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0163 - Der Hexenhenker

0163 - Der Hexenhenker

Titel: 0163 - Der Hexenhenker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilfried Antonius Hary
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Erdgeschoß. Sie wirkte total erschöpft. War es nur vom Treppensteigen oder hatten die Ereignisse auch ihren Beitrag dazu geleistet.
    »Beweis?« ächzte sie.
    »Ja, Lydias Wagen. Er steht genau neben dem Eingang. Sie muß erst gekommen sein.«
    »Unmöglich, ich wüßte davon.«
    James rannte wieder nach draußen und legte beide Hände mit den Handflächen auf die Motorhaube. Noch Restwärme!
    Er kehrte zurück. Die Wirtin stand hinter dem Tresen und stützte sich schwer auf. Ihr Blick war zu Boden gerichtet. Die Augen unnatürlich geweitet.
    James Withe näherte sich langsam. Was war mit der Frau? Versagte etwa ihr Herz?
    »Lydia muß vor einer halben Stunde gekommen sein«, sagte er tonlos.
    »Der Traum!« keuchte Mrs. Coldwater. »Der Traum vorhin. Ich war hier, am selben Platz, und las eine Zeitschrift. Da liegt sie noch. Die Tür ging auf und ein Mädchen kam herein. Alles wirkte verändert. Ich muß beim Lesen eingeschlafen sein und träumte nun. Die Schankstube war irgendwie verschwommen. Vielleicht kommt sie mir jetzt in der Erinnerung deshalb so verändert vor?«
    »Weiter!« drängte James Withe. »Wie sah das Mädchen aus?«
    In seinen Augen flackerte es. Ein Feuer entstand, wie von einem Teufel geschürt.
    »Sie hatte schwarze, lange Haare, wirkte wie ein Teenager und war auch so gekleidet. Ihr Lächeln war nicht nur freundlich. Es weckte Sympathien für dieses Mädchen, ob man wollte oder nicht. Es gewann einen mit einem einzigen Lächeln.«
    »Mensch, erzählen Sie endlich!« stieß er ungeduldig hervor.
    »Ja, doch, junger Mann.« Ihr Blick heftete sich auf ihn. »Es kann Lydia gewesen sein, deine Lydia. Ich sah sie zum ersten Mal und doch kam sie mir nicht fremd vor. Als wäre sie meine eigene Tochter, nach langen Jahren zurückgekehrt. Ein Zimmer wollte sie haben, ja, und dann war der Wagen verschwunden. Wahrscheinlich hatte jemand die Pferde…« Verwirrt schüttelte sie den Kopf. »So ein Unsinn aber auch. Ich habe Lydia nach oben geführt in den dritten Stock, in das Zimmer meiner Tochter, wohin sie auch gehörte. Früher hat sie schon dort gewohnt. Mein armes Kind. Deine Mutter hat so gewartet. Aber nun bist du zurückgekehrt…«
    Langsam kippte die dicke Frau nach hinten weg Sie konnte sich nicht mehr halten, stammelte unverständliches Zeug und rollte mit den Augen.
    James raste hinter den Tresen und versuchte die Frau aufzufangen. Er war zwar ein sportlicher junger Mann, doch seine Körperkräfte hatten ihre Grenzen. Die Hilfe gelang ihm nur unvollständig. Mrs. Coldwater hockte sich auf den Boden und brabbelte wie ein Kind.
    James wußte sich nur noch einen Rat: Er tauchte ein Glas in den Schwenkkübel und ließ es voll Wasser gluckern. Dann schüttete er den gesamten Inhalt Mrs. Coldwater ins Gesicht.
    »Sie werden es verstehen, wenn Sie wieder zu sich gekommen sind«, sagte er entschuldigend.
    Sie prustete und wedelte mit den Armen. Verzweifelt schnappte sie nach Luft. Als es ihr endlich gelang, wurde ihr Blick wieder klar.
    »Die Schwarze Magie«, murmelte sie rauh. »Jetzt beginnt sie, Bloodstone zu regieren. Die Stadt macht ihrem Namen alle Ehre.«
    Mühsam rappelte sie sich auf. Die Hilfe von James wehrte sie energisch ab.
    »Der Henker ist endgültig wach, und ich schlüpfte in die Rolle der damaligen Wirtin, um Lydia ins Verderben zu führen. Es war kein Traum, sondern grausame Wirklichkeit. Lydia war hier, ja, aber sie ist nun fort. Was Sie gehört haben, mein junger Freund, war ihr Abtransport.«
    »Aber wohin hat man sie gebracht? Warum haben Sie die Henkersknechte nicht gesehen? Außerdem gab es diesen Zugang zum Nachbarzimmer nicht mehr, als ich mein Zimmer verließ.«
    »Das ist klar, Mr. Withe, denn das Zimmer existierte nur für das Opfer. Es hat seine Schuldigkeit getan.«
    »Wo ist Lydia?« wiederholte er beharrlich und packte sie an den dicken Schultern. »Sagen Sie es mir doch.« Tränen kullerten über seine Wangert. »Bitte, Mrs. Coldwater, warum reden Sie nicht?«, »Weil ich es nicht weiß«, erklärte sie sanft. »Ich mache Ihnen bestimmt nichts vor. Im Laufe der Zeit hat sich die Geschichte verzerrt. Ich kann mich nicht mehr an Einzelheiten erinnern. Vielleicht auch, weil niemand mehr ernstlich mit einer Neuauflage des Bösen von Bloodstone gerechnet hat?«
    »Sie ist gewiß in einem Kerker oder so etwas.«
    »Das haben wir auch schon lange nicht mehr. Du kannst die ganze Stadt durchkämmen und wirst doch nichts finden. Hoffen wir, daß Lydia nicht die einzige

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