0145 - Armee der Gespenster
Überholung, wenn wir in Richtung Andromeda weitergeflogen wären. Wir alle nehmen an, daß die THEODERICH den Weiterflug ohne Havarie übersteht, wenigstens bis zur Milchstraße. Aber ich kann schon jetzt mit Sicherheit behaupten, daß ein Flug nach Andromeda unter gleichen technischen Bedingungen zur unabänderlichen Katastrophe führen müßte."
Rhodan sah ihn einige Sekunden lang an, dann nickte er.
„Ich danke Ihnen, Doktor Keller, für Ihre offenen Worte. Sie empfehlen also den Weiterflug ohne längere Ruheperiode?"
„Es ist so gut wie ungefährlich. Eine Katastrophe wäre erst nach einem Flug von einer Million Lichtjahre akut zu befürchten. Sie kann natürlich schon jetzt eintreten, aber das ist unwahrscheinlich.
Sie kann genauso gut beim Start von der Erde erfolgen."
In Rhodans Gesicht war nichts von der Enttäuschung zu sehen, die er empfinden mußte.
„Ich werde Kommodore Claudrin die entsprechenden Anweisungen erteilen", sagte er ruhig. „Im übrigen darf ich Sie bitten, das detaillierte Ergebnis Ihrer Untersuchungen schriftlich niederzulegen und mir eine Kopie zu überlassen. Wir werden uns später noch damit befassen müssen."
Die THEODERICH glitt bald darauf in die nächste Flugperiode.
Unverändert und fehlerfrei arbeitete der Antrieb, und nur wenige Menschen an Bord wußten, wie groß die Beanspruchung des Materials gewesen war. Wenn jetzt auch nur ein Teil ausfiel, konnte es Tage dauern, bis der Fehler behoben war. Fielen mehrere Teile aus ...
Immer kleiner wurde der Andromedanebel, er zog sich zusammen und wurde wieder das langgestreckte Nebelgebilde - unscheinbar und unendlich fern. Im gleichen Maß verbreiterte sich das leuchtende Band der heimatlichen Milchstraße, rückte alle paar Stunden ein kleines Stück näher und wurde entsprechend größer.
Zehntausend Lichtjahre vom Rand entfernt, nahm Rhodan Hyperfunkverbindung mit Atlan auf. Zum erstenmal seit nahezu vier Wochen hörte er wieder die Stimme eines Menschen, der nicht an Bord der THEODERICH weilte.
Atlan berichtete keine Neuigkeiten. Alles war ruhig geblieben, die Laurins hatten keinen neuen Angriff versucht, und auch die Posbis ließen sich nicht sehen. Die Akonen verhielten sich zurückhaltend und abwartend, wobei nicht herauszufinden war, worauf sie eigentlich warteten. Sonstige Schwierigkeiten gab es nicht.
Rhodan bedankte sich bei seinem Freund und verzichtete darauf, ihm das Erlebnis mit den Luxiden zu berichten. Atlan würde es noch früh genug erfahren.
Die letzten Flugperioden begannen.
Als die THEODERICH in die Milchstraße eindrang, nahm sie direkten Kurs auf „Wanderer". Rhodan hegte den festen Entschluß, dem Unsterblichen einige Fragen zu stellen, und diesmal würde er sich nicht mit billigen Ausreden abspeisen lassen. Auf der anderen Seite, gestand er sich ein, hatte er allen Grund, dem Unsterblichen für seinen letzten Tipp dankbar zu sein.
Zwei Tage später landete die THEODERICH auf ‚Wanderer’.
*
Diesmal standen zwei menschliche Gestalten auf dem Landefeld und erwarteten die Terraner. Mit zusammengezogenen Augenbrauen studierte Rhodan sie auf dem Bildschirm, während die THEODERICH sanft aufsetzte.
„Der eine ist Homunk", erklärte Bully, der neben ihm stand. „Aber wer ist der andere? Ein neuer Roboter?"
Langsam schüttelte Rhodan den Kopf.
„Kaum. Ich glaube, diesmal wird sich der Unsterbliche nicht verleugnen lassen." Er betrachtete den alten Mann mit dem langen, weißen Bart, der neben Homunk stand und sich nicht bewegte. „Es wird schon eine gewisse Absicht dahinterstecken, daß er sich eine Gestalt aussuchte, die unwillkürlich Mitleid und Sympathie erweckt."
„Du meinst doch nicht etwa ...?" Bully verstummte und betrachtete den Bildschirm. Stimmt, der alte Mann wirkte sympathisch und mitleiderregend. Er konnte einem leid tun, wie er da so einsam und scheinbar hilflos am Rande des großen Landefeldes stand. Er stützte sich sogar auf einen knorrigen Stock dabei.
„Das ist er", versicherte Rhodan. „Gucky, bring mich zu ihm! Die THEODERICH bleibt startbereit. Wir werden uns nicht lange aufhalten."
Der Mausbiber ergriff Rhodans Hand, berechnete den kurzen Sprung und entmaterialisierte.
Als Rhodan wieder sehen konnte, begegnete er dem gütigen und forschenden Blick des alten Mannes, der über sein plötzliches Auftauchen alles andere als überrascht war. Gucky ließ seine Hand los und verhielt sich ungewöhnlich still. Fast schien es, als sei er von einer nie gekannten
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