0163 - Das zweite Imperium
sie selbst, kletterte an einem Baumstamm herab. Wahrscheinlich war es in der Wipfelregion gewesen und hatte dort Blätter gefressen, die es hier unten nicht gab. Es erinnerte entfernt an eine riesig vergrößerte Kaulquappe, riesiger Kopf und langer Schwanz. Auf keinen Fall sah es sehr appetitlich aus. Gucky flüsterte: „Und wenn ich verhungere, davon esse ich nichts."
Nun war Gucky ohnehin Vegetarier und nur selten dazu bereit, ein Stück Fleisch zu verzehren. Tschubai flüsterte daher zurück: „Wie es aussieht ist egal. Wenn es nur Fleisch ist. Ich werde es abschießen, sobald es unten ist. Wenn du es nicht essen willst, dann klettere doch auf einen Baum und weide die Blätter ab."
Gucky gab keine Antwort. Er wußte selbst, daß die Blätter nicht genügten, seinen Hunger zu stillen. Er benötigte kraftspendende Nahrung, wenn er die weite Teleportation über Lichtjahre hinweg überstehen wollte. Ob er wollte oder nicht, er würde Fleisch essen müssen. Auch dann, wenn die Beute wie eine Kaulquappe aussah.
Er schloß die Augen, als Tschubai den Strahler zog und auf das Tier richtete, das eben den dunklen Waldboden erreichte.
„Nun fehlt uns nur ein Feuer", sagte der Afrikaner, als sie vor der erlegten Beute standen. „Aber hier ist alles feucht. Nichts wird brennen, selbst wenn es Holz gäbe. Nehmen wir den Strahler."
Das Fleisch war zäh, aber es schmeckte ausgezeichnet. Gucky würgte einen Bissen hinab, schüttelte sich, und nahm den nächsten. Genau wie Ras schob er die abgeschnittenen Stücke in die kleine Brustschleuse des Raumanzuges, aus der er sie bequem herausholen und in den Mund stecken konnte. Er spürte, wie seine Kräfte zurückkehrten. Tschubai verschlang riesige Portionen, bis er nicht mehr konnte. Er packte einen Vorrat des gebratenen Fleisches ein und deutete dann zur Sonne empor.
„Wir springen zur Nachtseite, damit wir die dreieckige Konstellation gleich von Anfang an anpeilen können. Bist du auch sicher, daß das unsere Richtung ist?"
„Ich habe mich davon überzeugt, bevor wir auf diesen Höllenplaneten kamen", versicherte der Mausbiber. Er rülpste ungeniert und verzog das Gesicht. „Noch nie in meinem ganzen Leben habe ich so etwas Widerliches gegessen."
„Es gibt Kräfte. Hast du vielleicht noch Hunger?"
Gucky schüttelte den Kopf. Er hatte noch nie so wenig Hunger gehabt wie in diesem Augenblick.
Sie teleportierten in östlicher Richtung, immer und immer wieder, bis die Sonne endlich nach Westen zu sinken begann. Ein Tag auf dieser Welt mußte Wochen dauern. Vielleicht Monate.
Als die Sonne unterging, wurde es schnell dunkel. Wolken gab es keine, und die Sterne leuchteten in kalter Pracht, die nur durch das Hin und Herflitzen der rätselhaften Flugperlen unterbrochen wurde.
Die Konzentration des Milchstraßenmittelpunktes stand dicht über dem nördlichen Horizont. Das Dreieck, ziemlich isoliert, war im Zenit. Seine Form war unverkennbar, und Gucky hatte keine Zweifel, daß es die Richtung anzeigte, aus der sie gekommen waren.
„Wie weit ist es weg?" Tschubai prägte sich die Konstellation genau ein, aber das war auch alles, was er jetzt tun konnte. „Wir können doch nicht einfach ins Ungewisse hineinspringen."
„Hast du eine bessere Lösung?"
Es war eine merkwürdige Situation. Da standen die beiden nun auf einer völlig fremden Welt, deren wirkliche Ausmaße sie nicht kannten. Ihnen fehlten alle Vergleichsmöglichkeiten, und weil sie fehlten, wußten sie nicht, was geschehen War. Immer noch beurteilten sie alles, was sie sahen und hörten, nach sich selbst.
Sie nahmen sich als Maßstab aller Dinge, und begingen damit den größten Fehler, den sie überhaupt begehen konnten. Sie hielten den Planeten für riesig groß, in Wirklichkeit war er nicht größer als der irdische Mond. Sie fürchteten sich vor Ungeheuern, die sie früher unbemerkt mit jedem Schluck Wasser in sich aufgenommen hatten. Sie hielten ihre Umwelt für außergewöhnlich und abseits aller Normalität, dabei waren sie es selbst, die nicht mehr in das gewohnte Bild der Schöpfung paßten.
„Nein, ich habe keine", sagte Tschubai. „Wäre allerdings einer der anderen Planeten bewohnt, fänden wir vielleicht Hilfe. Es ist doch nicht schwer, die anderen Planeten zu erreichen."
„Es ist schwer genug. Wir kennen sie nicht, und wir sehen sie nicht von hier aus. Erst vom Raum aus wären sie anzupeilen. Ich halte es für Zeitverschwendung. Unser Luftvorrat ist begrenzt, Ras, vergiß das nicht. Wenn
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