0147 - Der Mann mit dem verbrannten Gesicht
tranken. Offenbar hatte der Bursche neben seiner hübschen Frau noch andere Göttinnen. Aber auch er war gegen halb sieben im Haus. Christabel war nach dem Besuch ihrer Schwester nicht ausgegangen.
Das war die Situation, als wir um halb sechs das Office verließen. Wenn irgendetwas von Bedeutung hereinkam, so würde einer von uns das bestimmt erfahren.
»Eigentlich ist es schade, bei dem schönen Wetter zu Hause zu sitzen«, meinte Phil.
»Wieso, hattest du etwas vor?«, forschte ich.
»Das ist zuviel gesagt, aber mir kam gerade der Gedanke einmal in die ›Crossroad Bar‹ zu gehen.«
»Bei Martha Man wirst du wenig Glück haben, wenn sie überhaupt da ist.«
»Ich meinte auch etwas ganz anderes. Ich wollte mich einmal wieder mit Sheyla unterhalten.«
»Sieh da, stille Wasser sind tief«, neckte ich. »Du wirst mir doch keine Geschichten machen. Verheiratete Männer sind im Außendienst des FBI unerwünscht.«
»Bei dir piept’s wohl«, lachte er. »Wenn ich mich mit einem netten Mädchen unterhalten will, so heißt das doch noch lange nicht, dass ich beabsichtige zu heiraten.«
»Dann tu deinen Gefühlen keinen Zwang an. Ich will mich gerne opfern. Wenn ich dich brauche, so weiß ich ja, wo du bist.«
Ich fuhr meinen Freund noch bis vor die Tür und widerstand mannhaft der Versuchung, ihn zu begleiten. Ich hatte so das Gefühl, ich würde im Lauf des Abends noch gebraucht.
***
Bericht von Phil Decker:
Als ich die »Crossroad Bar« betrat, sah ich zu meiner Enttäuschung nichts von Sheyla. Offensichtlich war sie noch nicht gekommen.
Martha Man servierte gerade ein frühes Dinner, und ich konnte ihr ansehen, dass sie noch lange nicht wieder auf dem Damm war. Sie war blass und zerstreut. Pete O’Killy stand hinter der Theke und tat das, was gewöhnlich Sheylas Amt war. Als Martha an meinen Tisch trat, lächelte sie schwach. Ich bestellte ein Bier und fragte beiläufig nach Sheyla.
»Noch nicht da«, sagte sie merkwürdig kurz und war wieder weg.
Das Bier kam, und ich bat um eines der ausgezeichneten Steaks. Sie gab die Bestellung weiter, kümmerte sich aber nicht mehr tun mich. Sie stand in der Ecke und nagte an ihrer Unterlippe. Dann flüsterte sie mit dem Wirt, der lachend den Kopf schüttelte.
Es wurde acht - ich hatte mein Dinner längst vertilgt -, und ich war neugierig, wann Sheyla nun auftauchen werde aber ich wartete umsonst. Martha Man schien immer nervöser zu werden. Wenn sie nicht gerade bediente, so hingen ihre Augen an der Eingangstür. Wahrscheinlich wartete auch sie ungeduldig auf die Kollegin und Freundin.
Ich trank ein zweites, ein drittes und ein viertes Glas Bier, tat so, als ob ich in die Times vertieft sei und beobachtete Martha. Sie war womöglich noch blasser als zuvor, und ihr Gesicht zuckte. Wiederholt überhörte sie, wenn ein Gast sie rief. Auch O’Killy schien sich Gedanken über sie zu machen. Ein paarmal sah er sie von der Seite an und hob die Schultern, als wolle er sagen: Da kann man eben nichts machen.
Als Martha mir das fünfte Bier brachte, fragte ich nochmals nach Sheyla. Ein paar rote Flecken erschienen auf ihren Wangen. Sie öffnete den Mund, aber schloss ihn wieder ohne ein Wort zu sagen. Ihre Augen waren nass, und ich sah, wie sie sie verstohlen abwischte. Dann klingelte das Telefon.
Es war zehn Uhr zwanzig. O’Killy meldete sich, zog die Brauen zusammen und rief: »Martha, für dich.«
Sie rannte nach der Telefonzelle. Es dauerte keine zwei Minuten, bis sie zurückkam, und ich hatte den Eindruck, dass ihre Beine ihr nicht gehorchen wollten. Wenn sie vorher bleich gewesen war, so war ihr Gesicht jetzt grau.
»Na, war das Sheyla?«, rief O’Killy.
Sie rannte hinter die Tonbank, packte ihn am Arm und flüsterte in höchster Erregung. Ich sah ihn zuerst lächeln, und dann wurde sein Gesicht ernst. Er blickte zu mir herüber und sagte etwas. Jetzt packte sie ihn mit beiden Händen am Handgelenk, aber er schüttelte den Kopf, und winkte mir. Mit zwei Schritten war ich drüben.
»Nehmen Sie das Mädel mit in mein Büro, hier die Tür«, sagte er. »Nein, Martha. Du kannst dieses Spiel nicht weiter treiben. Nur um das Andenken deines Mannes hochzuhalten, kannst Du nicht riskieren, dass ein Killer frei herumläuft. Übriges, damit wir klar sind, an Bugsies Renommé kannst auch Du nichts ändern. Er war ein Lump, er starb als Lump, und Du bist verzeih mir das, die einfältigste Gans, die mir je begegnet ist.«
Wenn Pete O’Killy so grob wurde, dann musst
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