0152 - Der Tod aus der Urne
Sorensen.
Er saß mitten auf dem Geleise. Sein Gesicht war dem herandonnernden Zug zugewandt. Er konnte sich nicht bewegen.
Rex Atlan, der Penner, fiel Zamorra ein. Bei ihm war es genauso gewesen. Sorensen war gelähmt. Aber sein Geist blieb noch intakt.
Er sah den Zug auf sich zurasen, wußte, was passieren würde, vermochte aber nichts dagegen zu unternehmen.
Eine teuflische Art, ihn zu beseitigen!
***
Zamorra stürmte vorwärts.
Dem Zug entgegen. Die grellen Lichter der Lokomotive stachen ihm blendend in die Augen. Er konnte kaum sehen, wohin er trat. Schweißüberströmt erreichte er den auf den Schwellen sitzenden Magier.
Der Zug wuchs wie ein schnaubendes Monstrum, das sie beide vernichten wollte, in die Höhe. Zamorras Hände verkrallten sich in Sorensens Kleider. Er zerrte ihn hoch. Sein Herz raste wie verrückt. Es ging um Zehntelsekunden.
Mit aller Kraft stieß Zamorra sich von den Schwellen ab.
Er flog zur Seite.
Das donnernde Ungestüm raste an ihnen vorbei. Zamorra rollte mit Sorensen die Böschung hinunter, knallte mit dem Kopf hart auf die Straße, war benommen, ließ den Magier aber immer noch nicht los.
An die fünfzig Waggons ratterten an ihnen vorbei.
Dann kam die Stille. Wohltuend. Beruhigend. Kräftigend.
Und Zamorra lag da mit dem Mann, den er im Verdacht gehabt hatte, er könne für den Spuk in der Goldstoneschen Familienpension verantwortlich sein. Er war nun selber ein Opfer dieses Spuks geworden.
Die Spreu hatte sich buchstäblich selbst vom Weizen getrennt. Zamorra begann klar zu sehen.
Etwas mühsam rappelte er sich auf. Seine Glieder schmerzten. Er hatte ein paar blaue Flecken abbekommen, aber was macht das schon. Er hatte Sorensen das Leben retten können. Das allein zählte.
Er lud den verkrampften Körper auf den Handkarren und machte sich auf den Weg.
In dieser Nacht landete Sorensen in derselben Klinik wie Atlan.
Und wiederum standen die Ärzte vor einem Rätsel…
***
Nach dem üppigen Frühstück erhob sich James Shreiner.
Ron Samuels war mit seinem Privatflugzeug nach Birmingham hinübergeflogen. Er hatte da eine wichtige Konferenz abzuhalten. Barbara legte die Stoffserviette neben den Teller.
James kam um den großen Tisch herum, an dem sie sonst immer zu dritt saßen.
Verwundert sagte er: »Du hast überhaupt nichts angerührt, mein Schatz. Was ist los mit dir? Keinen Appetit?«
Barbara schob die Gabel nervös hin und her. Sie blickte ihrem Mann nicht in die Augen, konzentrierte sich vollends auf die Gabel.
»Mußt du heute das Haus verlassen, James?« fragte sie leise.
Der junge Architekt lächelte. »Ich bitte dich, was soll die Frage, Liebling? Du kennst meinen Stundenplan. Ich muß mich wieder mal am Bau zeigen, möchte mich an Ort und Stelle vom Fortgang der Arbeiten überzeugen.«
»Das muß doch nicht sein, James.«
»Aber natürlich muß das sein. Das gehört mit zu meinen Aufgaben, du weißt das doch, Barbara.«
Die zarte Frau nahm die Hand von der Gabel. Jetzt schaute sie ihren Mann an. James erschrak. Barbaras Miene war so sorgenvoll, wie er es noch nie erlebt hatte.
»Mein Gott, Darling, was hast du denn?« fragte Shreiner seine zierliche Frau. Er trat zu ihr und legte seinen Arm um ihre Schultern. »Du zitterst ja«, stellte er erschrocken fest. »Ist dir nicht gut? Fühlst du dich nicht wohl? Bist du krank?«
Barbara schüttelte den Kopf. »Nein, James. Krank bin ich nicht.«
»Was hast du dann?«
»Angst, James. Ich habe Angst.«
»Wovor denn?«
»Ich habe Angst um dich.«
»Das ist doch unsinnig, Barbara. Um mich brauchst du dich nicht zu sorgen. Mit mir ist alles bestens. Ich bin okay.«
Barbara schaute an ihrem Mann vorbei. »Du darfst jetzt nicht lachen, James…«
»Warum sollte ich?«
»Ich… ich hatte einen furchtbaren Traum. Ich sah dich sterben. O James, es war so schrecklich. Ich konnte dir nicht helfen. Es lief vor meinen Augen ab wie ein Film, den man nicht aufhalten kann. Es passierte so entsetzlich realistisch… Ich bitte dich, James, bleib heute lieber zu Hause. Es gibt gewisse Vorahnungen. Sag bitte nicht, daß das Unsinn ist. Manchmal gibt es so etwas. Man sollte solche Warnungen nicht unbeachtet lassen.«
James schaute verstohlen auf seine Armbanduhr. Er war schon spät dran, mußte dringend weg, wollte sich aber nicht zu schnell von Barbara losreißen.
»Sieh mal, Darling, ich würde dir diesen Gefallen ja gern tun, aber das ist leider nicht möglich. Ich werde auf der Baustelle erwartet…«
»Ruf an
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