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015 - Das Blutmal

015 - Das Blutmal

Titel: 015 - Das Blutmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lindberg
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Hexenseminaren.«
    Leonore setzte sich, zeigte auf einen Sessel.
    »Ich bleibe lieber stehen«, sagte Anna. »Nass wie ich bin, verderbe ich das gute Stück nur.«
    Leonore kam mühsam wieder hoch und stellte, einen Holzstuhl neben ihren Sessel. »An dem ist nichts zu verderben.«
    Die beiden Frauen setzten sich.
    »Und was erzählt Ihr Mann noch über mich?« fragte Anna aggressiv.
    »Nichts weiter. Nur von Ihrer verständlichen Neugier sprach er.« Sie sah zur Uhr auf dem Kamin. »Er ist sicher gleich zurück. Er holt nur ein Taxi. Bei diesem Dauerregen kann man sich wegen eines Taxis dumm und dusselig telefonieren.« Und in fast entschuldigendem Ton setzte sie hinzu: »Ich muss nämlich in die Klinik.«
    Anna reagierte nicht. Mit stummer Verbissenheit starrte sie unverhohlen auf den dicken Bauch der Hochschwangeren.
    Leonore irritierte der Blick des Mädchens.
    »Ist Ihnen nicht wohl?« fragte sie.
    »Warum sollte mir nicht wohl sein?«
    Sie zog das rote Halstuch fest und schwieg weiter.
    »Möchten Sie einen Kognak?« fragte Elonore. »Sie sind vollkommen durchnässt.«
    »Nein.« Kurz und schroff kam die Antwort. »Ich will nur Ihren Mann sprechen.«
    Leonore spielte verlegen mit ihrem langen braunen Haar, das zu einer Krone hochgesteckt war. Plötzlich beugte sie sich leicht vor, als ob ein Schmerz durch ihren Leib zuckte. Ihre blutleeren Hände umklammerten die lederne Sessellehne.
    »Ich glaube«, sagte sie schwach, »das sind die ersten Wehen.«
    Von Annas Lippen kam kein tröstender Zuspruch. Mit aufgerissenen Augen sah sie auf den Leib Leonores, und ihre Lippen bewegten sich wie bei einer lautlosen Beschwörung. Dann senkten sich ihre Lider, sie erschlaffte und atmete pfeifend aus.
    »Ich gehe wohl besser«, sagte sie monoton. »In dieser Situation störe ich bestimmt. Grüßen Sie Ihren Mann. Nein, bemühen Sie sich nicht! Ich finde auch allein hinaus.«
    Ohne jeden Gruß schritt sie aus dem Zimmer. Leonore hörte sie den Flur überqueren, die Haustür zufallen, die sich entfernenden Schritte im Garten. Sie fror und fühlte sich an ihren Platz gefesselt. Sie schloss die Augen und hatte Angst, unerklärliche Angst.
    »Liebster!« schrie sie, »Liebster, schnell! Hilf mir! Bitte!«
    Sie horchte in die Stille und verbarg den Kopf in den Händen.
    So traf Professor Idusch seine Frau an.
    »Was ist?« fragte er besorgt und zog sie sanft hoch. »Ich konnte das Taxi nicht schneller bekommen.«
    Leonore legte den Kopf an seine Brust. »Das ist es nicht.« Sie klammerte sich fest an ihn. »Wir hatten Besuch. Die Dori …«
    »Eben? Anna Dori? Was wollte sie?« Idusch stützte seine schwächer werdende Frau.
    »Dich wollte sie sprechen. Oh lass mich nicht wieder allein. Nie – nie! Versprich mir das!«
    Idusch streichelte den Rücken seiner Frau. »Hat sie dich aufgeregt?«
    »Ich hatte richtige Angst vor ihr, Liebster.« Sie lächelte verkrampft. »Du hast eben ein schwaches hysterisches Weib. Hysterie soll ja in diesem Stadium häufig Vorkommen.« Sie stützte sich auf seinen Arm. »Aber dass du sie so hübsch findest, begreife ich nicht. Mit ihren gelben Augen, dem dunklen Haar und der unnatürlichen Blässe wirkte sie direkt gespenstisch. Drei Bogen würde ich als Mann um sie machen.«
    Idusch tätschelte sie. »Das war nicht die Dori.«
    »Aber sie sagte es doch selbst!«
    »Die ist blond, hat lustige helle Augen, veilchenblau …«
    Draußen wurde kräftig gehupt.
    »Das Taxi«, sagte Idusch. »Steht dein Koffer im Flur?«
    »Ja, Liebster. Wenn doch bloß alles erst vorbei wäre!« Mit wilder verzweifelter Zärtlichkeit warf sie sich in seine Arme.
    »Ich träume doch immer so böse Sachen, Liebster«, stammelte sie. »Und in allen Träumen sah die Gefahr aus wie dieses Mädchen.«
    Idusch küsste seine Frau auf die Stirn. »Du darfst dich nicht aufregen. Morgen scheint wieder die Sonne.«
    Leonore schluckte schwer. »So wird es sein, Liebster. Du hast ein dummes Weib, das seinen Stimmungen nachhängt.«
    Im Flur nahm er das Gepäck auf. Dann verschloss er das Haus. Langsam führte er seine Frau zum wartenden Taxi. Als sie losfuhren, zeigte Idusch zum Rückfenster hinaus.
    »Sieh mal, Liebste, da kommt schon die Sonne!«
    Leonore wandte den Kopf. Der Wagen ging in die Kurve.
    »Ich sehe sie nicht«, sagte Leonore dumpf: »Ich hätte sie auch so gern gesehen.«
     

     
    Gerd Menz und Veit spielten Schach. »Du rennst ja direkt ins offene Messer!« Menz nahm seinen weißen Springer, stellte ihn auf die

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