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0014 - Der Schreckenskult

0014 - Der Schreckenskult

Titel: 0014 - Der Schreckenskult Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Appel
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Zwischen den beiden Zypressen, an die Bill und Sandra gefesselt waren, direkt vor der drei Meter hohen Statue aus grünem Jadegestein, brannte ein kleines Feuer. Von Zeit zu Zeit warf der Medizinmann eine Handvoll Kräuter hinein, und regenbogenfarbiger Rauch stieg dann von dem Feuer auf.
    »Cochanoee!« schrie der Medizinmann. »Großer Dämon, komm zurück! Komm zu uns und hilf uns, den weißen Mann ins Meer zu werfen, damit deine roten Kinder wieder das Land ihr eigen nennen können, das ihren Vätern gehörte.«
    Bill und auch Sandra Turner sprachen leidlich das Idiom der Seminolen. Beide waren Orchideensammler. Auf der Suche nach einem besonders ausgefallenen Exemplar in den Sümpfen Floridas hatten zur Indianerreservation gehörende Seminolen sie gefangengenommen.
    »Cochanoee!« schrie der Medizinmann wieder.
    Rauch umspielte die Jadestatue. Sie war zu einem Viertel im weichen Morastboden versunken, Schlingpflanzen umwucherten sie, und sie lehnte an dem breit ausladenden untersten Ast einer mächtigen Zypresse. Die Statue mußte uralt sein. Sie stellte ein siebenarmiges Geschöpf mit einem Vogelkopf und riesengroßen Augen dar, die böse zu starren und alles zu sehen schienen, obwohl sie aus Mineralgestein gehauen waren.
    Die Füße der Dämonenstatue, die ein Federkleid oder einen Federpanzer trug, waren Klauen. Mit dem spitzen, gekrümmten Schnabel wirkte der Kopf unbeschreiblich boshaft und furchteinflößend.
    Irgendwo in der Ferne schrien ein paar Sumpfvögel. Das heisere Bellen eines Alligators erklang. Die Natur selbst war in Aufruhr.
    Sandra Turner fröstelte, obwohl es drückend schwül und feuchtheiß war.
    Der Medizinmann hatte sich vor der Statue auf den sumpfigen Boden geworfen, nicht darauf achtend, daß er halb in einem kleinen Tümpel lag. Wie ein Alligator sah er aus, der die dämonische Statue anbetete.
    »Ich – ich habe Angst, Bill«, flüsterte Sandra, als fürchte sie sich, laut zu sprechen. »Mir ist unheimlich. Was mögen die Seminolen mit uns vorhaben?«
    Ihre Augen waren weit aufgerissen, die geweiteten Pupillen wirkten wie dunkle Tümpel, in denen die Furcht und das Grauen irrlichterten.
    Bill Turner arbeitete angestrengt an seinen Fesseln. Schon hatte er sie etwas lockern können. Bill war ein Hüne von Mann, grauhaarig, mit markantem Gesicht und tiefgebräuntem Teint. Er war zwanzig Jahre älter als seine hübsche dunkelhaarige Frau. Ihre helle Bluse war zerrissen und gab halb die vollen Brüste frei.
    »Die Burschen sind verrückt«, sagte Bill grimmig. »Dieser Medizinmann Oscanora hat ihnen mit seinem Geister- und Dämonengerede den Kopf verdreht. Sie glauben tatsächlich, er könne den Dä- mon Cochanoee beschwören. Dessen Opfer sollen wir werden, nehme ich an.«
    »Bill…«
    »Still, Sandra, noch ist nicht aller Tage Abend. Gleich bin ich frei, dann fliehen wir quer durch den Sumpf und verständigen die Behörden. Diese Seminolen werden zu spüren bekommen, was es heißt, im Atomzeitalter eine Dämonen- und Geistertanzbewegung aufziehen zu wollen.«
    Bill verdoppelte seine Anstrengungen, sich zu befreien. Auch sein Blick wurde magisch von der Dämonenstatue mit den grotesken Flügelrudimenten auf dem Rücken angezogen. Im flackernden Licht des kleinen Feuers wirkte sie ungeheuer lebendig, als wolle sie gleich den großen Schnabel aufreißen und einen krächzenden Schrei ausstoßen.
    Der Singsang des Medizinmannes, der Beschwörungen und magische Formeln intonierte, zum Teil in der Sprache der Seminolen, zum Teil in einer uralten, seit Äonen vergessenen Sprache, wurde lauter. Der Trommelklang schwoll an, wurde zu dumpfem, rollendem Donner.
    »Komm, Cochanoee!« schrie der Medizinmann, auf dem Bauch liegend wie ein richtiger Alligator. »Komm zu deinen Kindern. Zwei Opfer der verhaßten Rasse warten auf dich.«
    »Er will die Dämonenstatue zum Leben erwecken«, schrie Sandra mit vor Angst schriller Stimme.
    »Unsinn«, entgegnete Bill.
    Ein letzter gewaltiger Ruck, er war frei. Bills Handgelenke waren blutig und wund gescheuert bis aufs rohe Fleisch, doch er achtete nicht darauf. Er wollte sich seiner Frau zuwenden, um sie gleichfalls zu befreien.
    Da bewegte sich die siebenarmige Statue. Bill stand wie erstarrt, vergaß alles andere um sich her vor Erstaunen und Entsetzen. Der gebogene Schnabel Cochanoees klaffte auf, und ein krächzender Schrei, dumpf hallend wie eine mächtige Glocke aus geborstenem Erz, kam aus der Kehle des Dämons.
    Die sieben Arme bewegten sich, die

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