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0163 - Der Hexenhenker

0163 - Der Hexenhenker

Titel: 0163 - Der Hexenhenker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilfried Antonius Hary
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Wagen ist weg. Sofort müssen Sie die Polizei anrufen.«
    »Anrufen?« echote die Dicke verwirrt.
    »Ja, haben Sie denn kein Telefon?«
    »Niemand hat so etwas, denke ich. Kommen Sie, junge Lady, treten Sie wieder ein in die gute Stube. Das Ding wird sich schon finden. In Bloodstone ist noch nie etwas verlorengegangen. Vielleicht kümmert sich schon einer um die Pferde?«
    »Die Pferde?« Jetzt war die Reihe an Lydia, erstaunt zu sein.
    Die Dicke zwinkerte ihr zu. »Ist doch nicht auszuschließen, oder? Braucht Sie nur jemand gesehen zu haben, junge Lady. Bei dieser Schönheit gibt es bestimmt viele Verehrer, auch wenn Sie nach meinem Geschmack wirklich zu dünn sind. Sehen fast aus, als hätte man Sie ein Jahr in den Hungerturm gesteckt. Na, der heimliche Verehrer wird die Pferde mitsamt Wagen morgen früh wieder vor das Haus stellen — ganz umsonst. Sie werden sehen.«
    Lydia dachte: eine hochgradig Verrückte. Besser, wenn ich auf sie eingehe.
    Sie lächelte verkrampft. »Sie haben mich überzeugt, Frau Wirtin.«
    »Also keine Polizei?«
    »Keine. Wir warten ab bis morgen früh.«
    »Einverstanden. Und jetzt, junge Lady, gibt es etwas zu essen.«
    »Nein, danke, ich habe keinen Hunger!« beeilte sich Lydia zu versichern. Das fehlt gerade noch, dachte sie und betrachtete die fettigen Hände der korpulenten Wirtin. Die hat sich bestimmt schon eine Woche nicht die Hände gewaschen. Igitt! Hoffentlich ist das Zimmer sauber, und es gibt kein Ungeziefer.
    Auf einmal fühlte sich Lydia Manshold müde und abgespannt. Sie sehnte sich nach einem Bett und gähnte verhalten.
    »Tja, eigentlich möchte ich nur noch schlafen.«
    »Ich sehe es, mein Kind«, sagte die Wirtin mitleidvoll und watschelte zum Tresen. Dort nahm sie einen klobigen Schlüssel vom Brett. »Komm mit mir, ich werde dir das Zimmer zeigen.« Die Dicke schnappte sich eine brennende Kerze und ging voran.
    Die ist wirklich verrückt, dachte Lydia. Außerdem sollte sie sich endlich entscheiden, wie sie mich anreden will. Ich bin weder ihr Kind noch eine Lady. Aber soll man Verrückten nicht immer recht geben?
    Eine Kerze - auch gut. Habe mir gleich denken können, daß es in diesem Kaff kein elektrisches Licht gibt.
    Drei Treppen höher stoppte die Wirtin keuchend und schwitzend vor einer primitiv gezimmerten Tür. Sie schloß auf und machte eine einladende Geste. »Hereinspaziert, meine Liebe. Dies hier ist zwar kein Luxushotel, aber meine Gäste waren allemal zufrieden.«
    Die Dicke versprach wirklich nicht zuviel. Im flackernden Kerzenschein sah Lydia ein stabiles Bauembett, daneben einen massiven Kleiderschrank und eine Waschkommode mit Schüssel und Krug.
    »Fühlen Sie sich ganz wie zuhause.«
    Was Lydia mißfiel, war das Fehlen von elektrischem Licht. Sie verzog das Gesicht und steuerte auf den Nachttisch zu. Darauf stand ein abgebrannter Kerzenstummel.
    »Moment«, plauderte die Wirtin, »das werden wir bald haben. Ist gar keine Affäre.« Sie zog die Schublade des Nachttisches auf und zeigte den Inhalt: mindestens zwanzig Kerzen. Eine davon zündete die Dicke an und drückte sie auf den kleinen Stummel.
    »Zufrieden?« Nur die Dicke strahlte. Lydia gab sich Mühe zu einem Lächeln.
    »Ja, natürlich, Frau Wirtin.«
    »Soll ich dir Wäsche für die Nacht bringen, mein Kind? Ich tu es gem. Habe ’ne Menge Sachen, die mir früher einmal paßten, denn ich war einmal so strichdünn wie du. Ha, das glaubt man gar nicht, wenn man mich so ansieht, was?«
    »Nein, wirklich nicht, Frau Wirtin.« Lydia stellte sich neben das Bett. Die dicke Frau verstand. Sie wünschte eine gute Nacht und verließ mit ihrer bren--nenden Kerze das Zimmer.
    Lydia Manshold lauschte ihren schweren Schritten. Die Wirtin stieg die knarrende Treppe hinunter. Sonst drang kein Geräusch an Lydias Ohr.
    Resignierend zuckte Lydia die Achseln. Sie beugte sich etwas vor und schlug die dicke Federdecke zurück. Alles roch sauber. Sie konnte hier ohne Bedenken übernachten.
    Flüchtig dachte sie an ihr verschwundenes Auto. Irgendwie berührte sie das kaum. Als würde der Wagen zu einer anderen, ganz fernen Welt gehören, mit der sie überhaupt nichts zu tun hatte.
    Abermals zuckte sie die Achseln. »Was soll es?« murmelte sie. »Ich werde die Nacht gewiß gut schlafen.«
    Sie zog sich aus und legte die Kleider sorgfältig über einen Stuhl. Als sie nackt war, fror sie. Ganz so warm war es in dem Zimmer nicht. Es fehlte die gewohnte Zentralheizung, und der Kanonenofen in der Ecke war

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