015 - Die Augen des Dr. Schock
zurück.
Es funkelte leidenschaftlich in Mr. Silvers Augen. »Nein, mein Junge, solange noch ein Funken Leben in mir ist, gebe ich mich nicht geschlagen.«
»Wir sitzen in einer unangenehmen Klemme«, sagte ich.
»Wir kommen wieder raus, Tony!« behauptete Mr. Silver zuversichtlich.
»Weißt du, was ich befürchte?«
»Was?«
»Daß Esram Bannon das gesamte Wachsfigurenkabinett verseucht hat. Wir wissen, daß die Kristallmagie ihm soziemlich alles ermöglicht. Nun stell dir mal vor, er kommt auf die Idee, sämtliche Wachsfiguren mit schwarzen Seelen auszustatten.«
Mr. Silver erschrak. »Mal den Teufel nicht an die Wand, Tony.«
»Es hat keinen Sinn, den Kopf in den Sand zu stecken, Silver. Wir müssen mit einer solchen Möglichkeit rechnen.«
»Verflucht, dann haben wir aber keinen leichten Stand mehr. Wenn Bannon die gesamte Wachsfigurenmannschaft gegen uns antreten läßt, dann gute Nacht.«
Ich nickte mit finsterer Miene. »Du sagst es.«
Es war finster im Lager. Es gab zwar eine Deckenlampe, aber der Schalter dafür befand sich draußen, an den kamen wir nicht ran.
»Vielleicht gibt es eine andere Möglichkeit, hier rauszukommen«, sagte Mr. Silver ungeduldig. »Ich hasse es, eingesperrt zu sein.«
»Mir macht es auch nicht gerade großen Spaß.«
»Was mag Bannon inzwischen aushecken?«
»Wir werden es in Kürze erfahren. Er ist kein Typ, der etwas auf die lange Bank schiebt. Dieser Bursche wird uns noch einiges aufzulösen geben.«
Mr. Silver knirschte mit den Zähnen. »Ich hatte Gelegenheit, ihn fertigzumachen, als ich in seinem Haus war. Ich hätte es tun sollen. Statt dessen begnügte ich mich damit, die Kristallkugel kaputtzuschießen. Wenn ich geahnt hätte, was das für Folgen hat, hätte ich noch einmal abgedrückt.«
»Der Abend ist immer klüger als der Morgen«, sagte ich.
»Du hast völlig richtig gehandelt. Du konntest nicht wissen, daß es zu einer so gefährlichen Fortsetzung kommt. Esram Bannon war zu diesem Zeitpunkt noch ein Mensch. Wenn du ihn mit einer Kugel niedergestreckt hättest, wäre das einem Mord gleichgekommen. Deshalb hast du’s nicht getan.«
»Er war bereits von der Seuche des Bösen befallen.«
»Richtig, aber woher hättest du das wissen sollen?«
»Vielleicht wäre es mir aufgefallen, wenn ich noch im Besitz meiner übernatürlichen Fähigkeiten gewesen wäre.«
»Kann sein.«
»Ich muß mich so bald wie möglich zum Tunnel der Kraft begeben.«
»Ich werde dich dorthin begleiten.«
»Es ist eine gefährliche Reise, Tony.«
»Gefahren haben mich noch niemals abgeschreckt, das weißt du. Laß uns erst mal hier rauskommen und mit Esram Bannon abrechnen. Dann haben wir Zeit, uns auf diese andere Sache zu konzentrieren.«
Wir schritten durch den finsteren Raum. Mein Fuß stieß gegen etwas Weiches. Meine Kopfhaut zog sich zusammen.
Da lag jemand auf dem Boden. Ich ging sofort in die Hocke und tastete den Liegenden ab. Es war ein Mensch. Keine Wachsfigur. Ein Mann.
Harry Dean!
***
Sally Bingo packte das nackte Grauen, als sie die Augen des Dr. Schock erblickte. Wie zwei Tischtennisbälle hingen sie in der Luft und starrten das Mädchen durchdringend an.
Sie wollte einen entsetzlichen Schrei ausstoßen, doch kein Laut kam über ihre bebenden Lippen. Die unnatürliche Kälte fraß sich tief in ihre Glieder und lähmte sie. Sie war unfähig, sich zu rühren. Das warme Wasser strömte über ihren Körper, doch sie spürte die Wärme nicht. Nur Kälte.
Die Kälte des Todes!
Schlagartig hakte bei Sally das Bewußtsein aus. Sie hatte keinen eigenen Willen mehr, konnte nur noch den Befehlen des teuflischen Augenpaares gehorchen. Der Zwang des Bösen war übermächtig. Sally Bingo war nicht in der Lage, ihn abzuschütteln. Sie fühlte sich von ihm gepackt und angetrieben.
Ein erster Auftrag erreichte sie.
Von diesem Moment an konnte sie sich wieder bewegen.
Das Werkzeug der Hölle begann zu arbeiten!
Sally Bingo drehte die Dusche ab. Sie verzichtete darauf, in den Bademantel zu schlüpfen. Nackt verließ sie das Bad.
»Sally!« rief Sig Dobie ungeduldig. »Sag mal, wie lange soll ich denn noch auf die warten? Bist du jetzt endlich fertig?«
Ein anderer Geist wohnte nun in ihr. Er ließ sie grausam grinsen. Sig wollte, daß sie zu ihm kam. Gut, sie wollte ihn nicht mehr länger warten lassen. Aber er würde sein blaues Wunder erleben.
Ohne einen Faden am Leib durchschritt sie den Living-room. In der Tür blieb sie stehen, und jetzt umspielte ihren
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