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0143 - Brücke ins Jenseits

0143 - Brücke ins Jenseits

Titel: 0143 - Brücke ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brücke ins Jenseits
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hier drinnen gab es kein Licht.
    Ich fühlte, wie mir seine Fäuste gegen Brust und Hals und Gesicht trommelten.
    Aber ich ließ meine Hände nicht von den eisernen Haltestangen, die zum Auf- und Absteigen an dem Bremserhäuschen senkrecht in die Höhe liefen.
    »Du Hund!«, schrie Harper mit einer Stimme, die nicht mehr viel Menschliches hatte.
    Er rief noch andere Wörter, sinnlose, brüllende, gellende Schimpfwörter, geboren aus einem grenzenlosen Hass, aus einer zerstörerischen Wut, die vor Mord nicht mehr zurückschreckt.
    Ich zog mich vollends in das Häuschen hinein. Es gelang mir, meinen Rücken gegen den linken Türpfosten zu stemmen.
    Und jetzt hatte ich auch ein Paar Fäuste zur Verfügung.
    Ich schlug zu. Aber nicht so sinnlos wie Harper.
    Ich versuchte, in der Dunkelheit durch meine Schläge seine Gestalt zu ertasten. Und ich setzte Schläge, die knallhart waren.
    Auch ich bekam Brocken, die nicht zum Spaß ausgeteilt wurden.
    Aber Harper war der erste, der einmal aufstöhnte.
    Dann gab es plötzlich einen gewaltigen Ruck. Holz krachte draußen, Blech kreischte.
    Der Wagen hatte in ständig zunehmender Fahrt das Tor aufgerissen und Balken von Schenkelstärke wie Streichhölzer geknickt.
    Ich weiß nicht, wie lange dieser Kampf dauerte. Vielleicht nicht einmal eine volle Minute.
    Aber ich weiß, was ich in dieser kurzen Zeit einstecken musste. Als ich meine Faust nach vorn setzte, mit dem ganzen Schwung meines Körper dahinter, war es mir, als hätte ich sämtliche Fingerknochen dieser Faust zu Splitter geschlagen. Der Schlag explodierte in meinem eigenen Gehirn mit tausend roten Sternen. Ich brauchte zwanzig oder dreißig Atemzüge, um wieder zu mir zu kommen.
    Da wurde mir mit einem Mal bewusst, dass ich keinen Schlag mehr bekam. Ich tastete mit geschwollenen Fingern nach meinem Feuerzeug.
    Joe Harper war ausgezählt. Für immer. Er musste den Unterkiefer gebrochen haben.
    ***
    Der Wagen war irgendwo weiter unten, wo die Strecke wieder allmählich anstieg, zum Halten gekommen.
    Ich hatte Joe Harper behutsam aus dem Bremserhäuschen herausgeholt und neben mich auf das Schottergestein der Geleise gelegt. Er ächzte fürchterlich.
    Und auf einmal fiel mir ein, dass ich eigentlich eine Zigarette rauchen könnte, denn oben im Fabrikgelände war der Lärm der Schüsse verstummt.
    Später kamen sie mit ihren Stablampen die Schienen herunter. Natürlich Phil allen anderen weit voraus.
    »Jerry!«, keuchte er, als er bei mir war. »Um Gottes willen, Jerry! Wie siehst du denn aus?«
    Erst in dieser Sekunde wurde mir klar, was ich hinter mir hatte.
    Überall stach und brannte es. Mein Kopf wollte explodieren, so brummte und summte es hinter der Stirn. Im Magen revoltierten die Eingeweide. Ich wollte etwas sagen, aber das Rauschen in meinen Ohren wurde immer stärker - und plötzlich fühlte ich noch, dass mir die Knie weich wurden.
    ***
    Es war Mitternacht, als wir den Hang hinabkletterten und zu Johnny gingen.
    Unser Arzt stand neben ihm und stapfte abwechselnd mit den Füßen, um sich warmzumachen.
    »Es ist ganz unfassbar«, sagte er leise. »Ich habe noch nie einen Menschen derart mit dem Tode kämpfen sehen! Ich glaube, er hat nur auf Sie gewartet!«
    Phil leuchtete. Ich beugte mich hinab zu dem Sterbenden.
    »Hallo, Johnny«, sagte ich. Meine Stimme hatte einen fremden Klang. »Hören Sie mich, Johnny?«
    Noch einmal kam eine Spur von Leben in diesen bereits gezeichneten Körper. Täuschte ich mich, oder sah ich wirklich ein schwaches Nicken?
    »Ha… haben Sie… Joe… getroffen…?«
    »Ja, Johnny. Ich habe mit ihm gesprochen. Ich glaube, Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Das mit der Calling Gang hat er längst aufgegeben.«
    Ein eigenartiger Glanz erschien in den Augen des Alten.
    »Ich… ich habe… ein… ganzes… Leben… nur… danach… getrachtet… nicht… auf… den… Stuhl… zu… kommen… man… will… doch… wenigstens… wie… ein… Mensch… sterben… sterben…«
    Johnny Midwell, der frühere Gangsterkönig von Bronx, gab seinen letzten Kampf auf.
    Zufriedenheit zeigte sich zum ersten Mal in seinem Gesicht.
    Als ich auf sah, hatten sich die dunklen Wolkenfetzen am Himmel verzogen. Sterne glitzerten.
    Die Washington Bridge spannte sich mit stählernem Bogen hinüber zum anderen Ufer, überstrahlt von einem Heer brennender Lampen.
    Es war wohl doch nur eine ganz gewöhnliche Brücke.
    ENDE

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