0144 - Alptraum in der Geisterbahn
öffnete den Mund und spie ihr eine fürchterliche Drohung ins Gesicht.
Er wollte sie töten!
***
Der Unhold hatte die Worte kaum ausgesprochen, als sich seine Hände vom Körper des Mädchens lösten. Für den Bruchteil einer Sekunde flackerte Widerstandswillen in Coleen auf, doch dann spürte sie die Pranken um ihren Hals.
Wie bei dem Mann, der sie vergewaltigen wollte, dachte sie. Weiter kam sie nicht.
Die Klauen drückten zu.
Schlagartig wurde Coleen die Luft knapp. Ein letzter, pfeifender Atemzug noch, dann nichts mehr.
Sie sackte zusammen.
In ihren Ohren brauste es. Es war das Blut, das plötzlich schneller durch ihre Adern rann. Sie würgte, die Augen quollen hervor, und bereits jetzt machte sich die Schwärze bemerkbar, die sie bald völlig einlullen und in den Tod reißen würde.
Sie hatte sich auf das tödliche Spiel eingelassen und es verloren.
Ein Zurück gab es nicht mehr.
Coleen spürte genau, wie die Kraft aus ihren Knien wich. Es fiel ihr ungeheuer schwer, überhaupt noch Kontakt mit dem Boden zu halten. Dann sackte sie durch.
Nebel wallte vor ihren Augen. Mal schwarz, dann wieder bunt.
Coleen hörte das heftige Atmen ihres Mörders, sein Keuchen, seine Schreie, aber es machte ihr nichts mehr aus.
Bis der Druck plötzlich nachließ.
Von irgendwoher vernahm sie Stimmen.
Frauenstimmen.
»Bist du verrückt, Ennio. Laß sie los.«
Gierig saugte Coleen die Luft ein. Ihr Hals schmerzte, die Kehle wollte die Luft gar nicht annehmen, aber langsam verschwanden die farbigen Kreise vor ihren Augen.
Dafür schien die Helligkeit zu explodieren.
Es dauerte eine Weile, bis Coleen erkannte, daß sie von einer Taschenlampe geblendet wurde.
Licht – das bedeutet Rettung, Leben!
War sie gerettet?
Coleen wagte kaum, daran zu glauben… Zu klein war der Hoffnungsfunke, und er wurde auch nicht größer …
Dann vernahm sie eine Frauenstimme. Erst nur leise, kaum verständlich, als würde sie durch dichten Schaumstoff gefiltert. Sekunden später verstand sie Worte.
»Wer ist das, Ennio? Kennst du sie?«
»Nein und ja.«
»Wie denn jetzt?«
»Nein.«
»Gut. Und woher kommt sie?« fragte die Frau.
»Ich weiß es nicht. Sie war plötzlich da. Zusammen mit Tom und Rudy. Die beiden wollten sie…«
»Was hast du mit Tom und Rudy angestellt?« wurde der Mann mit dem blutenden Gesicht gefragt.
»Tot. Sie sind tot.«
»Mußte das sein.«
»Sie wollten mich…« Ennio brach ab.
»Ist schon gut«, sagte die Frau. »Auf eine Leiche mehr oder weniger kommt es auch nicht an. Wir haben hier auch noch zwei, die wir töten müssen.« Die Gefühlskälte war erschreckend.
»Wer ist das?« fragte Ennio.
Viola lachte verächtlich. »Mindestens ein Bulle. Und ein Chink. Ein Chinese.«
»Haben sie euch etwas getan?«
»Nein, Ennio. Sie versuchten es nur. Wir waren schneller. Mutter hat auch gut geschaltet. Dein Vater weiß jetzt, daß du vom Teufel bist, mein Freund.«
Da kicherte Ennio. »Und?«
»Er liegt im Wohnwagen«, antwortete die Alte. »Aber er ist nicht tot. Vielleicht später.«
»Das mache ich dann«, flüsterte Ennio. »Er hat mich nie erkannt, hat immer über mich gelacht. Jetzt will ich mich rächen.«
»Das kannst du auch. Nach dieser Arbeit. Wie gefällt dir denn dein neuer Körper?«
»Er ist gut.«
»Möchtest du ihn behalten?«
»Ja.«
Seine Mutter ging einen Schritt vor und streichelte Ennios Gesicht. Es störte sie nicht, daß sie sich dabei blutige Finger holte.
»Ja, mein Kleiner«, flüsterte sie. »Du hast viel in deinem Leben durchgemacht. Dein Gesicht wird bleiben, aber du sollst dafür entschädigt werden. Auch der Teufel gibt jedem eine Chance.«
Fragt sich nur, welche, dachte Coleen Kilman. Sie hatte die letzten Worte vernommen. Schon längst war sie wieder voll da, sie zeigte es nur nicht und spielte nach wie vor die Geschwächte.
Coleen lag auf dem Boden. Sie hatte sich unbemerkt zur Seite gedreht, und wenn sie den Blick etwas hob, konnte sie dorthin schielen, wo sich auch die Gegner befanden.
Sie sah drei. Zwei Frauen und Ennio, der Mann mit dem zerschnittenen Gesicht. Das diffuse Licht ließ seine Visage noch schauriger aussehen. Coleen fragte sich, wie ein Mensch nur mit einem solchen Gesicht herumlaufen konnte. Woher hatte er das wohl? Auf die Wahrheit kam sie nicht. Sie war auch so unwahrscheinlich, daß sie sie unter Umständen gar nicht geglaubt hätte.
Die beiden Männer, von denen die Frauen ebenfalls gesprochen hatten, lagen auf dem Boden. Beide
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