0160 - Der Spiegel des Grauens
vergebens den Kopf zerbrochen hatte. Jorgens, der verrückte Fran Jorgens, der für den Tod seines Bruders nichts anderes übrig gehabt hatte als ein fröhliches Lächeln! Joel hatte sich täuschen lassen.
Fran war nicht fröhlich. Es hatte keinen Streit zwischen den beiden Brüdern gegeben. Und Erics Tod hatte Fran aus dem Gleichgewicht gebracht. Frans Lächeln war das Lächeln eines Geistesgestörten. Es gab keinen Zweifel über Frans Absicht.
Joel schoß hinter ihm her. Der Schreckwurm hatte sich zur Hälfte aus der Molkex-Masse befreit. Es sah so aus, als unterbräche er jetzt seine Bemühungen, weil er einen Gegner kommen sah. Fran Jorgens war fast bis auf den Boden hinuntergestoßen, hatte sich dann gefangen und glitt nun in rasender Fahrt auf die Senke zu.
„Halt, Fran!" schrie Joel aus voller Lunge.
Er wußte nicht, ob Fran ihn hören konnte. Er veränderte seine Flugrichtung, um den Wahnsinnigen kurz vor dem Rand der Senke abzufangen. Fran verlangsamte jedoch plötzlich seinen Flug und sah zu ihm auf. Joel beobachtete, wie er hastig in die Tasche griff und einen eiförmigen Gegenstand zum Vorschein brachte. Eine Langzünderbombe!
„Bleib, wo du bist!" schrie Fran. „Ich werde sie ihm mitten ins Maul legen, mal sehen, wieviel Feuer er dann noch spucken kann!" Er wartete Joels Reaktion nicht ab. Seine Tragschraube heulte auf, und er schoß noch schneller als zuvor auf den Kugelschädel des Schreckwurms zu.
Joel bremste seine Fahrt. Ein fürchterlicher Gedanke schoß ihm durch den Kopf. Fran konnte nicht wissen, wie er mit Langzünderbomben umzugehen hatte. Es gab eine Knopfstellung, in der der Langzünder unwirksam wurde und die gesamte Ladung momentan explodierte. Fran selbst war nicht mehr zu retten, gleichgültig, wie er den Knopf drückte. Aber die anderen würden sterben, wenn die Bombe voll explodierte.
Eine halbe Ewigkeit schien zu vergehen, bis die Tragschraube darauf reagierte, daß die Fahrt wieder aufwärts gehen sollte. Joel nahm seine Muskelkraft zu Hilfe, um den Flug zu steuern. In voller Fahrt schoß er mitten in die Gruppe der Wartenden hinein. Sie stoben auseinander, und er schrie ihnen zu: „Hinter mir her! Volle Geschwindigkeit!"
Er bremste ein wenig, um zu sehen, ob sie ihm folgten. Sie schienen die Gefahr begriffen zu haben, denn so schnell wie in diesem Augenblick waren sie noch nie einem Befehl nachgekommen. Joel wich zur Seite aus und ließ sie an sich vorbei. Er hatte ihnen die Richtung angegeben. Wenn sie sie beibehielten, hatten sie eine Möglichkeit, der Katastrophe zu entgehen.
Joel sah sich um. Fran Jorgens hatte den Schädel des Wurms erreicht. Ein paar Sekunden lang vergaß Joel die furchtbare Gefahr, in der er sich befand, und beobachtete fasziniert Frans Angriff.
Der Schreckwurm, eben erst zum Leben erwacht und von der Helligkeit benommen, besaß nicht annähernd die Geschicklichkeit seiner ausgewachsenen Artgenossen. Noch dazu war er zur Hälfte in der zähen Molkex-Masse gefangen. Er konnte Fran nur gefährlich werden, wenn er sich seines Thermostrahl-Organs besann und dem Angreifer eine gebündelte Salve vernichtender Energie entgenschleuderte.
Fran schien das zu wissen. Er bewegte sich so, daß er sich niemals direkt vor dem breiten Maul befand. Der Wurm bemühte sich, Fran mit den Augen zu verfolgen, aber stets war Fran schneller.
Er unternahm einen blitzartigen Vorstoß auf den Kugelschädel zu. Es sah so aus, als zuckte die Bestie erschreckt zurück. Während Fran sich schon wieder auf dem Rückzug befand, riß sie das Maul auf und versuchte, nach dem Gegner zu schnappen. Fran stieß ein zweites Mal vor.
Diesmal war der Wurm gewarnt. Das Maul klappte auf, so weit wie das Portal eines Bürogebäudes. Joel sah, wie Fran den linken Arm nach oben riß, um die flexible Schraubenachse nach vorne zu beugen. Sprungartig erhöhte sich sein Tempo. Mit der Wucht eines Geschosses flog er in die weite finstere Öffnung hinein.
Joel schrie auf. Der Wurm zuckte zurück. Das Maul schloß sich zuckend, aber von Fran war nichts mehr zu sehen. Ohne es zu wissen, setzte Joel sich wieder in Bewegung. Mit hoher Fahrt schoß er hinter den anderen her, die ihn schon mehr als hundert Meter hinter sich gelassen hatten. Abgerissene, panikartige Gedanken versuchten, ein Bild von der Lage zu malen, in der Fran sich jetzt befand. Das Maul des Schreckwurms mußte so groß sein wie ein Einfamilienhaus.
Fran würde darin herumwandern können, solange die Schreckstarre des Ungeheuers
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