0160 - Der Sammler
sich…
Sie schritt den Gang entlang, den auch der Sammler genommen hatte. Und sie ließ sich Zeit.
Aber man hörte ihre Stimme.
»Zwei neue Opfer«, sagte sie. »Ich freue mich schon darauf, wenn sie mich ansehen. O ja, mein Gesicht wird euch gefallen. Ganz sicher werdet ihr Spaß daran haben…«
Und dann war sie zu sehen.
»Schau nicht hin!« krächzte Paresi, der die Sage um diese Frau sehr gut kannte.
Aber Millori hörte nicht und es passierte nichts.
Medusa hatte ihren Kopf verhängt. Ein dunkles Tuch verbarg das Gesicht.
Unter dem Tuch bewegten sich die Schlangen. Sie ringelten auf und nieder, der Stoff geriet in wallende Bewegungen, und als nichts geschah, schaute auch Paresi auf.
War das Ganze nur Bluff?
Kein Gesicht, keine Schlangen…
Paresi wußte es nicht. Wenn er sich jedoch die zahlreichen versteinerten Köpfe anschaute, dann wollte er an einen Bluff nicht so recht glauben.
Nein, sie spielte nur mit ihnen.
»Wer war da ungläubig?« fragte die Frau.
»Beide«, erwiderte der Sammler.
»Dann werden wir sie mal vom Gegenteil überzeugen«, sagte die Medusa, hob ihren rechten Arm, und die fünf Finger krallten sich in das Tuch.
Mort Millori blieb stumm, aber Paresi reagierte. »Nein!« krächzte er, »bitte nicht…«
Die Medusa lachte nur. Dann riß sie mit einem Ruck das Tuch ab.
Blitzschnell senkte Paresi den Blick.
Er wollte nicht hinschauen, er wußte um den grausamen Fluch.
Aber Mort Millori starrte die Frau an. Noch nie hatte er etwas von der Sage gehört, das wurde ihm nun zum Verhängnis.
Der Mafioso blickte direkt in das Gesicht der unheimlichen Medusa.
Weit riß er den Mund auf. Er sah die kleinen, grünen Schlangen auf dem Kopf, die einen wilden Tanz aufführten, und er sah das glatte kalte Gesicht der Medusa.
Beides zusammen bewirkte den Schock.
»Mort!« keuchte Paresi. »Mort, was ist mit dir?«
Millori gab keine Antwort. Auch wenn er gewollt hätte, wäre es ihm nicht möglich gewesen. Sein Innerstes schien einzufrieren.
Sämtliche Gefühle erstarrten, und mit ihnen wurde auch die Haut zu Stein. Die Farbe änderte sich, das Helle verschwand und machte einem unansehnlichen Grau Platz.
Bewegen konnte sich Millori nicht mehr. Er war bereits zu einem Steinblock geworden und blieb in seiner knienden Haltung hocken. Mort Millori konnte sich nicht mehr rühren.
Aus vorbei…
Der Sammler nahm die Säge und schaltete sie ein.
Auch Paresi hörte das summende Geräusch. Obwohl er nichts gesehen hatte, wußte er genau, daß sein Kumpan dem grausamen Schicksal nicht entronnen war.
Vicente Paresi dachte in diesen Augenblicken seltsam klar. Und er tat das in seiner Situation einzig Richtige. Er warf sich herum, bedeckte mit der Hand seine Augen und kroch die Stufen der Treppe hoch. Alle Kräfte raffte er zusammen, er wollte aus diesem höllischen Keller entkommen und nicht ebenfalls zu Stein werden.
Da hörte er Medusas Stimme.
»Pack ihn, Sammler! Schaff ihn her!«
Vicente Paresi hatte nicht mehr die Kraft, sich auf die Beine zu stemmen und zu flüchten. Er kam noch eine Stufe hoch, als er die kalte Hand im Nacken spürte.
Dobbs war da!
***
Ich schlich die ersten Stufen hinab.
Selten in meinem Leben war ich so konzentriert gewesen. Ich wußte ungefähr, was mich in dem verdammten Keller da unten erwarten würde.
Medusa!
Und ich besaß keine Waffe, um sie entscheidend zu treffen. Wie sie auf das Kreuz reagieren würde, war mir unbekannt, vielleicht übernahm es die Funktion eines Spiegels.
Der Sage nach hatte ihr ja Perseus den Kopf abgeschlagen.
Wenn das stimmte, durfte sie eigentlich gar nicht existieren. Oder gab es mehrere Medusen?
Wer konnte das wissen?
Ich hielt mich dicht an der Wand. Die Treppe machte einen kleinen Bogen, ich hörte auch Stimmen zu mir hochschallen und identifizierte eine Frauenstimme.
Demnach war Medusa da!
Für mich eine schlimme Erkenntnis, allerdings auch nicht zu ändern. Ich mußte das Beste aus meiner Lage machen.
Die nächsten Stufen.
Grünes Licht Umgab mich. Magisches Licht.
Und dann sah ich den Mann aus dem Mercedes und hörte gleichzeitig die Stimme der Medusa.
»Pack ihn, Sammler und schaff ihn her!«
Hinter dem Kriechenden tauchte dieser Sammler auf. Er verwehrte mir den Blick auf die Medusa. Der Steinerne, der mich schon auf der Straße überfallen hatte, bückte sich und griff mit der freien Hand nach dem Mafioso.
In der anderen hielt er die eingeschaltete Säge.
Ich setzte alles auf eine Karte, sprang die
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