0142 - Der Schwiegersohn des Teufels
unangenehmes Gefühl sein, wenn man auf den bekannten Stuhl gesetzt wird«, stieß Phil nach. »An deiner Stelle würde ich es mir überlegen, Iwanowitsch. Eines Tages hätte dich Kendale sowieso aus dem Weg geräumt, um keine Mitwisser zu haben.«
Das wirkte.
Sokolnikow druckste noch ein wenig herum, dann nannte er uns die Adresse.
Als wir den Namen Perkins hörten, blickten wir uns an. Es konnte sich nur um die ältliche Miss handeln, die in Ransoms Boarding-House das Geld geholt hatte.
Wir ließen Sokolnikow abführen und fuhren sofort zur Lenox Avenue, Ecke 125. Straße.
Unterwegs lasen wir uns einen Cop auf, den wir in den Hof schickten, damit er die Feuerleiter beobachtete.
Oben im zweiten Stock angekommen, hielten wir vor der Tür, an der sich ein Schild mit der Aufschrift »Perkins« befand, nahmen unsere Waffen aus den Schulterhalftern und steckten sie schussbereit in die Trenchcoattaschen.
Dann klingelte Phil.
Als sich die Tür öffnete, warf er sich sofort dagegen. Ein Schrei ertönte, und dann blickten wir uns nicht sehr geistreich an. Vor uns lag ein junges, blondes Mädchen am Boden und hielt sich den Kopf, der mit der Tür Bekanntschaft gemacht haben musste.
»Entschuldigen Sie, Miss«, sagte Phil lahm. »Wir hatten jemand anderes erwartet.«
Er half dem Mädchen auf die Beine, während ich die Tür zum Wohnzimmer aufstieß, es betrat und die anliegenden Räume untersuchte.
Ich konnte keine Menschenseele entdecken. Phil kam mit dem Mädchen ins Zimmer und wir wiesen uns aus.
»Sie sind Miss Perkins?«, fragte ich.
Sie schüttelte den Kopf und verzog schmerzhaft das Gesicht.
»Ich heiße Mabel Kendale«, sagte sie leise.
Sie hatte eine dunkle, brüchige Stimme.
»Dann ist Will Ihr Bruder?«, fragte ich.
Sie nickte.
»Wissen Sie, wo er ist?«
»Nein«, sagte Mabel. »Ich bin vorhin erst aus Boston angekommen. Ich warte auch auf ihn.«
Ich ließ meinen Blick durchs Zimmer schweifen und entdeckte einen ziemlich großen Koffer, der neben der Couch stand.
Ich blickte vom Koffer auf das Mädchen und konnte mir nicht vorstellen, dass sie diesen Apparat selber transportiert hatte.
»Haben Sie den Koffer selber getragen?«, fragte ich beiläufig und zündete mir eine Zigarette an.
Sie hatte sich wieder gefasst.
»Natürlich«, meinte sie schnippisch. »Was wollen Sie eigentlich?«
Ich ging auf den Koffer zu, hob ihn an und setzte ihn wieder ab. Er war nicht sehr schwer.
Aber Miss Kendale musste meine Bewegung falsch verstanden haben.
Sie wurde plötzlich blass und wich schritt weise zum Tisch zurück, auf dem ihre Handtasche lag.
Mit einem Ruck riss sie die Tasche an sich, öffnete sie und hielt im nächsten Augenblick eine Pistole in der Hand.
»Hände hoch, G-men!«, kommandierte sie mit veränderter Stimme. Ihre Worte klangen hart und scharf. Und der Klang der Stimme kam mir irgendwie bekannt vor.
Phil blickte mich an, und ich ihn.
»Legen Sie das Schießeisen auf den Tisch«, sagte ich scharf.
Ihr Mund verzog sich zu einem Grinsen, das mir ebenfalls bekannt vorkam, und die Mündung der Waffe wanderte auf meine Stirn zu.
Zögernd hob ich die Hände, während ich aus den Augenwinkeln beobachtete, dass sich Phils Rechte langsam zu einer Vase hinschob, die unmittelbar neben ihm auf einer Kommode stand.
»Wer zuletzt lacht, lacht am besten«, sagte das Mädchen mit der rauhen Stimme.
Und plötzlich wusste ich auch, wo ich diese Stimme gehört hatte.
Um Phil ein bisschen zu helfen, blickte ich plötzlich zum Fenster und lachte.
Sie fiel darauf herein und folgte meinem Blick. Im selben Moment warf Phil die-Vase, die ihr die Pistole aus der Hand schlug, und sprang hinterher.
Er lief in einen wuchtigen Kinnhaken, der nicht von schlechten Eltern war.
Ich sah, dass Phil noch zögerte, auf das Mädchen einzuschlagen. Deshalb sprang ich vor, verpasste ihr eine Serie von Haken, die ich mit einem Brocken ans Kinn abschloss, der sie zu Boden gehen ließ.
Phil blickte mich entsetzt an.
»Mein Gott, Jerry«, stöhnte er, »sie ist ein Mädchen. Wie konntest du nur…«
Ich unterbrach ihn mit einer Handbewegung, bückte mich und griff in das volle blonde Haar.
Als ich daran zog, hielt ich eine hervorragend Perücke in der Hand.
»Es ist Will Kendale, Phil«, sagte ich und warf die Perücke auf einen Stuhl. »Er und die ominöse Miss Perkins sind eine Person. Er hat sich seine schmächtige Figur zunutze gemacht und als Frau verkleidet den Ball eingekauft und das Geld abgeholt. Und er
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