0147 - Der Mann mit dem verbrannten Gesicht
er einen triftigen Grund haben. Ich fasste Martha, die dem Zusammenbruch nahe war, unterm Arm und schleppte sie mit. In letzter Sekunde schob mir der Wirt eine halbe Flasche Cognak in die Tasche. Ich wusste wozu.
Das Büro war klein, Es standen nur ein Schreibtisch, ein Stuhl und ein Sessel darin. Dahinein schob ich Martha Man. Sie flog am ganzen Körper und weinte. Ich sah mich um. Neben mir stand ein Cocktailglas. Es war gebraucht, aber das rührte mich nicht. Ich goss es halb voll Cognak und zwang sie, es auszutrinken.
»Und jetzt reißen Sie sich zusammen. Was ist los?«
»Wir müssen Sheyla retten«, stammelte sie. »Der Killer hat sie in seiner Gewalt.«
»Was hat Sheyla mit einem Killer zu schaffen? Wenn Sie erzählen wollen, so beginnen Sie am Anfang.«
Sie fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar, presste die Fäuste gegen die Schläfen .und versuchte zu sprechen, aber die Stimme versagte ihr.
»Wenn Sie jetzt nicht reden, so haue ich ihnen rechts und links ein paar herunter, vielleicht wirkt das.«
Das war starker Tabak, aber wenn ich nicht noch lange kostbare Zeit versäumen wollte, so musste ich grobes Geschütz auffahren. Nur ein Schock konnte ihren offenbar verwirrten Geist wieder in Ordnung bringen. Ich hob die Hände und hätte sie tatsächlich geohrfeigt, aber sie kam mir zuvor.
»Bitte«, sagte sie und wies auf das leere Glas.
Ich goss es nochmals voll, und sie stürzte den Inhalt hinunter. Das Zittern hörte auf.
»Bugsie hat die Röntgenbilder gestohlen«, stieß sie hervor.
»Das weiß ich, und er hat dabei die junge Schwester ermordet. Wer hat die Bilder bekommen?«
»Niemand«, stammelte sie, griff in die Tasche und warf einen zerknitterten Briefumschlag, der an Mr. Bugsie Man adressiert war, vor mich hin. »Da sind sie.«
»Sind Sie des Teufels, Martha? Wie kommen Sie daran?«
»Er muss sie an dem Tag, an dem er erschossen wurde, an sich selbst adressiert und in den Briefkasten geworfen haben. Der Brief kam an, während Ihr Kamerad bei mir war.«
»Und Sie haben das verschwiegen. Sie haben damit verhindert, dass die Untersuchung weitergeführt werden konnte. Man nennt so etwas Komplice nach der Tat, und es steht Zuchthaus darauf.«
»Ich tat es ja nur wegen Bugsie«, weinte sie.
Da hatte doch diese dumme Frau in ihrer Affenliebe zu dem toten Gangster Himmel und Hölle durcheinander gebracht, aber es war keine Zeit, ihr Vorwürfe zu machen.
»Und dann?«, fragte ich.
»Jemand telefonierte und wollte die Filme. Ich sagte, ich hätte sie nicht, aber er wollte mir nicht glauben.«
»Wer war das?«
»Ein Mann, den ich nicht kannte.«
»Und kam er dann nicht, um sie zu holen?«
»Nein. Er forderte mich auf, heute Nachmittag um halb sechs in das Restaurant des Central Parks zu kommen und sie mitzubringen.«
»So…«, murmelte ich unwillkürlich, »darum also… Sie brauchen mir nicht mehr zu sagen, wer es war. Sie sind also nicht hingegangen, und Sie haben uns auch nichts davon gesagt. Sie haben tatsächlich Prügel verdient. Wir hätten den Kerl erwischen können.«
»Er behauptete, Sie könnten ihm nichts beweisen«, sagte sie gedrückt.
»Und das glauben Sie. Nun, jetzt weiß ich Bescheid, und wir haben nichts anders zu tim, als ihn festzunehmen.«
»Wenn es bis dahin nicht zu spät ist. Er hat Sheyla in seiner Gewalt und sagte, er würde sie umbringen.«
»Immer mit der Ruhe, Martha. Warum sollte er Sheyla ermorden? Wenn Sie es noch wären, so könnte ich das begreifen. Wenn er Sie bedroht hätte, so wäre das zu verstehen.«
»Sie verstehen gar nichts«, schrie sie heftig. »Der Kerl ist ein Verrückter. Zuerst sagte er am Telefon, er würde mich umbringen, wenn ich ihm die Filme nicht übergebe aber ich war meiner Sache so sicher. Ich war sicher, er würde mir nichts tun können. Hier im Lokal ist Pete, und der würde mich auch nach Hause bringen. Ganz abgesehen davon, dass ich nur um Hilfe zu schreien brauchte, habe ich ein Sicherheitsschloss an der Tür. Ich sagte ihm das auch und da rief er vorhin an und erklärte mir, er habe sich statt meiner Sheyla geholt und würde sie töten. Vielleicht komme ich dann zur Besinnung. Er sagte auch, er tue das, weil er wisse, wie sehr wir aneinander hingen, und ich müsse eine Strafe haben. Der Mann ist ein Irrer«, schrie sie. »Um Gottes willen, helfen Sie Sheyla.«
Sheyla hatte sich an diesem Abend verspätet. Es war das erste Mal, seit sie bei Pete O’Killy arbeitete, und darum beeilte sie sich. An der Kreuzung
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