0139 - Im Land des Vampirs
prallten zusammen. Und ich mischte eine Sekunde später als dritter mit.
Meine rechte Handkante kam hart und präzise. Der Schlag schleuderte den Messermann über das schmutzige Pflaster. Er fluchte ein paarmal, doch sein Kumpel konnte ihm nicht helfen, dem hatte ich mit einem Tritt die Kanone aus der Hand geprellt. Sie landete irgendwo an einer Holztür.
Die beiden hatten Routine.
Auch im Verschwinden. Ehe ich mich versah, waren sie wieder auf den Beinen und gaben Fersengeld. Der Nebel gestaltete sich als ihr Verbündeter. Ich konnte gar nicht so rasch schauen, wie sie verschwunden waren.
Mist, die hätte ich gern gehabt, aber sie kannten sich als zweibeinige Pierratten sicherlich viel besser in dieser Umgebung aus.
Mir blieb nur der Teilerfolg.
Und der Beifall.
Den verdankte ich Jan Ziegler, dem Privatdetektiv. Er tauchte händeklatschend aus dem Nebel auf und grinste von Ohr zu Ohr.
»Bravo, John Sinclair, auch als Geisterjäger haben Sie noch nichts verlernt. Es wäre nichts passiert. Ich war in der Nähe und hätte rasch eingegriffen.«
Ich nickte. »Das soll ich Ihnen glauben?«
»Beweisen Sie das Gegenteil.«
Ich streckte den Arm in den Wagen hinein und ließ die Scheibe hochfahren und schloß die Tür ab. Dann schaute ich Ziegler an.
»Ja, ich habe mich verspätet«, sagte er, »aber die Puppe war so gut, daß es mir jetzt noch leid tut, überhaupt gekommen zu sein.«
»Sie können ja wieder gehen.«
Er lachte. »Nein, Sinclair, das läuft nicht, denn dann würde Ihnen was entgehen.«
»Wirklich?«
»Sicher.«
Ich schaute Ziegler an. Er hatte sich nicht verändert, war immer noch der schlaksige Bursche mit dem hohlwangigen Gesicht und dem dünnen braunen Haar. Ziegler gehörte zu den Typen, die nie älter werden. Er hatte mit 30 auch schon so ausgesehen. Mittlerweile waren sechs Jahre vergangen.
»Kommen wir zur Sache«, sagte ich. »Was wollen Sie mir sagen? Fassen Sie sich kurz, ich habe nicht viel Zeit.«
»Die müssen Sie schon mitbringen.«
»Wieso?«
»Wir laufen ein Stück.«
»Dann nehme ich den Wagen.«
Ziegler schüttelte den Kopf. »Bequem wäre das schon, aber in dem Nebel ist es nicht ratsam.«
Ich ließ meine Blicke über seine Gestalt gleiten. »Wenn Sie mich reinlegen wollten, sind Sie Ihre Lizenz los.«
»Das weiß ich. Der Fall ist ernst, Sinclair. Und brandheiß.«
»Sie wissen doch, womit ich mich beschäftige, Ziegler. Warum sind Sie nicht zu einem Kollegen gegangen?«
»Weil das Ding in Ihr Ressort fällt. Wir müssen zur Fariac Cosmetics.«
Wenn er das sagte, mußte es stimmen, denn Ziegler wußte Bescheid. Er gehörte zu den Typen, die sich in der Szene auskannten.
Und er war dabei ungeheuer raffiniert. Auf seiner Gratwanderung war er selten gestolpert. Einmal hatte man ihm fürchterlich die Hucke vollgehauen, weil er bei seinen Recherchen einem Unterweltboß in die Quere gekommen war. Er lag danach sechs Wochen im Krankenhaus und zog die Konsequenzen, in dem er sich zukünftig nur noch auf Ehescheidungen spezialisierte.
Oder fast…
Das wußte ich von meinen Kollegen, bei denen ich mich vor dem Treffen informiert hatte. Ihm hatte ich auch gesagt, an welches Ziel mich der Spitzel bringen wollte.
»Ist es weit?« wollte ich wissen.
»Wenn wir die Abkürzung nehmen, nicht.«
Das war auch eine Antwort. Wir tauchten in den Nebel ein. Er lag wirklich knüppeldick. Man hörte kaum das Schmatzen und Gurgeln der Themse, obwohl wir uns wirklich nicht weit weg vom Wasser befanden. Die graue Suppe dämpfte alle Geräusche.
Ich mußte wieder an den Todesnebel denken und damit auch an Dr. Tod, neben Asmodina mein Erzfeind. Er hatte mit seinem Nebel schon das große Grauen heraufbeschworen, und die Existenz war noch immer nicht richtig geklärt. Jeden Tag konnte er wieder zuschlagen. Mit Schrecken dachte ich daran.
Wir gingen an einem alten Fabrikgebäude vorbei, erreichten eine Brandmauer, überkletterten sie und landeten zwischen einigen Gleisen. Trotz des Nebels besaß ich ein einigermaßen gut ausgeprägtes Orientierungsgefühl. Ich wußte, daß wir uns nicht weiter zum Fluß bewegten, sondern parallel dazu liefen.
Ziegler ging voraus. Seine gekrümmte Gestalt war ein regelrechtes Markenzeichen.
An der Schulter hielt ich ihn zurück. »Wir gehen nicht zum Fluß«, bemerkte ich.
Er blieb stehen. »Das stimmt.«
»Verdammt, jetzt will ich endlich wissen, ob das mit der Kosmetik-Firma stimmt.« Ich wurde sauer, hatte keine Lust, mich von einem Privatdetektiv
Weitere Kostenlose Bücher