016 - Das Dämonenauge
Männer waren von Haß und Wut verzerrt.
»Zieht euch zurück!« schrie der Dämonenkiller.
Sie zögerten.
»Ich zähle bis drei«, sagte Hunter grimmig. »Eins …«
In die Gruppe kam Bewegung. Langsam zogen sie sich zurück.
Hunter trat vor die Hütte. Vali und Jeff folgten ihm. Lautes Gebrüll war zu hören. Schwarze Gestalten, nur mit Lendentüchern bekleidet, kamen rasch näher. Ihre Gesichter und Körper waren mit grellen Farben beschmiert. In den Händen trugen sie Macheten oder Äxte.
Die Alte biß Hunter in die Hand, doch er lockerte seinen Griff nicht.
»Das sind Marassas Leute«, sagte Vali.
Ein unglaublich brutaler Kampf entwickelte sich zwischen den beiden Voodoogruppen.
»Das ist unsere Chance«, rief Hunter. »Sie sind so sehr miteinander beschäftigt, daß wir fliehen können.« Er nahm seine Hand vom Mund der Alten.
»Ich lasse dich frei, Jorubina«, sagte er. »Du bist uns auf der Flucht nur hinderlich.«
Er gab ihr einen Stoß, und sie taumelte auf die kämpfenden Gestalten zu und stieß einen schrillen Schrei aus. Dann feuerte sie ihre Leute an. Im Augenblick hatte sie Wichtigeres zu tun, als sich um Hunter zu kümmern.
»Los!« sagte der Dämonenkiller.
Sie wandten sich nach rechts und liefen an einer Hütte vorbei. Einmal blieb Hunter kurz stehen und sah zurück. Der Kampf ging weiter. Sie rannten, so rasch sie konnten. Ein schmaler Pfad schlängelte sich in die Tiefe. Nach einigen Minuten war nichts mehr vom Kampflärm zu hören.
»Ich kann nicht mehr«, keuchte Vali nach einer halben Stunde. Sie ließ sich einfach zu Boden fallen und blieb liegen.
»Wir sollten uns lieber ein Versteck suchen«, sagte Parker. »Wir wissen nicht, ob noch weitere Anhänger Marassas unterwegs sind, und wir haben keine Waffen. Wenn sie uns einholen, sind wir verloren.«
Hunter nickte nachdenklich. Jeffs Vorschlag schien ihm recht vernünftig zu sein.
»Vielleicht finden wir eine Höhle, in der wir uns verstecken können«, meinte Parker.
»Bleib du bei Vali, Jeff! Ich suche die Felswand ab.«
Er holte seine Taschenlampe hervor, die er kurz aufblitzen ließ, und kletterte die Wand hoch, fand aber kein geeignetes Versteck. Er probierte es an einer anderen Stelle und hatte mehr Glück. Drei Meter über dem Pfad entdeckte er einen schmalen Einschnitt in der Wand, der sich nach wenigen Metern verbreiterte. Es war zwar keine Höhle, aber als Versteck ausgezeichnet geeignet, da man das Loch vom Pfad aus nicht sehen konnte. Rasch kehrte er zu Vali und Jeff zurück. »Ich habe ein passendes Versteck gefunden. Kommt mit!«
Sie kletterten die Wand hoch und krochen in die Felsspalte.
»Versucht zu schlafen!« sagte Hunter. »Und kein Wort mehr! Man hört jedes Geräusch Hunderte von Metern weit.«
Parker und er lehnten sich mit den Rücken gegen die Wand, während sich Vali auf den Boden legte. Jeff schlief nach einigen Minuten ein. Vali änderte immer wieder ihre Stellung. Das Liegen auf dem harten Boden war alles andere als angenehm. Dorian ließ sie nicht aus den Augen. Er hatte einige Fragen an sie zu richten, konnte aber seine Neugier nicht befriedigen.
Eine halbe Stunde lang blieb alles ruhig. Dann waren Schritte und leise Stimmen zu hören. Vali setzte sich auf und blickte Dorian besorgt an. Die Schritte kamen näher. Es mußten mindestens ein halbes Dutzend Männer sein, die an ihrem Versteck vorbeigingen. Die Schritte entfernten sich jedoch wieder langsam.
Dorian dachte abermals an Olivaros Warnung, daß Asmodi über alle ihre Schritte unterrichtet war. Wenn das stimmte, dann bot das Versteck auch keinen Schutz.
George Calbot hatte einige Stunden lang tief und traumlos geschlafen. Die Ärzte waren fassungslos, denn sein neues Herz arbeitete nicht nur völlig normal, sondern darüber hinaus hatte sich die Operationswunde geschlossen, war völlig verheilt. Sie hatten alle Infusionsschläuche entfernt.
Dr. Harvey und eine Gruppe von Spezialisten hatten die Untersuchungsergebnisse studiert und standen vor einem Rätsel. Nach allen Erfahrungen, die man bisher mit Herztransplantationen gemacht hatte, waren die Ergebnisse unmöglich. Kein Mensch konnte sich innerhalb so kurzer Zeit von so einer schweren Operation erholen.
Calbot hatte Appetit. Er aß Huhn mit Reis und verlangte lautstark nach einem Glas Bier, was ihm aber nicht bewilligt wurde. An seine unheimlichen Träume dachte er nicht mehr. So wohl hatte er sich seit vielen Jahren nicht mehr gefühlt. Er hatte keine Schmerzen, und ein neues
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