0160 - Der Spiegel des Grauens
Kaffee", sagte er über die Schulter.
Barbara sah ihm nach. Das verführerische Lächeln auf ihrem Gesicht gefror und wirkte wie eine Grimasse.
*
Nach dem Imbiß fühlte er sich kräftig genug, um den Leuten über sein Abenteuer mit dem Wurm zu berichten. Er achtete darauf, daß sein Bericht optimistisch ausklang. Er erklärte: „Von jetzt an kommt es nur noch darauf an, daß wir zusammenbleiben, die Ohren und Augen offenhalten und vor allen Dingen keine Extramätzchen mehr machen. Wir werden jeden Wurm rechtzeitig wahrnehmen, und wir haben genug Langzünderkapseln, um die ganze Ungeheuerbevölkerung von Zann-malon zu beschäftigen."
Er legte dann seine Pläne dar, die er für die nächste Zukunft hatte. Die Höhle mußte gefunden werden, in der die Leute der EXPLORER-3218 die seltsame Maschine entdeckt hatten, und Proben der Molkex-Masse mußten vom Boden gelöst, eingesammelt und in kleinen Fernlenkraketen zur CAROL D. hinauf geschossen werden. Joel zeigte sich äußerst zuversichtlich, daß im Verfolg dieser Arbeiten sozusagen automatisch auch ein paar andere Fragen auftauchen und gelöst werden würden.
Er ordnete sodann für das ganze Lager eine mehrstündige Ruhepause an und teilte einstündige Wachen ein. Er selbt übernahm die dritte. Er schlief zwei Stunden tief und fest, und als Nino Lamarre ihn weckte, sah er als erstes nach der grauen Säule von Qualm und Dampf, die seine Bombe weit hinten im Westen in die Höhe schleuderte. Sie stand immer noch unbeweglich unter dem blauen Himmel, und Joel hoffte inbrünstig, daß auch der Wurm noch dort sei.
Nino Lamarre ging nicht sofort zur Ruhe. Er schritt hinter Joel her, während der einen Rundgang um das Lager machte.
„Alles ruhig, Joel", sagte er beiläufig, nur um etwas zu sagen.
„Hört man gern", antwortete Carso und nickte befriedigt.
Er wußte, daß Nino etwas auf dem Herzen hatte. Aber er wollte, daß er es von allein und ohne Hilfestellung hervorbrachte. Er ging weiter. Nino immer hinter ihm her.
„Glauben Sie, es gibt viele von diesen Würmern hier in der Gegend?" Joel zögerte.
„Die Wissenschaft von den Hornschrecken und Schreckwürmern ist noch ziemlich jung, Doktor", antwortete er. „Sie fühlt sich noch nicht kompetent genug, um Prognosen zu stellen."
„Aha", machte Nino und schwieg wieder eine Weile.
Schließlich kam ihm sein Benehmen selbst wohl recht einfältig vor. Mit zwei raschen Schritten schloß er zu Joel auf und erklärte: „Wir haben uns gestern abend ziemlich stupide angestellt, Captain. Ich für meinen Teil habe das eingesehen und möchte Sie um Entschuldigung bitten."
Joel blieb stehen und sah ihn an.
„Wir sind alle erwachsene Leute und nicht gerade die Dümmsten, Nino", antwortete er ernst.
„Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung. Sie haben sich im Grunde genommen nichts zuschulden kommen lassen und brauchen sich auch nicht zu entschuldigen. Aber ich bin Ihnen dankbar dafür, daß Sie mir die Arbeit in Zukunft ein wenig leichter machen wollen."
Er reichte Nino die Hand, und Nino schlug ein. Er strahlte vor Freude, als hätte ihm jemand ein wertvolles Geschenk gemacht. Dann, ohne noch ein Wort zu sagen, wandte er sich ab und lief zu seinem Zelt. Joels Wache verlief ohne Zwischenfälle. Joel nahm sich Zeit, Leutnant Poppa auf der CAROL D. einen ausführlichen Bericht zu geben. Der Bericht wurde von dem Kodesender gerafft und in einem Impuls von wenig mehr als einer Millisekunde abgestrahlt. Das, hoffte Joel, war kurz genug, um andere Monster an der Ortung des Lagers zu hindern.
Es fiel ihm auf, daß Fran Jorgens, der die Wache nach ihm hatte, schon zwanzig Minuten vor der Zeit auf den Beinen war. Er hatte erwartet, daß jedermann fest schliefe. Aber im Grunde genommen war es ihm recht. Fran setzte sich zu ihm, und sie unterhielten sich eine Weile über die Schreckwürmer und ihre Unverletzbarkeit. Fran war immer noch so heiter wie früh am Morgen und machte den Eindruck, als hätte er nie einen Bruder gehabt, der in der vergangenen Nacht getötet worden war.
Joel harrte aus, bis seine Stunde abgelaufen war. Dann kroch er in sein Zelt, streckte sich lang aus und versuchte wieder einzuschlafen. Die zwei Stunden, die er zuvor geschlafen hatte, waren längst nicht genug gewesen, um die Spuren der nächtlichen Anstrengung zu löschen. Joel fühlte sich am ganzen Körper zerschlagen, und von Rechts wegen hätte er sofort Schlaf finden sollen.
Eine merkwürdige, nagende Unruhe hielt ihn jedoch wach.
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