016 - Das Dämonenauge
näher. Sie bildeten einen Halbkreis um die drei.
»Jeder Widerstand ist sinnlos«, sagte einer von ihnen. Er trat einen Schritt vor und hob seine Machete. »Wirf die Waffe weg!«
Hunter wußte, wann er verloren hatte. Bei einem Kampf mit diesen riesigen Kerlen mußte er unterliegen. Es war besser, sich gefangennehmen zu lassen und auf eine Chance zu warten.
Er ließ die Machete fallen und sah Vali an, die seinen Blick erwiderte. Ihr Gesicht war verändert. Ihre Augen glänzten spöttisch im Schein der Fackeln, dann lächelte sie zufrieden.
Die Voodooleute fesselten Hunter und Parker die Hände. Zwei Männer wichen nicht von ihrer Seite. Nur Vali konnte sich frei bewegen. Sie kehrten zu den fünf Hütten zurück. Von Jorubina und ihren Leuten war nichts zu sehen, doch der Boden war an vielen Stellen mit Blut getränkt. Hunter konnte sich lebhaft vorstellen, was geschehen war. Marassas Leute waren als Sieger aus dem erbitterten Kampf hervorgegangen. Vor dem hochlodernden Feuer waren zwei Pfähle in den Boden gerammt worden.
Parker wurde von zwei Farbigen in eine Hütte gezerrt, während der Dämonenkiller mit feuchten Lederriemen an einen der Pfähle gebunden wurde. Mehr als fünfzig Schwarze standen um das Feuer und ließen Hunter nicht aus den Augen. Einige Männer trugen drei Trommeln aus einer Hütte und stellten sie hinter Hunter ab.
Die Chancen, daß sie aus diesem Schlamassel herauskamen, standen schlecht. Dorian hatte nur einen Trumpf in der Hand, und der konnte möglicherweise ins Auge gehen.
Dumpf dröhnten die Trommeln. Es klang wie das Schlagen eines gewaltigen Herzens. Zwei Männer traten aus Jorubinas Hütte. Einer hielt die Statue, die den Schlangengott Damballa darstellte, zwischen den Fäusten. Das Götzenbild wurde vor Hunter auf den Boden gestellt. Die zwei Rubinaugen glühten. Das Trommeln wurde lauter. Dorian starrte die Figur an. Die leere Augenhöhle füllte sich langsam. Ein schleimiges Etwas drehte und wand sich darin und wurde zu einem großen roten Auge, das ihn böse anfunkelte. Er wollte den Blick abwenden, doch die magische Anziehungskraft des Auges war stärker. Für Minuten versank die Welt um ihn; nur das Auge, das ihn lähmte, existierte.
Die Männer begannen zu tanzen. Verzückt sprangen sie um das Feuer herum.
Endlich konnte Dorian seinen Blick von dem Auge losreißen. Er fühlte sich wie gerädert und suchte nach Vali, konnte sie aber nirgends erblicken.
Die Farbigen sangen und klatschten sich auf die nackten Schenkel.
Sein Blick fiel auf Jorubinas Hütte. Ein hünenhafter Mann trat aus der Tür. Er trug einen roten Lendenschurz. In der rechten Hand hielt er einen abgeschlagenen Kopf. Er kam rasch näher.
Ihm folgte Vali, die einen roten Umhang trug. Ihre Füße waren nackt.
Der Hüne blieb einige Schritte vor Dorian stehen. Seine Haut war tiefschwarz, der Körper wohlproportioniert. Sein Haar war extrem kurz geschnitten und wirkte wie eine dunkle Kappe. Sein Gesicht war einnehmend.
Er hob den rechten Arm. Das weiße lange Haar der Hexe hatte er sich um das Handgelenk gewunden. Es war ein schauerlicher Anblick. Der abgeschlagene Kopf der Jorubina baumelte hin und her. Die Augen der Toten waren weit aufgerissen.
»Ich bin Loa Marassa«, sagte er und deutete eine spöttische Verbeugung an. Sein Englisch war akzentfrei. Er lächelte, schleuderte den Kopf in die Flammen, bückte sich dann und hob etwas Sand auf, den er zwischen den Händen zerrieb und zu Boden rieseln ließ. Langsam kam er einen Schritt näher und blieb breitbeinig stehen. »Du hast mich in verschiedenen Masken gesehen, Hunter, aber ich bin sicher, du weißt, wer vor dir steht.«
Hunter nickte und sagte: »Asmodi.«
»Erraten. Bis jetzt gelang es dir immer, mir zu entkommen, Hunter. Diesmal aber gibt es keine Rettung für dich. Du wirst sterben, und diesmal wirst du nicht wiedergeboren werden. Es war nicht leicht, herauszufinden, durch welchen Zauber mein Vorgänger dir die Unsterblichkeit verlieh, und wie ich sie dir wieder nehmen könnte, aber es ist mir gelungen. Du warst ein Narr, daß du es mit mir aufnehmen wolltest. Ich bot dir an, deinen sinnlosen Kampf aufzugeben, doch du wolltest nicht hören. Es bleibt dir nicht mehr viel Zeit, Hunter. Ich habe deinen Tod lange geplant. Niemand kann dir helfen. Ich werde dich nicht persönlich töten; das wird eines meiner Medien tun, ein Mann namens George Calbot. Er befindet sich in London in einem Spital. Und er ist eben dabei, die letzten Vorbereitungen
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