0147 - Der Mann mit dem verbrannten Gesicht
Phil.
»Jedenfalls ist es niemand, den wir im Verlauf des Falles Alfino kennengelernt haben«, meinte ich.
»Es gibt also jemanden, der verhindern will, dass der Tote als Carter Alfino erkannt wird«, sagte Crosswing, »und es kann nur jemand sein, der wusste, dass wir im Begriff wahren, nachzuforschen, in welchem Hospital er damals lag.«
»Und außerdem war es eine Person, die ihrerseits besser orientiert war als wir«, stellte ich fest.
»Das heißt also ein Familienmitglied.«
»Ich weiß überhaupt nicht mehr, was ich denken soll«, knurrte ich. »Wer kann ein Interesse daran haben, dass der Tote nicht identifiziert wird? Die fehlenden Fotos lassen es vollständig offen, ob es nun Alfino war oder nicht.«
»Wahrscheinlich war er es nicht«, warf Phil ein. »Ich könnte mir vorstellen, das Nick die Sache angezettelt hat, um zu verhindern, dass der Gedanke, der Tote sei nicht sein Vater, ein für alle Male fallen gelassen wird. Wahrscheinlich hätten die Fotos ergeben, dass Alfinos Narbe ganz anders aussah und dann wäre es nichts mit der Erbschaft geworden. Es sollte mich gar nicht wundem, wenn er mit einem neuen Trick käme, um uns davon zu überzeugen, dass der Ermordete Alfino ist.«
»Warten wir ab. Wenn er das versucht und damit durchkommt, so muss Smiton das Geld herausrücken. Gelingt es uns, ihm den Schwindel nachzuweisen, dann ist er im höchsten Grade mordverdächtig.«
Wir verabschiedeten uns von dem Professor, dem Direktor und dem jungen Assistenzarzt, mit dem wir uns vorher unterhalten hatten. Er hieß Dr. van Buren, und der Tod der Schwester schien ihm recht nahegegangen zu sein.
Crosswing ließ seinen Sergeanten zurück, damit er den Abtransport der Leiche überwache, und schloss sich uns an.
»Wir sind heute Morgen unterbrochen worden. Was haben Sie eigentlich über die anderen Mitglieder der Familie Alfino erfahren?«, fragte Phil.
»Nicht viel, und das Wenige ist alles andere als schmeichelhaft. Die vornehme Frau Lucy hat eine recht üble Vergangenheit. Sie soll bereits Alfinos Freundin gewesen sein, als dieser noch Gangsterboss war. Genaues weiß man nicht darüber. Über Nick haben wir uns bereits unterhalten. Esther ist ein leichtsinniges Mädchen mit einem Haufen Männerbekanntschaften. Genau wie ihr Bruder, kommt sie niemals mit ihrem Geld aus. Ob sie Schulden hat oder nur ihre Kavaliere schröpft, ist unbekannt. Über ihre verheiratete Schwester Christabel habe ich nichts anderes erfahren als Klatsch. Sie ist in der Nachbarschaft als hochmütig und arrogant verschrien. Ihren Mann soll sie vollkommen unterm Pantoffel haben. Dieser wird mir als Streber und Ehrgeizling geschildert, dem jedes Mittel recht ist, um voranzukommen. Seine Kollegen lieben ihn durchaus nicht.«
»Eine nette Familie«, meinte Phil. »Es ist also durchaus nicht unmöglich, dass einer von den vieren den Alten ermordet hat und dann einen Gangster mietete, der die verräterischen Röntgenaufnahmen beseitigen sollte.«
Danach ging alles seinen geregelten Gang. Wir brauchten uns nicht besonders anzustrengen und konnten frühzeitig Schluss machen.
Auf dem Nachhauseweg stoppten wir an der Crossroad Bar an der Ecke der 452. Straße und der Eight Avenue. Es war das erste Mal, dass wir hier vor Anker gingen, und auch das geschah nur durch Zufall, später allerdings behauptete Phil, es sei Schicksal gewesen.
***
Das Lokal war alles andere als vornehm, aber gepflegt und sauber. Die Gäste waren Nachbarn oder Leute, die hier bekannt zu sein schienen. Der Wirt hinterm Bierhahn war ein großer, ungehobelter Bursche mit dem Gesicht eines Babys. Neben ihm hantierte ein bildhübsches Mädel von ungefähr fünfundzwanzig Jahren. Sie hatte braunes Haar, braune Augen und einen Teint, als ob sie nicht in einer Kneipe, sondern irgendwo auf dem Land arbeite. Ihre Hände waren merkwürdig zart, ihr Lächeln angenehm und freundlich.
Wir setzten uns, und die Kellnerin fragte nach unseren Wünschen. Diese Kellnerin war bestimmt nicht viel älter als das Mädchen am Büfett. Sie hätte auch sehr hübsch sein können, mit ihren schwarzen Locken der brünetten Gesichtsfarbe und den blauen Augen, wenn sie nicht so abgespannt und verhärmt ausgesehen hätte. Wir bestellten unsere Drinks, die sie uns mit einem freundlichen Wort servierte, und dann stand sie an der Theke und flüsterte mit der Kollegin dahinter.
»Netter Laden«, sagte mein Freund. »Merkwürdig, wir sind doch hier schon tausendmal vorbeigefahren und in irgendeiner
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