0136 - Falsche Spuren - echte Mörder
Walter erschien noch vor uns und teilte Ihnen die Verhaftung Ihres Mannes mit?«
»Ja! Meine Güte, Sie kennen doch sicher diese widerliche Geschichte. Muss ich sie denn immer und immer wieder erzählen?«
Phil sah mich mit großen Augen an. Auch ich spürte, dass wir hier an der Schwelle zu einem Ereignis standen, das vielleicht alles verändern konnte.
»Ich habe keine Ahnung, welche Geschichte Sie meinen«', sagte Phil. »Und wenn es Ihnen anscheinend auch lästig ist, von dieser Geschichte zu sprechen, so muss ich Sie dennoch darum bitten. Bei einer Morduntersuchung kann die kleinste Kleinigkeit von entscheidender Bedeutung sein!«
Margy Moore seufzte. Und dann erzählte sie uns die ganze Sache, die sich in ihrer Wohnung zugetragen hatte. Von Walter Pentrum, dem entlassenen Zuchthäusler, von McMallone und seiner schweren Verletzung.
Als sie fertig war, blickte ich enttäuscht hinüber zu Phil. Das war zwar eine dramatische Angelegenheit, dieser ganze Vorfall, aber er hatte doch mit Moores Schuld oder Unschuld nichts zu tun. Für unsere Ermittlungen in der Sache Settskail war er völlig uninteressant.
So dachten wir damals. Wir übersahen beide eine entscheidende Kleinigkeit. Oder besser gesagt: Wir kamen nicht auf den Gedanken, der den deutlichen Zusammenhang mit dem Fall Moore hergestellt hätte.
Wir sprachen noch kurze Zeit mit Margy Moore, dann nahm sie die Besuchserlaubnis, und ich beschrieb ihr den Weg zu unserem Zellentrakt im Keller. Ungefähr eine Dreiviertelstunde später erschien sie wieder bei uns im Office und erklärte völlig niedergeschlagen, der Gedächtnisschwund ihres Mannes müsse echt sein. Damit war uns auch nicht geholfen, und wir waren froh, als sie uns später verließ. Irgendetwas war zwar ungewöhnlich in diesem Fall, das sagte uns unser Instinkt, aber an Moores Schuld zweifelten auch wir kaum noch.
Ein paar Stunden später rief der Staatsanwalt an und erbat den Abschluss und die Übergabe der Akten, damit er seine Anklageschrift vorbereiten könne.
Es gab keinen stichhaltigen Grund, warum wir die Herausgabe der Akten hätten verweigern sollen, und so wurde uns der Fall aus den Händen genommen und ging ans Gericht. Am gleichen Tage wurde auch Joe Moore in das Untersuchungsgefängnis des Schwurgerichtes überführt. Damit war für uns der Fall Settskail-Moore so gut wie erledigt. Andere Aufgaben warteten auf uns, und nach einigen Tagen hatten wir die ganze Geschichte so gut wie vergessen.
***
Aber dann geschah eines Tages etwas, was uns auf die alte Spur zurückbringen sollte - freilich auf großen Umwegen und zunächst gar nicht ersichtlich.
Das muss ungefähr vierzehn Tage nach der Überführung Joe Moores ins Untersuchungsgefängnis gewesen sein. Ich weiß noch, dass es ein Mittwoch war, als es bei uns an die Tür klopfte und ein kleiner, dicker Kerl eintrat, der sich schnaufend und schwitzend über seine Glatze fuhr.
»Hallo, Gents!«, schnaufte er. »Ich bin Detective-Lieutenant Blicky Roster. Von der Vermisstenstelle im Hauptquartier. Ich sprach gerade mit Ihrem Boss, Mister High. Er sagte, Sie möchten sich mal um meine Angelegenheit kümmern.«
Der Mann von der Abteilung für Vermissten-Meldungen der Stadtpolizei schüttelte uns die Hand, wobei ich Phil und mich vorstellte, und dann sagte ich: »Okay, Roster! Nehmen Sie Platz.«
»Guter Gedanke«, stöhnte er. »Man ist nicht mehr der Jüngste, und dieses ewige Hin-und-her-Rennen in den Korridoren unserer Amtsgebäude macht mich immer ganz fertig.«
Er ließ sich in einen Sessel fallen und kramte in seiner Aktentasche. Dann sah er uns fragend an.
Ich nickte.
»Schießen Sie los! Wir sind gespannt.«
»Schön«, trompetete er. »Also passen Sie auf! In der vorigen Woche wurde am East River die Leiche eines Mädchens angespült. Natürlich kümmerte sich routinemäßig unsere Mordkommission darum.«
Er suchte in seinen Papieren und legte uns dann die Fotos der Mordkommission vor. Ich weiß nicht, ob Sie je im Leben Fotos einer Mordkommission gesehen haben. Wenn nicht, dann seien Sie froh. Manche sind so brutal realistisch, dass sich Ihnen der Magen umdrehen kann.
Es waren Fotos dieser Art. Wir betrachteten sie schweigend. Als ich die Bilder zurückreichte, holte ich gleichzeitig die Whiskyflasche aus dem Schreibtisch und schenkte drei Gläser halb voll.
Erst nachdem wir den Whisky getrunken hatten, fuhr Roster fort.
»Das Mädchen ist ermordet worden, die Fotos zeigen es ja deutlich genug.«
»Die
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