0147 - Der Mann mit dem verbrannten Gesicht
Reflexbewegung, von der sie selbst nichts wusste.
»Ich kenne Sie doch«, überlegte sie. »Ich habe Sie doch schon geschehen. Doch, sind Sie nicht einer meiner beiden Gäste von gestern Abend?«
»Ja, Mrs. Man.«
»Und wie kommen Sie hierher?«
»Das werde ich Ihnen erklären, wenn Sie ein Tasse Kaffee getrunken haben. Ich will Ihnen in gewisser Beziehung helfen.«
Sheyla kam mit der dampfenden Kanne und nötigte auch mich zu trinken. Etwas zu essen, lehnte Martha ab, aber sie akzeptierte eine Zigarette, deren Rauch sie hastig einsog.
Bei der zweiten Tasse Kaffee fragte ich: »Mrs. Man, wissen Sie, wer Ihren Mann so hasste, dass er ihn hätte töten können?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Töten… Nein. Wer sollte wohl Grund haben, Bugsie zu töten? Auch bei der Polizei hat man mich danach gefragt. Ich weiß es nicht, und es ist mir auch gleichgültig.« Tränen standen in ihren Augen. »Für mich zählt nur eines, und das ist, dass er tot ist.«
»Ich kann es begreifen, aber haben Sie denn nicht den Wunsch, dass der Mörder zur Verantwortung gezogen wird? Wer einmal mordet, tut das auch öfter. Die Menschheit muss vor solchen Kreaturen geschützt werden.«
»Bitte, nimm dich zusammen, Martha«, bat Sheyla und legte ihr den Arm um die Schultern. »Du musst dir einfach Mühe geben und deshalb helfen, damit Bugsies Mörder gefasst wird.«
»Dadurch wird er nicht mehr lebendig.«
»Nein, aber der Verbrecher muss unschädlich gemacht werden. Der Kerl läuft mit einer Pistole herum, und vielleicht ist er ein Irrer.«
»Aber ich habe doch keine Ahnung wer das ein könnte. Ich kannte auch Bugsies Freunde nicht und noch weniger seine Feinde, wenn er welche hatte. Für mich zählt er nur, mit seinen vielen Fehlern und seinen wenigen guten Eigenschaften.«
»Ich weiß das, Darling, aber trotzdem. Du musst dich anstrengen. Denke nach. Irgendetwas wird dir einfallen.«
Die Antwort war nur ein eigensinniges Kopfschütteln.
Die Frau hatte sich in ihre sicherlich eingebildete Liebe zu dem toten Gangster so verrannt, dass es eines Schocks bedurfte, um sie aufzuwecken. Ich beschloss das Risiko einzugehen.
»Sie haben mich vorhin gefragt, wieso ich hier bin«, sagte ich. »Ich will Ihnen das beantworten. Ich bin das, was man im Allgemeinen einen G-man nennt, ein Beamter der Bundespolizei, der den Auftrag hat, den Mörder ihres Mannes zu fassen. Ich weiß noch nicht, wer dieser Mörder ist, aber es ist mir bekannt, warum die Tat begangen wurde.«
In ihren Augen sah ich den Schrecken und die Angst, nicht die Angst des schlechten Gewissens, sondern die der gejagten Kreatur, die vor dem Jäger flüchtet und nicht weiß, wohin sie sich verkriechen soll. Aber ich durfte kein Mitleid haben.
»Haben Sie in den letzten Tagen Zeitung gelesen?«
Sie nickte.
»Ja.«
»Dann wissen Sie von dem unbekannten Toten, der in Kew Gardens gefunden wurde. Dieser Tote hatte eine von einem Schädelbruch herrührende Narbe. Um ihn identifizieren zu können, wurde bei den Krankenhäusern nachgefragt. Der Mörder des Mannes erfuhr das und beauftragte Bugsie, die Röntgenbilder dieser Narbe im Flower-Krankenhaus zu stehlen. Aus irgendeinem Grund, den ich nicht kenne, verlor Ihr Mann den Kopf und stach die Röntgenschwester nieder. Als er die Bilder dann ablieferte, erschoss ihn sein Auftraggeber, um sich eines lästigen Mitwissers zu entledigen.«
»Nein«, schrie sie auf, »nein, das hat Bugsie nie getan.«
»Zufällig wissen wir es genau. Ein Zweifel ist nicht möglich.«
Sie gab keine Antwort, aber ich fühlte, dass sie sich dagegen sträubte, mir zu glauben.
Die Türklingel schepperte. Sheyla wollte auf stehen, aber Martha Man kam ihr zuvor. Für eine kurze Sekunde war ein hoffnungsvolles Licht in ihren Augen gewesen, wahrscheinlich hatte sie sich eingeredet, alles sei nur ein böser Traum und ihr Mann werde reuig wie nach mancher seiner Sauftouren vor der Tür stehen. Dann verschwand das Leuchten wieder, aber sie ging nach draußen.
»Ein Brief«, hörten wir den Postbeamten sagen, und dann klappte die Tür.
Wir hörten Martha in die Küche gehen, von wo sie nach zwei Minuten zurückkam. Dann klappte eine andere Tür.
»Sie ist im Schlafzimmer«, sagte Sheyla. »Ich glaube, es ist besser, wenn ich nach ihr sehe.«
Dann kamen beide Frauen zurück.
»Es war nur der Briefträger«, sagte sie, »eine Reklame, sonst nichts.«
Jetzt erst fiel mir wieder auf, wie erbärmlich sie aussah.
»Ich will mich verabschieden. Mrs Man«,
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