016 - Das Dämonenauge
bis er das eben Erfahrene verarbeitet hatte.
Vali warf ihren Umhang ab. Sie war völlig nackt darunter und reihte sich in den Kreis der Tanzenden ein.
Asmodi klatschte in die Hände. Einige Sekunden später war ein Brausen zu hören. Aus dem Nichts materialisierte sich Olivaro. Sein Gesicht war schmal. Die dunkelbraunen Augen standen weit auseinander. Die Nase war klein und der Mund zu groß und voll für das schmale Gesicht. Sein Haar war kurz geschnitten, gewellt und dunkelbraun. Er trug einen weißen Leinenanzug.
»Es ist soweit«, sagte Asmodi. »In wenigen Augenblicken wird uns Hunter für immer verlassen.«
Olivaro nickte. Seine Augen bewegten sich nicht.
»Asmodi«, sagte Dorian laut, »wenn Vali stirbt, dann mußt auch du sterben?«
»Du sagst es«, bestätigte der Herr der Finsternis. »Wir sind untrennbar miteinander verbunden.«
»Ich ahne, wie ich sterben soll.«
»Das nützt dir nichts, Hunter. Auch wenn ich es wollte, könnte ich den Lauf der Dinge nicht mehr beeinflussen.«
»Vali hat versucht mich in Trance zu versetzen, und ich tat so, als ob ich hypnotisiert sei, aber ich war es nicht. Ich merkte alles. Ich weiß, daß sie mir einige Haare abgeschnitten hat, die sie zusammen mit einigen Fingernagelstücken in einen Lederbeutel tat, den sie in einer Felsritze versteckte.«
»Stimmt.« Asmodi grinste. »Diese Gegenstände befinden sich jetzt in London. Ein gewisser George Calbot hat dort eine Figur aus einem Stück Seife gebastelt und ihr die Haare und Fingernägel eingesetzt. Er wird die Figur mit der Faust zerschlagen, und in diesem Augenblick wird dein Körper vernichtet sein.«
Der Dämonenkiller fing haltlos zu lachen an.
»Bist du verrückt geworden, Hunter?« Vali verließ die Tanzenden und blieb neben Asmodi stehen.
»Und was geschieht, Asmodi, wenn ich meine Haare und Fingernägel gegen die von Vali ausgetauscht habe?« fragte Hunter lauernd.
»Das ist unmöglich!« sagte Vali. »Das hätte ich gemerkt.«
George Calbot starrte die Figur an. Gelegentlich wandte er den Blick ab. Coco und die Krankenschwester schliefen noch immer. Von den beiden drohte keine Gefahr. Dann hörte er Schritte und stand rasch auf. Die Tür wurde geöffnet, und Dr. Harvey trat ins Zimmer.
»Was ist denn hier los?« fragte der Arzt überrascht.
Calbot blickte ihn durchdringend an. Harvey verlor die Kontrolle über seinen Körper. Er taumelte ins Zimmer und fiel zu Boden.
In diesem Augenblick erwachte Coco aus ihrem totenähnlichen Schlaf. Mit einem Blick erkannte sie, was los war. Sie sah die aus Seife geformte Figur mit den Haaren und Fingernägeln.
Ich muß Calbot aufhalten, dachte sie. Er darf die Figur nicht vernichten.
Sie schloß die Augen, um so Calbots hypnotischem Blick zu entgehen. Blindlings ergriff sie einen Stuhl und warf ihn in Calbots Richtung. Der Stuhl traf. Calbot taumelte einige Schritte zurück und prallte gegen die Wand. Coco öffnete einen Augenblick die Augen und rannte auf das Fenster zu. Ihre rechte Hand griff nach der Statue.
Calbot richtete sich auf und packte Cocos rechtes Bein. Er riß sie zu Boden. Coco hatte die Seifenfigur umklammert. Sie atmete schwer und wälzte sich zur Seite. Dabei achtete sie darauf, daß sie die Figur nicht beschädigte. Calbot knurrte wütend. Er trat mit dem rechten Fuß nach ihr und traf sie in den Bauch. Coco krümmte sich vor Schmerzen.
Calbot war wie von Sinnen. Er kniete neben Coco nieder und wollte ihr die Statue entreißen, doch sie kämpfte wie eine Löwin.
Dr. Harvey stand schwankend auf.
»Helfen Sie mir!« brüllte Coco.
Der Arzt ging auf Calbot los, der ihm aber einen brutalen Schlag gegen den Kehlkopf versetzte. Harvey kämpfte gegen die drohende Ohnmacht an und fiel über das Bett.
Calbot packte Cocos rechtes Handgelenk und drehte es herum. Sie wich seinem Blick aus. Er setzte sich einfach auf sie, entriß ihr die Figur, sprang auf und stellte sie aufs Fensterbrett. Dann holte er mit der geballten Faust aus.
»Nicht!« brüllte Coco und packte Calbots Bein.
Doch sie kam zu spät. Die Faust zermalmte die Statue. Sie war flachgedrückt wie ein Pfannkuchen.
In diesem Augenblick stieß George Calbot einen schrillen Schrei aus. Eine unsichtbare Kraft zerschmetterte seinen Schädel und zerdrückte seinen Körper.
Das Trommeln war verstummt. Asmodi hob die Hände, und die Tänzer erstarrten mitten in der Bewegung.
»Es ist soweit!« zischte der Fürst der Finsternis.
Der Dämonenkiller schloß die Augen. In wenigen
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