0142 - Der Schwiegersohn des Teufels
blickte an mir vorbei.
Als ich mich umwandte, sah ich Phil zwei Meter hinter mir stehen. Er hielt seine Waffe in der Hand.
Ich hielt den Zeitpunkt für gekommen, mich endgültig vorzustellen.
Der Bursche vor mir schnappte nach Luft. Dann nahm er die Arme herunter und begann zu lachen.
»Entschuldigung, Mister Cotton«, meinte er. »Ich hielt Sie für ’nen Automarder. Aber schließlich hätten Sie ja auch gleich sagen können, dass Sie vom FBI sind, nicht wahr? Ich hoffe, Sie werden uns nicht wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt…«
»Davon kann keinen Rede sein, Mister« , unterbrach ich ihn. »Sie ließen mich leider nicht zu Wort kommen, sonst wäre Ihnen diese Bodengymnastik erspart geblieben.«
Ich blickte Phil an, der lächelnd sein Schießeisen wegsteckte.
In diesem Augenblick hatten wir beide denselben Gedanken: Die beiden Pontiacfahrer hatten mit der Geschichte nichts zu tun, sonst hätten sie sich anders verhalten.
So gut es ging, halfen wir dem anderen wieder auf die Beine und zogen zu viert in das Restaurant, vor dem unsere Wagen standen. Bei einem Whisky erklärten wir den beiden, dass wir sie nicht aus Übermut aufs Korn genommen hatten und machten ihnen einige Andeutungen darüber, weswegen wir ihnen folgten.
Sie waren vernünftig genug, um kein Klagegeschrei wegen des Missverständnisses zu erheben. Im Gegenteil. Sie drangen darauf, dass wir den Kofferraum ihres Wagens und sie selbst durchsuchten.
Wir taten ihnen den Gefallen und fanden natürlich nichts.
Während sie in Richtung New York weiterfuhren, zuckelten wir zu Ransoms Boarding-house zurück.
»Mein Gott«, stöhnte Phil. »So einen herrlichen Reinfall habe ich lange nicht erlebt.«
»Es kommt mir nicht sehr überraschend«, sagte ich. »Mir kam es von allem Anfang an Spanisch vor, dass sich die Gangster aüsgerechnet einen Ort aussuchten, dessen Zugänge so leicht im Auge zu behalten sind.«
»Und wie, meinst du, haben sie die Konservenbüchsen an sich gebracht?«, fragte Phil. »Wenn du in der Zwischenzeit nicht geschlafen hast, dann steht doch fest, dass außer Bendix und den beiden Männer im Pontiac niemand die-Toiletten betreten hat. Fest steht auch, dass es keinen Zugang zum Boarding-house gibt, und an Falltüren oder ähnliche Scherze glaube ich nicht.«
Ich zuckte die Schultern und erwiderte nichts darauf. Es hatte wenig Zweck, Spekulationen anzustellen. Wir mussten an Ort und Stelle versuchen, des Rätsels Lösung zu finden.
Als wir ankamen, hielten wir uns nicht lange bei der Vorrede auf, sondern hielten dem dicken Wirt unsere Ausweise unter die Nase und nahmen ihn mit hinaus.
»Gibt es außer diesen beiden Eingängen noch einen Zugang?«, fragte ich, als wir davor standen.
Er schüttelte den Kopf.
»Das ließ sich aus bautechnischen Gründen nicht machen«, meinte er. »Es gibt im Erdgeschoss keinen durchgehenden Korridor wegen des Treppenhauses und deswegen, weil sich an dieser ' Seite die Küche befindet, die bis an den Schankraum reicht.«
Wir betraten den Anbau und sahen uns um. Nichts hatte sich verändert. Ich ließ meinen Blick auf der Trennwand ruhen und von dort zum Dach wandern. Dabei kam mir ein Gedanke.
»Haben Sie eine Taschenlampe?«, wandte ich mich an den Wirt.
Er nickte und ging ins Haus, um sie zu holen.
Der Wirt kam zurück, und ich richtete den Lichtstahl der Lampe auf die Dachziegel. Dabei entdeckte ich etwas Sonderbares. Direkt über der Trennwand hing ein kleiner Zweig von der Decke mit einem roten Buchenblatt daran.
»Nicht schlecht«, meinte Phil. »Das erklärt so ziemlich alles.«
Wir verließen schweigend den ungastlichen Ort, gingen ins Boardinghouse und stiegen die Treppe zum Obergeschoss empor. Hier gab es einen langen Gang, der von einem Ende des Hauses zum anderen führte. Zu beiden Seiten zweigten je fünf Türen ab, die anscheinend zu Gästezimmern führten. Jeweils an einem Ende des Korridors befand sich ein mittelgroßes Fenster.
Viel Licht bekam der Gang durch diese Fenster nicht, deshalb knipste der Wirt die Deckenlampen an.
Als ich das Fenster am Ende des Korridors öffnete, blickte ich in ein dichtes Blättergewirr, durch das nur stellenweise das rote Ziegeldach des Anbaus schimmerte.
Phil und ich stiegen hinaus auf das Dach, dass etwa ein Meter unter dem Fenstersims lag. Ich bin kein Schornsteinfeger, deshalb musste ich ziemlich balancieren, um nicht abzurutschen. Langsam arbeiteten wir uns zu der Stelle vor, unter der sich die Trennwand befinden musste.
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