0147 - Der Mann mit dem verbrannten Gesicht
Morgen telefonierte zuerst Mrs. Alfino. Sie wollte wissen, ob wir schon etwas festgestellt haben.
»So schnell geht das nicht«, antwortete ich.
»Ich bin so unglücklich«, seufzte sie. »Glauben Sie nicht, es geht mir wie Nick, der ja nur auf das Geld scharf ist, oder wie Esther. Wenn ich daran denke, der arme Mann könne wirklich Carter sein und er würde als Unbekannter in ein Armengrab verscharrt, so blutete mir das Herz.«
»Da weiß ich eine Ausweg, Mrs. Alfino. Übernehmen Sie auf alle Fälle die Bestattungskosten. Wir können ja die Leiche nicht solange aufheben, bis alle Feststellungen getroffen sind. Sie werden in jedem Fall ruhig und ohne Gewissensbisse schlafen.«
»Das würde ich ja so gerne tim, aber ich habe kein Geld dazu«, sagte sie weinerlich »Sie wissen ja, was ein anständiges Leichenbegräbnis heute kostet, und Smiton wird dafür bestimmt nichts herausgeben.«
»Ich werde einmal mit ihm reden«, versprach ich.
Mit dem was Lucy Alfino über die Kosten gesagt hatte, hatte sie gar nicht so Unrecht. Wenn man jemanden anständig unter die Erde bringen will, so muss man ein paar tausend Dollar dafür ausgeben. Neuerdings wird damit ein Haufen Geld gemacht. Allein das heute übliche Einbalsamieren, Präparieren, Zurechtmachen, Frisieren und Schminken der wehrlosen Leichen kostet ein kleines Vermögen.
Sofort versuchte ich mein Versprechen einzulösen. Ich stellte Smiton die Lage und die Gefühle von Mrs. Alfino dar und bat ihn, zu erwägen, ob er den Betrag für die Bestattung des Unbekannten nicht locker machen könne. Leider stieß ich auf eine schroffe Ablehnung.
»Mr. Alfino würde es mir nie verzeihen, wenn ich sein Geld für die Beerdigung irgendeines versoffenen Lumpen zum Fenster hinauswürfe. Außerdem können Sie sicher sein, dass seine Frau schauspielert. Während ihrer ganze Ehe haben die beiden Krach gehabt, und daran war, soviel mir bekannt ist, nur sie schuld. Wenn sie sich jetzt so aufspielt, so tut sie das nur, um Eindruck zu schinden und vielleicht auch, um dabei etwas zu verdienen. Ich traue diesen Leuten alles zu, wenn es um Geld geht.«
Ich war ärgerlich. Dieser aufgeblasene Bursche tat so, als ob die fast dreieinhalb Millionen, die er zu verwalten hatte, sein eigenes Geld wären. Wie ich Carter Alfino taxierte, so hätte er höchstens gegrinst,wenn er eines Tages zurückgekommen wäre und hätte hören müssen, seine trauernde Witwe habe einen anderen an seiner Stelle mit allem Pomp unter die Erde bringen lassen. Leute wie Alfino haben gewöhnlich einen unverwüstlichen Humor, etwas was dem Attorney at Law Smiton vollkommen abging.
»Dann werde ich also die Leiche solange im Schauhaus lassen, bis wir sie identifiziert haben«, erwiderte ich.
»Und Sie können sich darauf verlassen, Mr. Smiton, wir werden sie identifizieren«
»Dann geben Sie sich nur recht viel Mühe«, lachte er, »Ich bin nicht so sicher.«
»Ich umso mehr. Es ist nur eine Frage weniger Tage, bis wir das Krankenhaus gefunden haben werden, in dem dieser ganz außergewöhnliche Schädelbruch behandelt wurde. Es müssen ja schließlich Röntgenbilder vorhanden sein.«
Einen Augenblick blieb es still, und dann sagte er.
»Da wünsche ich Ihnen recht guten Erfolg.«
Am folgenden Vormittag um elf Uhr -wir hatten nichts Besseres zu tun und waren überdies ungeduldig - holte ich meinen Jaguar vom Parkplatz, und wir suchten Lieutenant Crosswing heim.
»Ihr kommt mir gerade recht«, bellte er. »Ihr könnt euch gleich ins Archiv verfügen und Akten wälzen. Fünf Mann suchen nach eurem Schädelbruch, und nur der liebe Gott weiß, ob sie ihn überhaupt finden.«
»Nur die Ruhe«, griente Phil. »Es wird schon schiefgehen.«
»Ich habe übrigens über die Mitglieder der Familie Alfino Erkundigungen eingezogen«, berichtete der Lieutenant. »Nick ist ein Bummler, Säufer und Frauenheld, wenigstens soweit seine Mittel reichen. Wenn sie nicht mehr reichen, so pumpt er. Er steht bei einem bekannten Wucherer mit zwanzig Grand in der Kreide. Alles ä conto Erbschaft, Und wenn Alfino wirklich nicht mehr auftaucht und er auf diese Erbschaft noch acht Jahre warten muss, so wird er genau das Achtfache zurückbezahlen müssen.«
»So ein Geschäft möchte ich auch haben«, meinte ich. »Das lohnt sich wenigstens und ist nicht lebensgefährlich.«
»Letzteres möchte ich hoch dahingestellt lassen«, widersprach Crosswing. »Innerhalb des letzten Jahres sind nicht weniger als sechs dieser Blutsauger umgebracht
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