0148 - Die Stadt der Ungeheuer
von sämtlichen Orten, in denen gleichzeitig die Uraufführung angelaufen war, wurde das Gleiche gemeldet.
Zamorra beschloß, mit seinem Amulett in die Vergangenheit zu reisen und zu versuchen, die Herstellung des Filmes, durch den das Unheil unter die Menschen gebracht worden war, zu verhindern. Doch offenbar war es ihm nicht gelungen, dieses Zeitparadoxon auszulösen. Als er zurückkam, wirkte er niedergeschlagen und hoffnungslos - und verändert! Er war härter geworden, fast abweisend. Nicole konnte nicht sagen, in welcher Richtung er sich weiterentwikkelte, aber zwischen ihnen war plötzlich eine Kluft entstanden. Zamorra strahlte Kälte aus.
Aber er sprach nicht über seine Erlebnisse in der Vergangenheit. Schwieg über das, was die Veränderung hervorgerufen hatte.
Nicole schluckte. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als würde Château Montagne durch die magische Abschirmung und die Dämonenbanner dem Grauen Einhalt gebieten. Doch dann war die Abschirmung zusammengebrochen. Bis auf Zamorra und Nicole, die sich im Kino unter dem Schutzschirm des Amuletts befunden hatten, waren alle Menschen im Schloß der Apathie-Seuche zum Opfer gefallen.
Wie soll das weitergehen? fragte sie sich. Zamorra muß etwas tun, er kann nicht einfach untätig verharren!
Auch das war ungewöhnlich, dieses stille Abwarten. Der Zamorra von früher hätte längst die Initiative ergriffen, alles Mögliche und Unmögliche ausprobiert. Aber jetzt - jetzt saß er meistens nur in seinem Arbeitszimmer und brütete vor sich hin.
Wieder fragte sich Nicole, was in der Vergangenheit geschehen sein mochte, daß er eine solche Veränderung erlebte. Doch sie konnte die Wahrheit nicht einmal ahnen!
Es mußte etwas geschehen!
Mit einem Ruck setzte sie sich in Bewegung und suchte seinen Arbeitsraum auf. Ohne anzuklopfen trat sie ein und sah ihn in einem der niedrigen Sessel sitzen. Er sah auf, und sie las in seinen Augen etwas, das sie nicht zu deuten wußte.
»Setz dich«, sagte der hochgewachsene, sportlich und dynamisch wirkende Mann mit den grauen Augen und deutete auf den Sessel neben ihm. »Sherry?«
So förmlich, als ob wir uns nicht kennen würden! dachte Nicole und ließ sich nieder. Das T-Shirt spannte sich über ihren Brüsten, als sie tief durchatmete. Sie schüttelte den Kopf. »Danke, Chef. Du weißt, was ich von dir will.«
Er nickte, stützte die Ellenbogen auf die Armlehnen seines Sessels und bildete mit den Unterarmen ein Dreieck, indem er die Fingerspitzen vor dem Gesicht aneinanderlegte.
»Ich soll etwas tun, soll eingreifen, soll handeln«, sagte er. »Das forderst du alle fünf Minuten, Nicole. Ich kann nichts tun. Mir sind die Hände gebunden.«
»Wie?« fragte sie blitzschnell. In ihren braunen Augen vergrößerten sich die goldenen Tupfer, die ihre Erregung anzeigten. Verriet Zamorra in diesem Augenblick etwas über sich selbst?
Er schwieg!
»Du willst nichts tun«, hielt sie ihm vor.
»Ich kann nicht«, widersprach er.
»Chef, du hast dich verändert«, sagte sie und erhob sich wieder. »Aber nicht zu deinem Vorteil.« Sie verließ den Raum. Zamorra sah ihrer schlanken Gestalt in der enganliegenden und gut nachformenden Kleidung nach.
Sie hat einen Verdacht, überlegte er. Ich muß vorsichtig sein.
Und er dachte an den Mann, nach dessen Körper er im Raumschiff der Vampir-Bestien geschaffen worden war. Der echte Zamorra würde vielleicht in diesem Moment schon Es’chaton, dem Herrscher, gegenüberstehen und gerichtet werden. [1]
Zamorras Doppelgänger im Château Montagne genoß diese Aussicht geradezu!
***
Der echte Zamorra genoß die Aussicht nicht, die sich ihm bot. Er war nicht in der Lage, etwas zu seiner Befreiung zu tun, obwohl er keine Fesseln trug, war er doch nichts mehr als ein Gefangener buchstäblich blutgieriger Bestien.
Vampire!
Vampire, die mit ihrem Raumschiff, einer silbern schimmernden Scheibe nicht unerheblichen Ausmaßes, das Raum-Zeitgefüge verlassen hatten und in eine andere Dimension eingebrochen waren.
Direkt aus dem Château Montagne hatten sie ihn entführt, als er von seiner Zeitreise zurückkehrte. Sie mußten auf ihn gewartet haben, und der Doppelgänger hatte den magischen Schirm um das Schloß zusammenbrechen lassen, um den dämonischen Kreaturen einer fremden Welt das Eindringen zu ermöglichen.
Jetzt brachten sie ihn zu Es’chaton!
Wer war Es’chaton?
Zamorra war sicher, den Namen des Dämons schon einmal irgendwo und irgendwann vernommen zu haben, war aber
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