0157 - Wer mit Gedanken töten kann
»Nein, mein Lieber, du wirst Pech haben. Er ist stärker als du. Viel stärker, glaub mir das.«
Der Mann verzog die Mundwinkel. »Ich hoffe, es kommt der Tag, wo ich dir beweisen kann, dass du unrecht hast.«
Sie schüttelte nur den Kopf und bat dann, das Fenster zu schließen, weil sie fror.
Malligan kam dem Wunsch nach.
Sie hockten in der Küche an dem alten Tisch. Eine Eckbank stand dahinter und vor dem Tisch zwei Stühle. Kirk Malligan wollte den Fernseher anschalten, doch die Frau schüttelte den Kopf.
»Lass es bitte.«
»Ich wollte dich ja nur ablenken.«
»Nein, nein…«
Als Ersatz nahm Malligan den großen Aschenbecher und leerte ihn. Als er sah, wie viele Kippen in den Eimer rollten, schüttelte er den Kopf. Mit einem heftigen Ruck stellte er das gläserne Gefäß wieder auf den Tisch, über dessen Platte eine Plastikdecke lag.
»Ich habe Durst«, sagte Elaine mit rauer Stimme.
»Willst du ein Bier?«
Sie nickte.
Kirk Malligan brachte sich selbst auch eine Flasche mit. Es war Exportbier aus Germany.
Malligan hatte es unter der Hand bekommen und nur wenig bezahlt. Die Käufer hatten das Zeug sicherlich gestohlen.
Das Bier schäumte in die Gläser. Dann tranken sie.
Beide leerten ihr Glas mit einem Zug.
»Das tat gut«, stöhnte Kirk, und seine Freundin pflichtete ihm nickend bei. Malligan wollte noch einmal nachschenken. Er hatte die Flasche schon in der Hand, als es schellte.
Beide erstarrten.
Die Frau wurde blass und schaute zu dem stehenden Kirk Malligan hoch. »Das ist er.«
»Wer?«
»Jerry!«
»Woher willst du das wissen?«
»Wer sollte uns sonst besuchen?«
»Das stimmt auch wieder.« Als es zum zweitenmal schellte, stellte Kirk Malligan die Flasche zur Seite, reckte seine Schulter vor und sagte: »Ich öffne.«
»Nein!«
Fast panikartig wurde der Schrei ausgestoßen, und Kirk zuckte regelrecht zusammen.
»Wieso?«
Elaine Peters rutschte hinter dem Tisch hervor. »Ich gehe. Mich kennt er. Vielleicht kann ich ihn abwimmeln Wenn er dich sieht, dreht er womöglich noch völlig durch.«
»Meinetwegen.«
Elaine hastete durch die Küche. Mit fahrigen Bewegungen strich sie das Haar zurück. Sie erreichte die kleine Diele, als die Glocke zum drittenmal Anklang.
»Ja, ja, ich komme schon!« rief sie und presste ihre Hand gegen den wogenden Busen.
Das Herz trommelte überlaut. Sie spürte den Schweiß und hatte große Angst.
Mit einem Ruck riss sie die Tür auf.
Mit allem hatte sie gerechnet, sogar mit einem tödlichen Schuss, nur nicht mit dem Anblick des fremden Mannes vor ihrer Tür.
»Guten Tag«, sagte der Mann. Automatisch gab Elaine eine Antwort.
Dann fragte sie: »Wer… wer sind Sie?«
»Darf ich reinkommen?«
Elaine musterte den Fremden. Er trug einen dunkelgrünen Ledermantel und eine Baskenmütze auf dem Kopf. Sein Gesicht war rund, die Wangen pausbäckig, die Nase klein. Die Augen fielen höchstens wegen ihrer blassen Pupillenfarbe auf, und der Mund kam Elaine irgendwie viel zu weich vor.
»Ich kenne Sie nicht!«
»Das wird sich ändern. Es wäre besser, wenn Sie mich hereinlassen würden. Auch in Ihrem Interesse, glauben Sie mir.«
Elaine warf einen Blick über die Schulter zur Küche hin, deren Tür offenstand. Sie wusste ehrlich gesagt nicht, was sie machen sollte. An diesem Besucher irritierte sie vieles, vor allen Dingen aber seine harte Aussprache.
Als sie ihn wieder anschaute, hatte er eine Hand, die rechte, aus der Manteltasche genommen. Und jetzt wies die Mündung einer Pistole auf Elaine.
Die Frau zuckte zusammen und öffnete den Mund.
»Keinen Laut!« zischte der Fremde.
Da erschien Kirk Malligan. Er kam aus der Küche. Genau in dem Augenblick, als der Fremde die kleine Diele betrat und die Wohnungstür zudrückte.
Sofort schwenkte er den Arm, so dass die Waffe jetzt auf Malligan wies. Der blieb stehen.
»Es ist nur zu Ihrer eigenen Sicherheit«, sagte der Fremde und lächelte spröde.
Elaine warf Kirk einen hilfesuchenden Blick zu. Sie wusste nicht, was sie machen sollte, aber auch Malligan fühlte sich plötzlich nicht mehr wohl in seiner Haut.
»Gehen Sie bitte in die Küche«, verlangte der Fremde. »Und unternehmen Sie nichts, was Ihnen gefährlich werden könnte. Ich wäre dann gezwungen, zu schießen.«
»Was wollen Sie?« keuchte Malligan. »Das sage ich Ihnen später. Ich möchte Ihnen aber jetzt schon mitteilen, dass wir im Prinzip keine Feinde sind. Im Gegenteil, ich suche Leute, die mitmachen. Ich bin sogar gekommen; um
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