0162 - Die Menschenfalle
drehte, irgendeinem Gegner mußte ich immer den Rücken zuwenden, und das behagte mir gar nicht.
Sie wollten alle meinen Tod, das sah ich in ihren gebrochenen Augen, in ihren entstellten Gesichtern, mit denen sie mich haßerfüllt angrinsten. Ich hatte es mit einer Übermacht zu tun, die besorgniserregend war.
Wie viele von ihnen würde ich erledigen können, ehe sie mich erledigten?
Ich war auf der Hut, so gut es ging.
Rasch nahm ich mein Kruzifix ab, das mir im Kampf gegen mein steinernes Ebenbild so gute Dienste geleistet hatte. Das Kruzifix war meine stärkste Waffe.
Aber sie wirkte nicht immer. Wenn ich mit Wesen aus anderen Mythologien zu tun hatte, versagte die Kraft des Kreuzes. Doch hier in London, im Kampf gegen den Hexer und seine Vasallen, kam seine Stärke voll zum Tragen.
Sobald es in meiner Hand blitzte, wichen zwei Skelette erschrocken zurück. Sie waren mir schon ziemlich nahe gewesen und hatten die Kraft des Lichts, die sich in dem Kreuz befand, deutlich gespürt.
Ich drehte mich, hielt dabei das Kruzifix hoch, daß alle meine Gegner es sehen konnten. Die lebenden Leichen stießen ein unwilliges Knurren aus und wichen gleichfalls zurück.
Der Kreis wurde wieder etwas größer.
Meine Gegner schienen nicht zu wissen, wie sie sich verhalten sollten. Sie zögerten. Noch erfolgte kein Angriff, aber lange würden sie damit bestimmt nicht mehr warten.
Sie waren in der Überzahl. Wenn sie es geschickt anstellten, mußten sie gegen mich gewinnen. Vermutlich war auch ihnen das klar.
Aber keiner von ihnen wollte den Anfang machen, denn den erwischte es mit Sicherheit.
Ich stand mit vibrierenden Nerven im Zentrum dieses Horrorkreises.
Bestimmt hätte manch einer für mein Leben keinen Penny mehr gegeben, doch ich war entschlossen, bis zum letzten Blutstropfen zu kämpfen. Leicht würde ich es diesen Höllengestalten bestimmt nicht machen, das konnte ich versprechen.
Ein Untoter wagte es endlich.
Damit nahm er mir die Spannung. Der Kampf ging los. Der lebende Leichnam stand halbschräg hinter mir. Er dachte wohl, ich würde ihn nicht sehen, und nahm seine Chance, die keine war, wahr.
Knirschend wuchtete er sich mir entgegen.
Ich sah ihn aus den Augenwinkeln kommen, schraubte mich herum und stieß ihm das Kruzifix mitten ins verzerrte Gesicht. Es zischte. Es roch nach verbranntem Fleisch. Der Zombie brüllte auf und torkelte zurück. Ein glutrotes Brandmal bedeckte seine Visage.
»Wer will der nächste sein?« rief ich.
Und da wagte es tatsächlich noch einer. Mit zwei großen Schritten stampfte er heran. Seine Hände wollten sich um meinen Hals legen.
Ich stieß sie zur Seite, wollte auch ihm das Kreuz ins Gesicht drücken, doch er nahm den Kopf blitzschnell zurück, und das geweihte Silber erreichte ihn nicht.
Plötzlich hatten alle den Mut, mich zu attackieren. Von allen Seiten fielen sie über mich her. Sie waren sich ihrer Stärke, die sich aus ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit rekrutierte, bewußt geworden.
Ich schlug mit dem Kreuz um mich.
Fäuste trafen meinen Rücken, sobald ich mich umdrehte. Vorne stieß ich Skelette und lebende Tote mit dem Kreuz nieder. Sie wälzten sich schreiend auf dem Boden. Diejenigen, die ich besonders gut getroffen hatte, wurden erlöst. Die schwarzmagische Verbindung zwischen ihnen und dem Hexer, die sie am Leben hielt, zerriß.
Ein Schlag streifte meinen Kopf.
Ich hatte das Gefühl, die Faust hatte mir das Ohr abgerissen. Wütend kreiselte ich herum. Es war Nick Nagalesco gewesen, der diesen Treffer gelandet hatte.
Er sah ungewöhnlich aus mit dem Steinkopf auf dem Halsstumpf aus Fleisch. Ich wollte ihm mein Kruzifix ins Steingesicht schlagen, doch zwei Hände packten meinen rechten Arm, und ich hatte nur die linke Faust zur Verfügung. Die setzte ich gegen Nagalesco ein.
Ich schlug sie ihm in die Magengrube, doch der Tote zeigte keine Wirkung.
Weitere Hände packten mich.
Mir perlte der Schweiß auf der Stirn. Sollten die Untoten es schaffen? Sollten sie mich in ihre Gewalt bringen? Trotz des Kreuzes, das ich im Augenblick nicht gegen sie einsetzen konnte?
Sie hielten mich fest. Ich stützte mich an ihnen ab, schwang beide Beine hoch und rammte sie Nagalesco gegen die Brust. Die Wucht des Treffers warf ihn zurück. Er prallte mit dem Rücken gegen einen Knochenmann, der ihn auffing und mir sofort wieder entgegenschleuderte.
Doch bevor mich Nagalesco erreichte, gelang es mir, meinen Arm – und somit auch das Kruzifix – zu drehen. Ich
Weitere Kostenlose Bücher