbeit gekommen sei. Jetzt endlich erscheint Mrs. Vanders bei mir im Vermisstenbüro und erstattet eine Vermisstenanzeige. Weder sie
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