0148 - Das Elixier des Teufels
doch etwas hinderte sie daran, den Vorschlag anzunehmen.
»Es geht nicht«, sagte sie. »Und zwar aus folgendem Grund. Beide Frauen kennen mich.«
»Daran haben wir natürlich auch gedacht«, lächelte Sir James Powell. »Deshalb wird ein perfekter Maskenbildner dafür sorgen, daß man Sie nicht mehr erkennt.«
»Und meine Stimme.«
»Die müßten Sie verstellen.«
Alle schauten Jane an und warteten gespannt auf ihre Antwort.
Die Detektivin überlegte nicht mehr lange. Obwohl sie wußte, daß sie sich in ein Nest mit zwei Klapperschlangen begeben würde, stimmte sie zu.
»Ich mache es!«
»Danke, das haben wir erhofft«, erwiderte Sir James.
»Nicht erwartet?«
»Ein wenig schon.«
»Sie sind wenigstens ehrlich«, sagte die Detektivin. »Wann soll ich anfangen?«
»Sofort.«
»Oh, dann hätte ich doch einige Sachen aus der Wohnung mitnehmen sollen.«
»Das erledigen wir«, sagte der Superintendent.
»Klar. Und welche Aufgaben haben Suko und Bill?« wollte Jane wissen.
»Die beiden werden sich in den nächsten Tagen ebenfalls im Gefangenenkeller befinden. Allerdings als freie Männer. Wir rechnen sehr stark damit, daß Dr. Tod schon bald zuschlägt.«
»Wie könnte er vorgehen?«
»Vielleicht schickt er den Nebel«, sagte Bill.
Jane erschrak. »Mein Gott, dann sind wir verloren.«
»Deshalb muß John auch so rasch wie möglich zurück. Nur sein Kreuz hilft dagegen.«
Obwohl Jane die Ereignisse in Grynexxa nicht persönlich miterlebt hatte, war ihr doch aus Erzählungen bekannt, wie gefährlich dieser Todesnebel war. Sie verdrängte das Thema einfach und fragte statt dessen: »Was haben Sie eigentlich mit der Lady X vor?«
»Ihr wird der Prozeß gemacht.«
»Aber Dr. Tod wird immer versuchen, Sie aus dem Zuchthaus oder Gefängnis zu befreien.«
Sir Powell gab Jane recht. »Deshalb hoffen wir ja auch, so schlimm es sich anhört, daß er es jetzt versucht und nicht erst später, wenn wir machtlos sind.«
»Das stimmt.« Jane fuhr mit der Zunge über ihre Lippen. »Diese Lady X ist verletzt oder?«
»Ja und nein«, antwortete der Superintendent. »Sie hat zwar einen Streifschuß am Kopf abbekommen, aber keine Gehirnerschütterung erhalten. Sie muß einen Schädel aus Eisen haben.«
»Das glaube ich auch.« Jane Collins stand auf. Ihr Lächeln fiel gequält aus, als sie sagte: »Okay, dann werde ich mal in den Knast gehen. Vielleicht gefällt es mir sogar.«
»Dann können wir dich ja als Aufseherin behalten«, sagte Bill.
»Danke, mein Job ist mir lieber.«
***
Als Claire Dickson 32 war, starb ihr sieben Jahre älterer Mann überraschend an einem Herzschlag. Claire stand mit dem zweijährigen Mädchen nun allein auf der Welt und mußte zusehen, daß sie ihre Tochter Angie und sich durchbrachte.
Nachdem die erste Trauer vorbei war und das Leben sie wieder hatte, erinnerte sich Claire an ihren Job, den sie vor der Ehe gehabt hatte. Sie arbeitete damals als Justizangestellte, und sie hoffte, diese Tätigkeit wieder aufnehmen zu können.
Leider fand sich für sie kein Platz. Man machte ihr aber den Vorschlag, sozusagen in den Außendienst zu treten. Im Untersuchungsgefängnis von Scotland Yard war gerade eine Stelle freigeworden, die neu besetzt werden mußte.
Claire Dickson bewarb sich. Und mit dem ihr angeborenen Ehrgeiz schaffte sie es tatsächlich, innerhalb von fünf Jahren die Leiter nach oben zu fallen.
Claire Dickson wurde Chefaufseherin im Untersuchungsgefängnis. Ihr unterstanden zwei weibliche Kräfte.
Sie verdiente gut und kam auch mit den Gefangenen einigermaßen zurecht. Nur bei diesen beiden Frauen, die man zusammen in eine Zelle gesteckt hatte, war alles anders.
Die eine hieß Viola Mandini, saß schon seit dem vergangenen Jahr und wartete auf ihren Prozeß. Sie war ein wenig der Brigitte-Bardot-Typ, nur mit roten Haaren.
Die andere, Barbara Scott, sollte eine gefährliche Terroristin gewesen sein. Und das glaubte Claire Dickson sogar, denn sie hatte noch nie in ihrem Leben eine Frau gesehen, die solch gnadenlose Augen besaß. Unter ihrem haßerfüllten Blick konnte man frösteln. Claire war es auch verboten, die Zelle zu betreten, das Essen wurde durch eine Klappe in der Tür gereicht. Oft rührten es beide Frauen nicht an.
Und jetzt sollte noch eine dritte Person in die Zelle gelegt werden.
Claire Dickson, die im Keller einen kleinen Raum mit Schreibtisch, Telefon und einem schmalen Aktenschrank besaß, hatte die Unterlagen der Neuen gerade vor sich liegen, als diese
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